Page 1 1Nationaler PandemieplanStand: Mai 2007EinleitungDer nationale Pandemieplan besteht aus drei Teilen:Teil IÜberblick über die MaßnahmenTeil IIPhasenorientierte Aufgaben und HandlungsempfehlungenTeil IIIWissenschaftliche ZusammenhängeDer nationale Pandemieplan gibt einen Rahmen vor, der die Grundlage fürdie Pandemiepläne der Länder und die Ausführungspläne der Kommunenbildet. Er orientiert sich an den Phaseneinteilungen des Pandemieverlaufs,den die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschrieben hat (Aktualisierun-gen unterwww.who.int/csr/resources/publications/influenza/WHO_CDS_CSR_GIP_2005_5/en/index.html). Er gibt allgemeine und spezielle Empfehlungen, diedurch Teil III des Planes wissenschaftlich untermauert werden.Der nationale Pandemieplan wird gemeinsam und kontinuierlich von Bundund Ländern aktualisiert, regelmäßig von Experten überprüft und fortge-schrieben.Mit der Erarbeitung der Influenzapandemiepläne der Länder erfolgt eine Konkretisie-rung der im Nationalen Influenzapandemieplan vorgesehenen Maßnahmen für das Page 2 2jeweilige Land. Diese stellen die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes darund unterstützen die Planungen auf kommunaler Ebene. Darüber hinaus enthaltendie Landespandemiepläne Informationen, Hinweise und Empfehlungen für die ver-antwortlichen Einrichtungen und Ebenen. Damit wird auch das Anliegen der Gesund-heitsministerkonferenz (GMK) unterstützt, die in einem Beschluss vom Dezember2005 alle verantwortlichen Institutionen und Ebenen, insbesondere die Ärzteschaft,die Krankenhäuser, Rettungs- und Hilfsdienste aufgefordert hatte, Vorbereitungen inihrem Bereich zu treffen. Auch diese Pläne werden den Entwicklungen und Erkennt-nissen angepasst und entsprechend fortgeschrieben.Die Öffentlichkeit wird zeitnah über die Notwendigkeit von Vorsorgemaß-nahmen hinsichtlich einer Influenzapandemie und den Stand der Vorberei-tungen informiert.Nationaler Pandemieplan, Teil IStand:(Datum GMK-Beschluss)Überblick über die MaßnahmenI.Maßnahmen und ihre DurchführungI. 1Strukturen des Krisenmanagements bei einer InfluenzapandemieEine Influenzapandemie (Phase 6 nach Einteilung der WHO) ist unter dem Aspektdes allgemeinen Krisenmanagements eine langanhaltende, länderübergreifendeGroßschadenslage. Zuvorderst greifen die zum Infektionsschutz und zur Seuchen-bekämpfung vorgesehenen Mechanismen. Eine Influenzapandemie ist allerdings -wie andere Großschadenslagen auch - ein Schadensereignis, das einerseits durcheine Überforderung der initial zu seiner Bewältigung verfügbaren Infrastruktur ge- Page 3 3kennzeichnet ist, andererseits derart nachhaltige Schäden verursacht, dass die Le-bensgrundlage zahlreicher Menschen gefährdet oder zerstört wird. Daher werdenauch bei einer Pandemie die von Bund und Ländern errichteten Strukturen des Kri-sen- und Katastrophenmanagements für Großschadenslagen genutzt. Nachfolgendwerden die entsprechenden Strukturen im Lichte der Pandemieplanung dargestellt.I.1.1 Krisenmanagement des BMGWährend der Interpandemischen Periode (Phase 1 und 2; zu den Phasen vgl. WHO-Homepage, www.who.int) sowie der Pandemischen Warnperiode (Phase 3) arbeitenBund und Länder zur Vorbereitung auf eine mögliche Influenzapandemie in den be-stehenden (Arbeitsgemeinschaft der obersten Landesgesundheitsbehörden [AOLG]und Arbeitsgruppen, GMK) bzw. gesondert eingesetzten Gremien wie insbesondereder Bund-Länder-Abteilungsleiter-Arbeitsgemeinschaft (BL-AL-AG) zur Pandemie-planung zusammen.Mit der Pandemischen Warnperiode (Phase 4) wird im BMG der interne Krisenstabeinberufen. Dieser interne Krisenstab ist in nationale und internationale Struktureneingebunden und stellt damit die Bündelung der Informationen und die Entwicklungvon Strategien zur Bewältigung der gesundheitlichen Schadenslage sicher. Auf Bun-desebene bereitet der Krisenstab gesundheitsbezogene Lösungsstrategien vor undbringt diese in den Gemeinsamen Krisenstab des BMI und des BMG (siehe unterI.1.2) oder die Interministerielle Koordinierungsgruppe (siehe unter I.1.3) ein. Hierzuhält er Kontakt mit der Gesundheitsseite der Länder über die AOLG bzw. die BL-AL-AG. International ist der BMG-interne Krisenstab eingebunden in die entsprechendenGremien und Schnellwarnsysteme der EU. Über das Robert Koch-Institut (RKI) wirdKontakt zur WHO gehalten. Page 4 4Die fachliche Beratung des Krisenstabes wird durch die Behörden des Geschäftsbe-reichs (Robert Koch-Institut (RKI), Paul-Ehrlich-Institut (PEI) und Bundesinstitut fürArzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gewährleistet. Das RKI wird im Hinblickauf spezielle wissenschaftliche Expertise im Falle der Influenzapandemie durch dieInfluenza-Kommission für den Pandemiefall (s.u. I.1.3) beraten. Die Influenza-Kommission für den Pandemiefall beim RKI ist ein speziell für die Bewältigung derInfluenzapandemie eingerichtetes Expertengremium zur Beratung und Unterstützungdes RKI. Sie setzt sich aus Fachleuten verschiedener Disziplinen zusammen.I.1.2 Gemeinsamer Krisenstab des BMI und des BMGBei einer Influenzapandemie wird in Abhängigkeit von der Lageentwicklung ab derPandemischen Warnperiode (Phase 4) auch der Gemeinsame Krisenstab des BMIund des BMG einberufen. Dieser Krisenstab hält Kontakt zu den Krisenstäben deranderen Ressorts und der Länder und dient insbesondere der bereichsübergreifen-den Abstimmung zeitkritischer Entscheidungen und Maßnahmen sowie der Risiko-kommunikation.I.1.3 Interministerielle KoordinierungsgruppeZur Wahrnehmung des nach Art und Umfang erhöhten Koordinierungs- und Abstim-mungsbedarfes zwischen Ländern und Bundesressorts, der nicht im Rahmen desZusammenwirkens der Krisenstäbe bewältigt werden kann, wird ab der Pandemi-schen Warnperiode (Phase 4) die Interministerielle Koordinierungsgruppe desBundes und der Länder (IntMinKoGr) einberufen. Mitglieder der IntMinKoGr sindVertreterinnen und Vertreter der zuständigen Bundesressorts und der betroffenenLänder. Zusätzlich können Experten (z.B. RKI) hinzugezogen werden. Die IntMin- Page 5 5KoGr dient der Abstimmung zwischen Bund und Ländern, insbesondere durch ge-meinsame Lageeinschätzung, Risikobewertung und Prognose sowie die Erarbeitunggemeinsam getragener, situationsangepasster Handlungsempfehlungen.I.2Versorgung mit antiviralen Arzneimitteln und ImpfstoffenI.2.1 Antivirale ArzneimittelDie Gesundheitsressorts des Bundes und der Länder haben in einem einstimmigenBeschluss vom 23. Februar 2006 die Auffassung bekräftigt, dass die staatliche Be-vorratung antiviraler Arzneimittel zur Therapie des medizinischen Personals, Perso-nals zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie der er-krankten Personen mit erhöhtem Risiko für Komplikationen (Kinder, alte Menschen,chronisch Kranke) erfolgen soll. Hierzu haben die Länder unter Orientierung an derEmpfehlung des RKI antivirale Arzneimittel zu therapeutischen Zwecken bevorratet.Aufgrund der vorgesehenen Bevorratung durch die Länder, einer gesteigerten Pro-duktion antiviraler Arzneimittel durch die Hersteller, einer Eigenbevorratung von Insti-tutionen und der Ergebnisse mathematischer Modelle, die eine Reduzierung der Ü-bertragungsrate durch therapeutischen Einsatz von antiviralen Arzneimitteln nahele-gen, kann inzwischen davon ausgegangen werden, dass Erkrankte im Pandemiefalleine Therapie mit antiviralen Arzneimitteln erhalten können, wenn-sie möglichst innerhalb von 48 Stunden behandelt werden,-die Verordnung- und Verteilungs-Infrastruktur in der Pandemie gewährleistetbleibt,-die Neuraminidasehemmer (NAH) nicht fehleingesetzt werden,-alle erforderlichen weiteren Komponenten der Pandemieplanung umgesetztsind. Page 6 6Eine Notwendigkeit zur Priorisierung der Verteilung der Arzneimittel an bestimmtePersonen wird unter diesen Umständen nicht gesehen.Die antiviralen Arzneimittel werden im Pandemiefall von den Ländern aus den Lagernabgerufen. Mit Hilfe des pharmazeutischen Großhandels werden die Arzneimittel indie Vertriebswege eingespeist und (soweit notwendig) gebrauchsfertig gemacht. Dieantiviralen Arzneimittel werden an den üblichen Ausgabestellen wie Apotheken undKrankenhäusern auf ärztliche Verordnung erhältlich sein. Näheres regeln die Länderin eigener Zuständigkeit.I.2.2 Impfstoffversorgung und -verteilungDer Typ, Subtyp oder Stamm eines zukünftigen pandemischen Influenzavirus kannnicht vorhergesagt werden. Die Vorbereitungen von Bund und Ländern zielen daherdarauf ab, die Zeitspanne bis zur Verfügbarkeit wirksamer Impfstoffe soweit wie mög-lich zu verkürzen.Zur Herstellung eines pandemischen Impfstoffes wird mit zwei Impfstoffherstellernzusammengearbeitet, die im Pandemiefall die Produktion für die gesamte Bevölke-rung in Deutschland sicherstellen. Diese Produktion beginnt in Abhängigkeit von derjeweiligen Lage und der Verfügbarkeit eines geeigneten Saatvirus in Phase 5 oder 6(s. I.1.3) auf Beschluss der Länder in Abstimmung mit dem Bund.Die Impfstoffe werden aus einem zentralen Zwischenlager an die zuständigen Stellenin den Ländern verteilt. Die Impfungen regeln die Länder in eigener Zuständigkeit. Page 7 7Die Bevölkerung wird grundsätzlich nach Altersjahrgängen geimpft. Die Reihenfolgeder Jahrgänge wird so gewählt, dass eine möglichst geringe Krankheitslast undSterblichkeit zu erwarten ist. Sie ergibt sich aus dem aktuellen Stand der Wissen-schaft und der Auswertung aktueller epidemiologischer Daten der Pandemie.Zugleich wird berücksichtigt, dass der zur Aufrechterhaltung der medizinischen Ver-sorgung und der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderliche Personenkreisunverzichtbare Aufgaben in der Pandemieplanung erfüllt.In der interpandemischen Phase soll die saisonale Influenza- und die Pneumokok-ken-Durchimpfungsrate in der Bevölkerung und insbesondere bei medizinischemPersonal durch gezielte Kampagnen des Bundes erhöht werden. Diese Kampagnenwerden regelmäßig durch RKI und BZgA evaluiert.I. 3Überwachung (Surveillance) und MeldewesenI.3.1 Influenza-SurveillanceInfluenza-Fälle werden in Deutschland durch eine stichprobenartige Erhebung vonAtemwegserkrankrungen in Arztpraxen (Syndromische Surveillance, Sentinel derArbeitsgemeinschaft Influenza) und die Meldepflicht aller Influenzavirusnachweiseerfasst. Von den Sentinelärzten eingesendete Nasen- und Rachenabstriche sowieweitere Isolate werden im Nationalen Referenzzentrum (NRZ) am RKI analysiert (vi-rologische Surveillance).In Vorbereitung und bei Auftreten einer Influenza-Pandemie muss die Surveillanceunter Koordinierung des Bundes erweitert und komplettiert werden. Die Maßnahmenim Einzelnen: Page 8 8Überprüfung und Ausbau der Kapazitäten zur virologischen Surveillance: ImPandemiefall wird die Kapazität des NRZ durch entsprechende Laborkapazitäten aufLandesebene verstärkt.Netzwerk pathologischer Institute zur Frühwarnung: Durch bestimmte Markerdi-agnosen, wie z.B. Pneumonie bei Kindern oder jungen Erwachsenen, können Todes-fälle aufgrund einer Infektion mit einem neuen Virussubtyp eventuell besser und frü-her erkannt werden. Zunächst wird ein Pilotprojekt durchgeführt.Elektronische Patientendokumentation zur Erfassung ambulanter Behandlun-gen von akuten respiratorischen Erkrankungen (ARE): Die Nutzung elektroni-scher Patientendokumentationssysteme zur robusten und weniger fehleranfälligenErfassung ambulanter Arztkonsultationen aufgrund von ARE wurde im Rahmen einesPilotprojektes 2006 begonnen.Mortalitätssurveillance: Die Gesamtmortalitätssurveillance ermöglicht es, Verände-rungen der Sterberaten in den einzelnen Altersgruppen und Regionen zu erkennen.Es erfolgen Vorarbeiten innerhalb einer Machbarkeitstudie zur zeitnahen Erfassungder Gesamtsterbedaten, die bisher erst Monate nach dem Todeszeitpunkt zur Verfü-gung stehen.Krankenhaussurveillance: Die Erfahrungen anderer Länder haben gezeigt, dass esschwierig ist, eine flächendeckende, repräsentative, robuste und aussagekräftigeKrankenhaussurveillance zu etablieren. Daher soll zunächst eine Machbarkeitsstudiedurchgeführt werden.Surveillance in Kindergemeinschaftseinrichtungen: Da Kindertagesstätten (Ki-Tas) eine bedeutsame Rolle bei der Weiterverbreitung von Influenza spielen, wurdemit einer Surveillance in KiTas begonnen, die durch virologische Untersuchungenergänzt wird. Eine Standardisierung, Zusammenführung und Auswertung der Datenauf Bundesebene ist geplant. Page 9 9 Page 10 101.3.2 Anpassung der MeldepflichtenDie Meldepflichten werden situationsabhängig so ausgestaltet, dass die Meldungenin jeder WHO-Phase dem Informationsbedarf und den Kapazitäten des öffentlichenGesundheitsdienstes entsprechen.Auf der Grundlage der am 23. Mai 2005 revidierten Internationalen Gesundheitsvor-schriften (IGV) werden Fälle von humaner Influenza, verursacht durch einen neuenSubtyp des Virus, von den Vertragsstaaten an die Weltgesundheitsorganisation(WHO) gemeldet. Die Generaldirektorin/der Generaldirektor der WHO trifft daraufhinggf. eine Feststellung über das Vorliegen einer "gesundheitlichen Notlage von inter-nationaler Tragweite" und kann Empfehlungen geben, welche Gesundheits-maßnahmen ergriffen werden sollen, um die grenzüberschreitende Ausbreitung derKrankheit zu verhindern oder zu verringern. Über das bei der WHO zusammenge-führte weltweite Meldesystem werden auch Informationen über die epidemische Lageund getroffene Gegenmaßnahmen ausgetauscht.I.4Internationale Abstimmung über Maßnahmen zum Infektionsschutz imReiseverkehrInsbesondere im Hinblick auf die durch Reiseverkehr erhöhte Ausbreitungsdynamikeiner Influenza-Pandemie kommen in der Frühphase Maßnahmen in Bezug auf denReiseverkehr in Betracht, die in Übereinstimmung mit den bestehenden internationa-len Vereinbarungen (Internationale Gesundheitsvorschriften, Schengener Abkom-men) und nationalen Rechtsgrundlagen (Infektionsschutzrecht, Verkehrsrecht) zutreffen sind. Page 11 11Im internationalen Luftverkehr können lageabhängig u.a. folgende Maßnahmen derKrankheitsüberwachung und Prävention in Betracht kommen:" Verteilung von Informationsblättern" Selbstmeldung von Passagieren mit Influenza-ähnlicher Symptomatik" Räumliche Trennung solcher Passagiere von den restlichen Passagieren" Benachrichtigung der Behörden im angeflogenen Land über einen Verdachts-fall" Screening der Passagiere" Erfassung der Erreichbarkeitsdaten der Passagiere" internationale Kommunikation relevanter Informationen durch die nationalenBehörden.Die Wirksamkeit von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen ist umstritten, selbstwenn einschneidende Maßnahmen wie Grenzschließungen oder Flugverbote ergrif-fen würden. Umso mehr kommt einem international abgestimmten Vorgehen beiMaßnahmen in Bezug auf den Reiseverkehr wesentliche Bedeutung zu. Die notwen-digen Vorkehrungen werden im Zusammenwirken mit internationalen Organisationenwie WHO, Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) und Europäische Zivilluft-fahrt-Konferenz (ECAC) und Verbänden des Luftverkehrssektors getroffen.I.5Krisenkommunikation im PandemiefallDie Risiko- und Krisenkommunikation erfolgt durch die Pressestellen der zuständigenBehörden (BMG, RKI auf Bundesebene, Oberste und Obere Landesbehörden) aufder Grundlage der fachlichen Einschätzung der Gefahrenlage durch das RKI in Ab-stimmung mit dem European Center for Disease Control and Prevention (ECDC).Hierzu wird ein Netzwerk der zuständigen Presseabteilungen etabliert. Situationsan- Page 12 12gepasst wird sichergestellt, dass Fach- und Laienöffentlichkeit mit zielgruppenspezi-fischen Informationen versorgt werden (Internet, Hotlines; E-Mail-Verteiler).Die bürgernahe Information der Bevölkerung erfolgt zudem dezentral durch die loka-len Behörden sowie die Pressestellen. Zur Gewährleistung einer einheitlichen flä-chendeckenden Information bietet das RKI entsprechende Informationsmaterialien inleicht verständlicher Sprache an. Diese enthalten Verhaltensmaßnahmen für dieBürger und weisen auf Folgeinformationen hin. Die zeitnahe Verfügbarkeit der Infor-mationen über die verschiedenen bekannten Kommunikationswege wird sicherge-stellt. Die Informationsmaterialien werden auf deutsch und in verschiedenen anderenSprachen vorliegen. Die Informationen werden kontinuierlich an die jeweilige Situati-on angepasst und unter allen beteiligten Institutionen abgestimmt.Die interinstitutionelle Krisenkommunikation erfolgt sowohl auf europäischer alsauch auf nationaler Ebene anhand bestehender Pläne und Informationswege undunter Einbeziehung der unter I.1.1 vorgestellten Institutionen.I.6Forschung und ForschungskoordinierungUm die wissenschaftlichen Grundlagen der Pandemieplanung und der zu ergreifen-den Maßnahmen weiter zu verbessern, werden durch die forschungsfördernden Insti-tutionen und den Bund gezielt Projekte, z. B. Beispiel im Rahmen des Forschungs-Sofortprogramms Influenza (Gesamtvolumen: 60 Millionen €), gefördert. Dieses um-fasst neben wissenschaftlichen Untersuchungen zu humanmedizinischen Aspektenauch Forschungsprojekte zur aviären Influenza und zur Impfstoffentwicklung. Page 1 1Nationaler Pandemieplan, Teil IIStand: Mai 2007Phasenorientierte Aufgaben und HandlungsempfehlungenII.1 Zusammenwirken von Bund und Ländern im PandemiefallEine Influenza-Pandemie stellt sowohl hinsichtlich ihrer Ausbreitungsdynamik alsauch der zu erwartenden Erkrankungs- und Todesfälle wahrscheinlich das Ereignismit dem höchsten akuten Gefahren-, Risiko- und Vulnerabilitäts-Potential unter denBedrohungen durch natürliche Infektionserreger dar. Unter dem Gesichtpunkt desKrisenmanagements ist von einer gesundheitlichen Großschadenslage auszugehen.Sie wird sehr hohe Anforderungen an die Verantwortungsträger in Bund, Ländern,Kreisen und Kommunen sowie insbesondere an die Einrichtungen des Gesundheits-wesens und die Infrastruktur stellen.Zur Bewältigung der Herausforderungen im Pandemiefall ist ein weitgehendbundesweit abgestimmtes Vorgehen erforderlich, das flexibel auf die nichtvorhersagbaren aktuellen Entwicklungen im Verlauf der Pandemie-Phasen(Morbidität, Mortalität, Auslastung der Ressourcen, virologische Surveillanceetc.) reagieren kann.Die vorhandenen Strukturen des Krisenmanagements bei einer Influenza-Pandemie sind in Teil I dargestellt. Sie bilden die Voraussetzung dafür, aufaktuelle Entwicklungen adäquat zu reagieren und die erforderlichen Empfeh-lungen ohne Zeitverzug an die jeweilige Entscheidungsebene weiterzugeben. Page 2 2II.2Phasenspezifisches VorgehenII.2.1 Interpandemische Periode: Phasen 1 und 2Kein Fall von neuem Influenzasubtyp beim Menschen_____________________________________________________________Phase 1 und 2: Handlungsempfehlungen für den Bund (s. Teil I)" Berufung einer Influenzakommission für den Pandemiefall(IKP) beim Robert Koch-Institut als "Nationale Pandemie-kommission" in Abstimmung mit den Ländern ( vgl. I.1.1)" Fortsetzung der Arbeit der Expertengruppe 'Influenza-Pandemieplanung' beim RKI (vgl. Einleitung des Teils I)." Konzeptentwicklung für den Einsatz antiviraler Arzneimit-tel zur" Erhebung der klinischen Wirksamkeit," der Resistenzentwicklung und der" Überwachung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen(vgl. I.2.1)" Unterstützung und Förderung klinischer Studien zu und Ent-wicklung von Pandemie-Impfstoffen ( vgl. I.6)" Sicherung ausreichender Impfstoff-Produktionskapazitäten(vgl. I.2.2)" Prüfung der Verfahren zur Feststellung der Effektivität undSicherheit neu zugelassener Pandemie-Impfstoffe (vgl. I.2.2) Page 3 3" Präventionsstrategien zur Erhöhung der Influenza- undPneumokokken-Durchimpfungsraten überarbeiten, verbes-sern und umsetzen (vgl. I.2.2)" Internationale, insbesondere europäische Abstimmung überein einheitliches Vorgehen in Bezug auf den Reiseverkehr inder Frühphase der Pandemie auf der Grundlage bestehen-der Regelungen (vgl. I.4)" Initiative auf europäischer Ebene zur Verbesserung des In-fektionsschutzes im Luftverkehr in Zusammenarbeit mit allenrelevanten Akteuren (BMG, BMVBS, BMI, Länder, Flughä-fen, Fluggesellschaften u.a.; vgl. I.4)" Schaffung der rechtlichen Grundlage für die Arztmeldepflicht(§ 6 IfSG) bei aviärer und pandemischer Influenza in den un-terschiedlichen Phasen (vgl. I.3.2)" Ausbau einer Surveillance unter Federführung des RKI mitfolgenden Eckpunkten (vgl. I.3):" Langfristige Sicherung und Stärkung der Routinesurveillance un-ter Nutzung von Laborressourcen der Länder" Aufbau eines EDV-gestützten Sentinels niedergelasse-ner Ärzte" Etablierung einer zeitnahen Mortalitätssurveillance" Planung und Vorbereitung von Telefon- und Serosurveys" Aufbau eines Systems zur Überwachung der Zirkulationvon Influenzaviren bei Tieren Page 4 4" Ausbau virologischer Surveillancemechanismen" Prüfung bestehender Konzepte zum Monitoring der Belas-tung des Gesundheitswesens auf die Pandemietauglichkeit(vgl. I.3)" Erarbeitung von Empfehlungen für eine nationale Medien-und Informationsstrategie auf der Grundlage bewährterKommunikationswege (vgl. I.5)" Entwicklung von Grundprinzipien der interinstitutionellenKommunikation auf nationaler und internationaler Ebene(vgl. I.5)" Zentrale Erarbeitung von Materialien, Textbausteinen und fremd-sprachigen Informationen insbesondere für Merkblätter zu allgemei-nen Verhaltens- und Hygienemaßnahmen für verschiedene Ziel-gruppen (vgl. I.5)Phase 1 und 2: Gemeinsame Handlungsempfehlungen für Bund und Länder(s. Teil I)" Aktualisierung, Weiterentwicklung, Überprüfung der Um-setzbarkeit des nationalen Pandemieplans (vgl. Einleitungdes Teils I)" Vorlage des fortzuschreibenden nationalen Pandemieplansgrundsätzlich einmal jährlich an Bund-Länder-Arbeitsgruppe(vgl. Einleitung des Teils I) Page 5 5" Sensibilisierung der politischen Entscheidungsträger und derÖffentlichkeit für die Notwendigkeit von Vorsorgemaßnah-men (vgl. Einleitung des Teils I)." Gespräche mit den Herstellern von Neuraminidasehem-mern und Amantadinpräparaten zur Klärung offener recht-licher, finanzieller, logistischer und pharmakologischer Fra-gen zur Vorbereitung einer Entscheidung über eine Bevorra-tung ( vgl. I.2.1)" Konzeptentwicklung zur Lagerung, Abgabe und Verteilungantiviraler Medikamente ( vgl. I.2.1)." Konzeptentwicklung für die Beschaffung und Finanzierungvon Impfstoffen (vgl. I.2.2)" Verhandlungen mit den Herstellern von Influenza-Impfstoffen zur schnellen und möglichst umfangreichenImpfstoffversorgung (inkl. Applikationsbesteck) für denPandemiefall (vgl. I.2.2)." Erarbeitung von Kriterien für eine Impfpriorisierung bei Impf-stoffknappheit ( vgl. I.2.2)." Aktionen zur Erhöhung der interpandemischen Influenza-Durchimpfungsraten bei medizinischem Personal (vgl. I.2.2)" Durchführung regelmäßiger Untersuchungen zum aktuel-len Impfstatus, zur Impfakzeptanz und Ermittlung möglicherGründe für die Ablehnung der saisonalen Influenza-Impfung Page 6 6als Grundlage der Weiterentwicklung von Präventionsstrate-gien (vgl. I.2.2)Phase 1 und 2: Handlungsempfehlungen für die Länder" Erweiterung der öffentlichen Impfempfehlung nach § 20Abs. 3 IfSG für die Schutzimpfung gegen Influenza über dieSTIKO- Empfehlung hinaus auf alle AltersgruppenPhase 1 und 2: Gemeinsame Handlungsempfehlungen für Länder undGemeinden" Erstellung der (örtlichen) Pandemiepläne in den Ländern,Stadt- und Landkreisen" Überprüfung und Anpassung der bestehenden Katastro-phenpläne" Information und Einweisung der Krisen- und Katastro-phen-Reaktionsstrukturen der Städte und Gemeindendurch die örtlichen Gesundheitsämter" Sicherung des infektiologischen und infektionsepidemiologi-schen Fachwissens in den Krisenstäben." Planung der Logistik und Organisation der Verteilung derImpfstoffe Page 7 7" Prüfung der vorhandenen Notfallpläne zur Mobilisierung al-ler personellen und materiellen Reserven im Katastrophen-fall auf Pandemietauglichkeit" Festlegung von Anpassungs- und Erweiterungsmechanis-men für die regionalen Pandemiepläne z.B. durch Übungen" Definition geeigneter Krankenhäuser zur Behandlung derInfluenza-Erkrankten." Ausstattung der Schlüsselstellen im ÖGD mit Kommunikati-onsmitteln, die kompatibel mit denen der örtlichen Krisen-stäbe sind" Identifikation von Ansprechpartnern für Medien in Gesund-heitsbehörden auf Landes- oder kommunaler EbenePhase 1 und 2: Handlungsempfehlungen für Dritte" Überprüfung der klinischen Leitlinien auf Pandemietauglich-keit durch die Fachgesellschaften." Prüfung der Neubewertung des beruflichen Risikos einer In-fluenzaerkrankung durch den Ausschuss für BiologischeArbeitsstoffe (ABAS)" Planung der ambulanten Versorgung" Entwicklung von Ablaufplänen für die ambulante Versor-gung" Anpassung der Krankenhausalarmplanungen an den Pan-demiefall in Absprache mit den örtlichen Behörden Page 8 8" Soweit bisher nicht erfolgt: Entwicklung von Notfallkonzep-ten für Krankenhäuser und Betriebe zum Managementder Pandemiesituation unter Einbeziehung von Aspektendes" Handlungsablaufs (z. B. Triage)," der Ausstattung und Bevorratung (z. B. Beatmungsgerä-te, Antibiotika)," der Sicherung stationärer Versorgungskapazitäten" des Personalmanagements," von Schulung und Training" Vorbereitung ambulanter medizinischer Versorgungseinrich-tungen sowie von Alten- und Pflegeheimen" Vorbereitende Studien zur wissenschaftlichen Untermaue-rung späterer, vor allem seuchenhygienischer Maßnahmen(vgl. I.6)" Studien zur Neubewertung des Infektionsrisikos von Perso-nal in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen (vgl.I.6)" Entwicklung einer Medien- und Informationsstrategie (vgl.I.5)" Vorbereitung von Merkblättern zu allgemeinen Verhaltens-und Hygienemaßnahmen (vgl. I.5) Page 9 9II.2.2 Pandemische Warnperiode Phase 3 bis 4Isolierung eines neuen Influenzasubtyps bei einemMenschen (3)Stark lokalisierte Infektionen bei wenigen Menschen (4)_____________________________________________________________Phase 3 und 4: Handlungsempfehlungen für den Bund (s. Teil I)" Kontinuierliche, der Situation angepasste Information derLänder (vgl. I.5)" Festlegung und regelmäßige Abstimmungen von Sprachre-gelungen auf der Ebene der Bundesbehörden unter Einbe-ziehung der Länder (vgl. I.5)" Überprüfung der Kapazitäten zur virologischen Surveillance(vgl. I.3.1)" Vorbereitung von Presseerklärungen, Hintergrundinformati-onen für Presse, Ärzteschaft und Bevölkerung (vgl. I.5)" Einberufung der Krisenstäbe beim Bund (BMG, BMI) abPhase 4 (vgl. I.1.1 und I.1.2)" Einberufung der interministeriellen Koordinierungsgruppe abPhase 4 (vgl. I.1.3)" Zusammentreten der IKP ab Phase 4 (vgl. I.1.1) Page 10 10Phase 3 und 4Handlungsempfehlungen für die Länder" Information relevanter Institutionen Page 11 11II.2.3Pandemische Warnperiode Phase 5Lokalisierte Mensch-zu-Mensch-Übertragung_____________________________________________________________Phase 5: Handlungsempfehlungen für den Bund" Anpassung bzw. Übernahme der WHO-Falldefinition Pan-demie" ggf. Aktivierung und Intensivierung der virologischen Routi-nesurveillance" Gezielte Analyse der Daten aus der Mortalitätssurveillance,der Krankenhaus-surveillance und des EDV-gestützten Sen-tinels niedergelassener Ärzte sowie der Surveillance von beiTieren vorkommenden Influenzaviren" Abschätzung der aktuellen Produktionskapazitäten (antivira-le Arzneimittel, Impfstoffe, Antibiotika, medizinische Hilfsmit-tel)Phase 5Gemeinsame Handlungsempfehlungen für Bund und Län-der" Prüfung und ggf. Anpassung der Präventionsstrategie an dieaktuelle Situation" Aktivierung des virologischen Surveillancesystems" Festlegung der Medien- und Informationsstrategie Page 12 12" Bereitstellung von Informationsmaterialien für verschiedeneZielgruppen der Fach- und Laienöffentlichkeit inkl. einer Hot-linePhase 5: Gemeinsame Handlungsempfehlungen für Bund, Länder undGemeinden" Unterrichtung der Krisen- und Pandemiestäbe bei Bund,Ländern und Gemeinden" Ggf. Aktivierung der Kontrolle des Reiseverkehrs Page 13 13II.2.4Pandemie Phase 6: Zunehmende und fortdauernde Über-tragung in der AllgemeinbevölkerungA: Land noch nicht betroffen_____________________________________________________________Phase 6 A Handlungsempfehlungen für den Bund" Aktualisierung der Empfehlungen für Expositionsschutz-maßnahmen durch RKI (zusammen mit IKP)" Überwachung der Sicherheit und Effektivität des eingesetz-ten pandemischen Impfstoffs (vgl. I.2.2)Phase 6 A Gemeinsame Handlungsempfehlungen für Bund und Län-der" Fortführung der aktivierten Surveillanceinstrumente" Abstimmung und Vorbereitung der Maßnahmen nach IfSGje nach epidemiologischer Lage" Anpassung der Impfstrategie" Kontinuierliche Information der Öffentlich-keit/FachöffentlichkeitPhase 6 A: Handlungsempfehlungen für die Länder" Vorbereitung der dezentralen Abgabe von verfügbaren anti-viralen Arzneimitteln Page 14 14Phase 6 A: Handlungsempfehlungen für Bund, Länder und Dritte" Sicherstellung notwendiger Ressourcen für die Pandemie" Vorbereitung der Rekrutierung zusätzlichen medizinischenPersonals für die ambulante Krankenversorgung" Beginn der Impfstoffproduktion, Verteilung und Zuteilungvon Impfstoffen, Durchführung von Schutzimpfungen Page 15 15II.2.5Pandemie Phase 6:Zunehmende und fortdauernde Übertragung in der Allgemein-bevölkerungB: Land betroffen oder enge Handels/Reisebeziehungen mit ei-nem betroffenen Land_____________________________________________________________Phase 6 B: Handlungsempfehlungen Bund" Aktualisierung der Empfehlungen für Expositionsschutz-maßnahmen durch RKI (zusammen mit IKP)" Überwachung von Effektivität und Sicherheit der eingesetz-ten antiviralen Medikamente und der pandemischen Vakzine(vgl. I.2)Phase 6 B: Handlungsempfehlungen Länder" Ordnungsrechtliche Maßnahmen zur Aufrechterhaltung deröffentlichen Sicherheit und Ordnung" Vorbereitung der dezentralen Abgabe von verfügbaren anti-viralen ArzneimittelnPhase 6 B: Gemeinsame Handlungsempfehlungen für Bund und Länder" Bundesweit koordinierte Umsetzung der Pandemiepläne,ggf. modifiziert durch Erkenntnisse über den neuen Subtypund die Verfügbarkeit von Impfstoffen und antiviralen Arz-neimitteln Page 16 16" Fortführung der aktivierten Routinesurveillance und Monito-ring der Belastung des Gesundheitssystems und Durchfüh-rung von TelefonsurveysPhase 6 B Handlungsempfehlungen für Bund, Länder und Dritte" Sicherstellung notwendiger Ressourcen für die Pandemie" Beginn der Impfstoffproduktion, Verteilung und Zuteilungvon Impfstoffen, Durchführung von Schutzimpfungen; sofernnicht schon in Phase 6A begonnen" Rekrutierung zusätzlichen Personals" Kontinuierliche Information der Öffentlich-keit/Fachöffentlichkeit Page 17 17II.2.6Ende der ersten Pandemiewellerückläufige Influenzaaktivität im Land (C)_____________________________________________________________Phase 6 C Handlungsempfehlungen für den Bund, Länder und Dritte" Kontinuierliche Information der Öffentlich-keit/Fachöffentlichkeit" Analyse der Pandemie und Interventionen" Evaluation der Planungen" Erstellen eines Berichts über die Pandemie in der Bundes-republik Deutschland mit Empfehlungen" Auswertung der SerosurveillancePhase 6 CHandlungsempfehlungen für Dritte" Fortführung der Impfstoffproduktion" Impfung bisher ungeimpfter und nicht erkrankter PersonenII.2.7Zweite Pandemiewelle_____________________________________________________________Maßnahmen siehe ´Land betroffen oder enge Handels/Reisebeziehungen miteinem betroffenen Land` (vgl. Pandemiephase 6 B) Page 18 18II.2.8Postpandemische Periode(entspricht der interpandemischen Periode)_____________________________________________________________Gemeinsame Handlungsempfehlungen für Bund und Län-der" Analyse der Pandemie" Überarbeitung des Pandemieplans Page 1 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007Nationaler PandemieplanTeil IIIWissenschaftliche Zusammenhängeder Pandemieplanung inDeutschlandEin Bericht der Expertengruppe'Influenza-Pandemieplanung'am Robert Koch-Institut Page 2 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007Berlin, 2. aktualisierte Fassung, März 2007 Page 3 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007DanksagungDie Erstellung des Pandemieplans wäre ohne die intensive Zusammenarbeit mit zahlreichen Experten nichtmöglich gewesen. Das RKI dankt deshalb allen Personen, die in der einen oder anderen Form zurErarbeitung und Aktualisierung des deutschen Pandemieplans beigetragen haben.ImpressumHerausgeber: Robert Koch-InstitutPublikationszeitpunkt: März 2007Redaktionsteam:Udo Buchholz, Silke Buda, Walter Haas, G‚rard Krause, Sabine Reiter,Irina ZuschneidWeitere Informationen:Robert Koch-InstitutPostfach 65 02 61D-13302 BerlinTelefon 030 - 18754-0Fax: 030 - 18754-2328Ansprechpartner für Rückfragen: PD Dr. Walter Haas Page 4 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 20071InhaltsverzeichnisEinleitung71.1 Entstehung des deutschen Pandemieplans81.2 Ziele des Pandemieplans91.3 Adressaten des Pandemieplans101.4 Struktur des Pandemieplans101.5 Entwicklung der deutschen Pandemieplanung seit 2005111.6 Literatur122Epidemiologie der interpandemischen und pandemischen Influenza132.1 Aufbau der Influenzaviren und Nomenklatur132.2 Antigendrift und –shift132.3 Saisonale Influenza152.3.1 Klinik152.3.2 Epidemiologie der saisonalen Influenza152.4 Aviäre Influenza162.4.1 Aviäre Influenza bei Vögeln und Geflügel162.4.2 Aviäre Influenza des Menschen172.5 Pandemische Influenza182.5.1 Influenzapandemien im 20. Jahrhundert182.5.2 Klinik und Epidemiologie der pandemischen Influenza192.6 MathematischeModellrechnungenzurAuswirkungeinerInfluenzapandemie in Deutschland202.7 Erkenntnisse aus Modellrechnungen242.8 Epidemiologisch wichtige Parameter, die zu Beginn einer Pandemieerhoben werden müssen272.9 Literatur303Phaseneinteilung der WHO334Rechtliche Grundlagen355Surveillance395.1 Status405.1.1 Aktuell bestehende bundesweite Surveillancesysteme405.2 Konzepte455.2.1 Influenza-Meldepflicht455.2.2 Stärkung der virologischen Surveillance45 Page 5 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200725.2.3 Surveillance ambulanter Arztkonsultationen infolge ARE unterNutzung der elektronischen Patientendokumentation475.2.4 Mortalitätssurveillance485.2.5 Krankenhaussurveillance495.2.6 Surveillance in Kindergemeinschaftseinrichtungen495.2.7 Monitoring des Reiseverkehrs506Impfung526.1 Status536.1.1 Durchimpfungsgrad536.1.2 Impfstoff546.1.3 Effektivität und Sicherheit der Impfung556.1.4 Produktionskapazität566.1.5 Zulassung576.2 Konzepte576.2.1 Pandemische Influenza-Impfstoffe576.2.2 '3-zu-1Szenario'undDurchimpfungsrateninderinterpandemischen Phase646.2.3 Impfstrategie im Pandemiefall656.2.4 Koordinierung der Impfstoffversorgung686.2.5 Pneumokokkenimpfung696.3 Literatur707Antivirale Arzneimittel737.1 Status737.1.1 In Deutschland zugelassene antivirale Arzneimittel737.1.2 Wirkungsmechanismen747.1.3 ErfahrungenmitantiviralenArzneimittelnausderinterpandemischen Influenza757.1.4 Wirksamkeit antiviraler Medikamente bei hochpathogenen aviärenund pandemischen Virussubtypen797.2 Konzeptionelle Überlegungen807.2.1 Umfang der Bevorratung8080817.2.2 Prophylaktischer Einsatz antiviraler Arzneimittel817.2.3 Auswahl der antiviralen Arzneimittel827.2.4 Abgabe antiviraler Arzneimittel827.2.5 Surveillance von unerwünschten Arzneimittelwirkungen8282837.3 Literatur838Medizinische Vorbereitung, Schutzmaßnahmen und Folgenabschätzung888.1 Krisenmanagement, Informationsfluss und Kooperation auf regionaler Page 6 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 20073Ebene888.2 Infektionshygienisches Management898.2.1 Expositionsschutz der Bevölkerung908.2.2 Expositionsschutz für das ambulante medizinische Personal928.2.3 Antiepidemische Maßnahmen938.2.4 Reiseverkehr, Internationale Gesundheit938.3 Aspekte der medizinischen Versorgung948.3.1 Vorbereitende Maßnahmen in der interpandemischen Periode948.3.2 Maßnahmen im Pandemiefall968.4 Literatur979Internes Krankenhausmanagement989.1 Epidemiologie (prognostizierte stationäre Fallzahlen)989.2 Stationäre Behandlungskapazitäten1009.3 Ablaufplan im Krankenhaus1029.3.1 Stationäre Aufnahme1029.3.2 Behandlung von Sekundärerkrankungen1039.4 Personal1049.5 Hygienemaßnahmen und Infektionskontrolle im Krankenhaus1059.6 Literatur10510 Kommunikation und Information10710.1 Vorbemerkung10710.2 Aspekte der Risiko- und Krisenkommunikation10710.3 Von der Risikokommunikation zur Krisenkommunikation10810.4 Risikokommunikation durch zielgruppenspezifische und modulareInformationen109Abkürzungsverzeichnis112Abbildungs- und Tabellenverzeichnis114Literaturverzeichnis116 Page 7 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 20074Autoren des Berichts Wissenschaftliche Aspekte der Pandemieplanungin Deutschland (nationaler Pandemieplan Teil III)Mitglieder der Expertengruppe ‘Influenza-Pandemieplanung’ am Robert Koch-InstitutDr. Horst-Gerhard Baumeister, MünsterLandesinstitut für den ÖffentlichenGesundheitsdienst des Landes NRWAndrea Dobler, WiesbadenHessisches Ministerium des Innerenund für SportDr. Wolf Dombrowsky, KielChristian-Albrecht-UniversitätDr. Caroline Dreweck, MünchenLandeshauptstadt München, Referatfür Gesundheit und Umwelt (ab9/2004)Dr. Gerhard Fell, HamburgInstitut für Hygiene und Umwelt,Zentrum für Impfmedizin und Infek-tionsepidemiologieOberfeldärztin Andrea Joram-SavoyBundesministerium der VerteidigungFührungsstab des SanitätsdienstesDr. Petra Graf, MünchenLandeshauptstadt München, Referatfür Gesundheit und UmweltPD Dr. Walter Haas, BerlinRobert Koch-InstitutPD Dr. Timm C. Harder, Insel RiemsFriedrich-Loeffler-Institut,Bundesforschungsinstitut fürTiergesundheit (ab 1/2006)Dr. Heinz Ulrich Koch, PirmasensKreisverwaltung Südwestpfalz, Abt.GesundheitRegine Lehnert, BonnBundesinstitut für Arzneimittel und Page 8 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 20075Medizinprodukte (ab 11/2006)Dr. Harald Michels, TrierGesundheitsamt TrierDr. Michael Pfleiderer, LangenPaul-Ehrlich-InstitutDr. Isolde Piechotowski, StuttgartRegierungspräsidium Stuttgart,Landesgesundheitsamt (ab 8/2005)Prof. Dr. Bernhard R. Ruf, LeipzigKlinikum St. GeorgProf. Dr. H.-J. Schmitt, MainzZentrum für Präventive Pädiatrie derUniversität MainzStefanie Schumacher, SchwerinSozialministerium Mecklenburg-Vorpommern (bis 1/2004)Dr. Brunhilde Schweiger, BerlinNationales Referenzzentrum Influen-za/Robert Koch-InstitutDr. Thomas Stock, BonnBundesinstitut für Arzneimittel undMedizinprodukte (bis 11/2006)Dr. Helmut Uphoff, DillenburgStaatliches UntersuchungsamtHessen, Zentrum für Gesund-heitsschutzDr. Ortrud Werner, Insel RiemsFriedrich-Loeffler-Institut, Bundes-forschungsinstitut für Tiergesundheit(bis 12/2005)Dr. Angela Wirtz, WiesbadenHessisches SozialministeriumDr. Jürgen Wuthe, StuttgartLandesgesundheitsamt Baden-Württemberg (bis 8/2005)Prof. Dr. Peter Wutzler, JenaUniversitätsklinikum Jena, Institut fürVirologie und Antivirale Therapie Page 9 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 20076Beratende Vertreter der Bundesministerien und - behördenDr. Angelika Flieger, BonnBundesamt für Bevölkerungsschutzund KatastrophenhilfePD Dr. Lars Schaade, BonnBundesministerium für GesundheitDr. Astrid SmolaBundesministerium für Arbeit undSozialesKo-Autoren Kap. 6 ImpfungProf. Dr. Johannes LöwerPaul-Ehrlich-InstitutPD Dr. Gerd SutterPaul-Ehrlich-InstitutMitarbeiter des Robert Koch-InstitutsDr. Andrea Ammon (bis 6/2005)Susanne BehnkeDr. Udo BuchholzProf. Dr. Reinhard BurgerDr. Silke BudaGünther DettweilerSusanne GlasmacherMarlies GollnickDr. Christian KellerProf. Dr. Reinhard KurthDr. Katrin LeitmeyerClaudia LerchProf. Dr. Martin MielkePD Dr. G‚rard KrauseDr. Sabine ReiterDr. Klaus RiedmannDr. Karl SchenkelEva WetzelDr. Irina Zuschneid Page 10 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 20077EinleitungEine Influenzapandemie ist eine weltweite Influenza-Epidemie, die durch ein neuar-tiges Influenzavirus verursacht wird und zu Erkrankungs- und Sterberaten führt, diesaisonale, auch schwere Influenzawellen um ein Vielfaches übertreffen. Voraus-setzung für eine Influenzapandemie ist das Auftreten eines viralen Subtyps, derbisher in der menschlichen Bevölkerung nicht oder vor so langer Zeit zirkulierte, dasskeine Restimmunität mehr in der Bevölkerung vorhanden ist, und der in der Lage ist,schwere Erkrankungen hervorzurufen und sich effektiv von Mensch zu Mensch ver-breitet.Im letzten Jahrhundert gab es drei Influenzapandemien: 1918, 1957 und 1968. Dieschwerste davon war die sog. ´Spanische Grippe` 1918/19, die weltweit zwischen 20und 50 Millionen Todesopfer forderte [1]. 1957/58 und 1968/69 folgten zwei weiterePandemien mit weltweit schätzungsweise jeweils 1 Million Todesopfern [1]. Bei einerkünftigen Pandemie könnten nach Modellrechnungen in wenigen Wochen allein inDeutschland 100.000 Menschen an einer Influenza-Erkrankung versterben (s. Kap.2.6).Obwohl der genaue Zeitpunkt und das Ausmaß einer zukünftigen Influenzapandemienicht vorhergesagt werden können, glauben viele Experten, dass es Anzeichen gibt,die auf eine kurz bevorstehende Pandemie hindeuten [2]. Die Weltgesundheits-organisation (WHO) hatte bereits 1999 ihre Mitgliedstaaten dazu aufgerufen,nationale Pläne zur Vorbereitung des Eintretens einer Influenzapandemie zu erarbei-ten und bekräftigte diesen Aufruf in ihrer 56. Vollversammlung im Mai 2003.Die SARS-Epidemie 2003 hat nur angedeutet, was im Falle einer Influenzapandemieeintreten könnte: die Verbreitung eines neuartigen Erregers über die ganze Weltinnerhalb von Tagen, extreme Belastungen für den Öffentlichen Gesundheitsdienstund das medizinische Versorgungssystem sowie eine erhebliche Gefahr für dieöffentliche Ordnung und die Funktionstüchtigkeit der gesamten Volkswirtschaft. Dasendemische Auftreten der Geflügelpest in zahlreichen Ländern Südostasiens seit2004 birgt das Risiko einer Neukombination (Reassortment) von aviären undhumanen Influenzaviren und damit die Gefahr der Entstehung eines pandemischenVirus. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Entwicklung einerPandemie durch antiepidemische Maßnahmen zu verhindern ist. Der vorliegendePlan soll dazu beitragen, auf die dann entstehenden Herausforderungen besservorbereitet zu sein und den menschlichen und wirtschaftlichen Schaden auf einMinimum zu reduzieren. Page 11 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 20078Neben dem natürlichen Auftreten eines Influenzavirus mit pandemischem Potenzialbzw. einer Influenzapandemie wird auch die Gefahr einer absichtlichen Ausbringungvon Influenzaviren zu bioterroristischen Zwecken diskutiert. Der ´Nachbau` des pan-demischen Virus von 1918/19 verdeutlicht die Möglichkeiten, die die Biotechnologieheute bereits bietet und lässt erahnen, dass auch die Herstellung neuer, virulenterViren durchaus im Bereich des Möglichen liegt [3]. Wenngleich bislang keineErkenntnisse über diesbezügliche bioterroristische Aktivitäten vorliegen, sollte auchdieser Aspekt in den Pandemieplanungen nicht ausgeschlossen bleiben. Zudemmüssen für die Vorbereitung auf bioterroristische Anschläge und den Pandemiefallähnliche Strukturen aufgebaut und Vorsorgemaßnahmen getroffen werden [4, 5].1.1 Entstehung des deutschen PandemieplansEine weltweite Influenza-Pandemieplanung wurde bereits 1993 im Rahmen des inter-nationalen Symposiums der Groupe d’'tude et d’Information sur la Grippe (GEIG) inBerlin gefordert. Die WHO hat bereits 1999 einen Musterplan veröffentlicht, der denMitgliedstaaten als Grundlage dienen sollte und 2005 aktualisiert wurde [6]. Indiesem werden die wesentlichen Elemente eines nationalen Pandemieplansexemplarisch dargestellt bzw. diskutiert. Dazu gehören strategische Überlegungenzur Impfung, zur Verwendung antiviraler Medikamente, zur Durchführung eineradäquaten Surveillance, zur Planung und Koordination der Maßnahmen für diemedizinische Versorgung und des Notfallmanagements, die Entwicklung von Kom-munikationsstrategien sowie die Einrichtung einer nationalen Pandemie-Kommission.Die EU hat 2004 ebenfalls einen Entwurf für ein gesamteuropäisches Rahmen-konzept für eine Influenza-Pandemieplanung vorgelegt. Aufgrund der unter-schiedlichen Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten ist jedoch die detaillierteAusarbeitung einzelner nationaler Pläne erforderlich. Auf Initiative der Leitung desRobert Koch-Instituts (RKI) wurden erste grundlegende Überlegungen zur deutschenPandemieplanung durch die 'Bund-Länder-Arbeitsgruppe Seuchenschutz' (AGS)unter Leitung von Dr. Rüdiger Fock, Robert Koch-Institut, erarbeitet und im Oktober2001 publiziert [7]. Im Juni 2001 forderte die 74. Gesundheitsministerkonferenz dasBundesministerium für Gesundheit auf, in Abstimmung mit den Ländern einennationalen Pandemieplan auf der Grundlage der WHO-Empfehlungen zu erarbeiten.Im Oktober 2001 beauftragte das Bundesministerium für Gesundheit das RobertKoch-Institut, eine Expertengruppe ‘Influenza-Pandemieplanung’ am RKI ein-zurichten. Die Expertengruppe sollte unter Berücksichtigung der föderalen Organi-sation der Bundesrepublik Deutschland sowie der grundsätzlichen Zuständigkeit derLänder und Gemeinden für die Durchführung der Maßnahmen zum Infektions- undKatastrophenschutz einen nationalen Pandemieplan für das Gebiet der Bundes-republik Deutschland erarbeiten. Page 12 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 20079Teil I und die wissenschaftlichen Grundlagen des Pandemieplans wurden am11.1.2005 auf den Internetseiten des RKI und im Bundesgesundheitsblatt im Januarbzw. März 2005 publiziert. Der Bericht der Expertengruppe orientiert sich an denVorschlägen der WHO, den Pandemieplänen anderer Industrieländer sowie denVorarbeiten der AGS. Er basiert auf den von Unterarbeitsgruppen erarbeitetenKonzepten der Expertengruppe ‘Influenza-Pandemieplanung’ am RKI. Im Juli 2005wurden im wissenschaftlichen Teil des Pandemieplans die aktuellen Pandemie-phasen der WHO aufgenommen und die Bevölkerungszahlen aktualisiert sowie einAktionsplan veröffentlicht. Dieser Aktionsplan fasst die einzelnen Maßnahmen in denjeweiligen Vorbereitungs- und Pandemiephasen detailliert zusammen.. Eintechnischer Anhang des Nationalen Pandemieplans soll die harmonisierteUmsetzung der geplanten Maßnahmen unterstützen und erleichtern.1.2 Ziele des PandemieplansDer Plan soll einerseits Eckpunkte für die notwendigen Maßnahmen zur Vorbereitungauf eine Pandemie vorgeben und andererseits Richtlinien für das fachlich-organisato-rische Management in der Frühphase und während des eingetretenen Pandemiefallsbereitstellen. Es sollen damit folgende Ziele erreicht werden:" die Reduktion der Morbidität und Mortalität in der Gesamtbevölkerung," die Sicherstellung der Versorgung erkrankter Personen," die Aufrechterhaltung essentieller, öffentlicher Dienstleistungen," die zuverlässige und zeitnahe Information für politische Entscheidungsträger,Fachpersonal, die Öffentlichkeit und die Medien.Wichtig ist zur Minimierung der Gesamt-Morbidität und -Mortalität auch die Aufrecht-erhaltung einer adäquaten Gesundheitsversorgung und der öffentlichen Ordnung undder Infrastruktur. Essentielle Dienstleistungen wie die Versorgung mit Trinkwasserund Nahrungsmitteln, Energie, die Kommunikation und Information, das Transport-wesen und nicht zuletzt die innere und äußere Sicherheit, insbesondere auch dasGesundheitswesen sind durch pandemiebedingten Personalausfall gefährdet. Dahermuss der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit dieser Bereiche ein besondererStellenwert eingeräumt werden.Ziel ist auch eine optimale Nutzung und eine bundesweit gleichmäßige Verteilung derim Pandemiefall nur begrenzt zur Verfügung stehenden strukturellen, materiellen undpersonellen Ressourcen. In der interpandemischen Phase soll der Plan zu einer Page 13 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200710Sensibilisierung gegenüber den Gefahren einer Pandemie bei den politisch Verant-wortlichen und der Bevölkerung beitragen und die Vorbereitung außerhalb einerKrisensituation ermöglichen.1.3 Adressaten des PandemieplansDie Vorbereitung auf eine Influenzapandemie benötigt die Unterstützung der ge-samten Gesellschaft, weit über die Fähigkeiten des Gesundheitssystems hinaus.Zwar geht es in erster Linie um den Schutz der Gesundheit, zugleich aber auch umdie Sicherstellung von Produktion, Verteilung, Versorgung und Verkehr und um Maß-nahmen zur Bewältigung von Ausfällen und Engpässen. Der Pandemieplan richtetsich daher an alle Gesellschaftsmitglieder und deren Einsicht und Willen, diesenHerausforderungen solidarisch und kooperativ zu begegnen. Dies wird vor allem vonPersonen und Institutionen erwartet, die mit der Planung und/oder Umsetzung vonMaßnahmenzurVorsorgeoderSchadensbegrenzungimFalleeinerInfluenzapandemie betraut sind oder sein könnten. Dazu zählen politische und sons-tige Entscheidungsträger auf Bund-/Länder- oder kommunaler Ebene ebenso wie dieMitarbeiter im Öffentlichen Gesundheitswesen, in den Krankenhäusern, der ambu-lanten medizinischen Versorgung und der niedergelassenen Ärzteschaft. Der Pande-mieplan soll die Öffentlichkeit über die potenziellen Gefahren einer Pandemie infor-mieren, die Planungen transparent machen, die erforderlichen Maßnahmen aufzei-gen und eine breite Diskussion über die Fachkreise hinaus ermöglichen. Hier habendie Medien eine grundlegende Verantwortung, diesen Diskussionsprozess zu beför-dern. Schließlich aber soll die Veröffentlichung des Pandemieplans auch aufzeigen,dass es jenseits aller staatlichen und administrativen Anstrengungen vor allem desgemeinsamen bürgerschaftlichen Engagements bedarf, um eine Epidemie derartigenAusmaßes überstehen zu können.1.4 Struktur des PandemieplansDie Epidemiologie der interpandemischen und pandemischen Influenza sowie Mo-dellberechnungen zur Abschätzung der Folgen einer Pandemie für Deutschlandwerden in Kapitel 2 beschrieben. Kapitel 3 gibt die WHO-Definitionen der einzelnenPhasen einer Pandemie wieder. In Kapitel 4 werden die wichtigsten gesetzlichenGrundlagen im Hinblick auf eine Influenzapandemie diskutiert. In Kapitel 5 wird diebestehende Influenzasurveillance beschrieben und Surveillancekonzepte und not-wendige Maßnahmen in Vorbereitung auf die Pandemie dargestellt. Konzepte füreinen Pandemieimpfstoff und Überlegungen für eine Impfpriorisierung werden inKapitel 6 diskutiert. Der Einsatz antiviraler Arzneimittel im Pandemiefall wird in Page 14 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200711Kapitel 7 erläutert. Kapitel 8 befasst sich mit den notwendigen Vorbereitungsmaß-nahmen auf Länder- und kommunaler Ebene. Kapitel 9 setzt sich mit den Maß-nahmen auseinander, die innerhalb der Krankenhäuser getroffen werden müssen. InKapitel 10 werden Empfehlungen für Kommunikations- und Informationsstrategienbeschrieben. Der Pandemieplan wird unter Beteiligung der Länder, Fachkreise undanderer betroffener Gesellschaftsgruppen kontinuierlich fortgeschrieben.1.5 Entwicklung der deutschen Pandemieplanung seit 2005Seit Veröffentlichung des Pandemieplans wurden die Vorbereitungen auf eineInfluenzapandemie international und national von Bund und Ländern starkvorangetrieben, insbesondere was die Bevorratung mit antiviralen Arzneimitteln unddie Erforschung und Entwicklung pandemischer Impfstoffe betrifft. Zur Koordinationder Maßnahmen von Bund und Ländern wurde 2005 eine erweiterte Bund-Länder-Arbeitsgruppe Pandemieplanung mit Vertretern aus fünf Bundesländern gegründet.Auf Beschluss der 79. Sondersitzung der Gesundheitsministerkonferenz am23.2.2006 wurde die Arbeitsgruppe auf alle Bundesländer erweitert. Am RKI wurdenach der ersten Veröffentlichung des Pandemieplans eine ´Task Force†InfluenzaPandemieplanung eingerichtet. Das Auswärtige Amt hat ebenfalls 2005 einenPandemieplan für deutsche Bürger im Ausland auf seinen Internetseitenpubliziert(http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laender/Gesundheitsdienst/download/Pandemieplan.pdf).Die Bundeswehr wird den Nationalen Pandemieplan gemäß Â§70 im Rahmender Eigenvollzugskompetenz umsetzen.Im April 2006 erfolgte eine Evaluation der deutschen Pandemieplanung durch dasEuropean Centre for Disease Prevention and Control (ECDC). Insgesamt fiel dieEvaluation sehr positiv aus, es wurden jedoch auch eine Reihe von Verbes-serungsvorschlägen gemacht, die bei der weiteren Pandemieplanung berücksichtigtwerden. Bei einer vergleichenden Untersuchung europäischer Pandemieplänelandete Deutschland bei den einzelnen Themenfeldern auf den vorderen Plätzen ([8].2006 fanden zwei Planübungsbesprechungen der Interministeriellen Koordinierungs-gruppe (IntMinKoGr) statt, auf denen Pandemieszenarien für Deutschland erprobtwurden. Die IntMinKoGr ist das gemeinsame Koordinationsgremium des Bundes undder Länder im Fall einer Influenzapandemie. Für November 2007 ist eine weitereländer- und ressortübergreifende Übung LÜKEX07 (Länderübergreifendes Krisen-management Exercise) zum Thema Influenzapandemie geplant, an der sich siebenBundesländer beteiligen werden. 2006 wurden die Pandemiepläne der Länder fertig- Page 15 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200712gestellt und die Influenza-Kommission berufen, die das RKI im Pandemiefall fachlichberaten soll.1.6 Literatur[1] Nguyen-Van-Tam JS, Hampson AW. The epidemiology and clinical impact of pandemicinfluenza. Vaccine 2003;21:1762-68.[2] Webby JR, Webster RG. Are we ready for pandemic influenza? Science 2003;302:1519-22.[3 Reid AH, Janczewski TA, Lourens RM, Elliot AJ. 1918 Influenza pandemic caused byhighly conserved viruses with two receptor-binding variants. Emerging InfectiousDiseases 2003;9(10):1249-53.[4] Cox N, Tamblyn SE, Tam T. Influenza pandemic planning. Vaccine 2003;21:1801-1803.[5] Gensheimer KF, Meltzer MI, Postema AS, Strikas RA. Influenza pandemic preparedness.Emerging Infectious Diseases 2003;9(12):1645-48.[6] World Health Organization. Influenza pandemic preparedness plan. Responding to aninfluenza pandemic or its threat: the role of WHO and guidelines for national or regionalplanning. 1999. http://www.who.int/emc-documents/influenza/docs/whocdscsredc991.pdfWHO global influenza preparedness plan. The role of WHO and recommendations fornationalmeasuresbeforeandduringpandemicshttp://www.who.int/csr/resources/publications/influenza/GIP_2005_5Eweb.pdf[7] Fock R, Bergmann H, Bußmann H, Fell G, Finke E-J, Koch U, Niedrig M, Peters M,Scholz D, Wirtz A. Management und Kontrolle einer Influenzapandemie. KonzeptionelleÜberlegungen für einen deutschen Pandemieplan. Bundesgesundheitsbl Gesund-heitsforsch Gesundheitsschutz 2001; 44:969-980.[8] Mounier-Jack S, Coker R. How prepared is Europe for pandemic influenza? Analysis ofnational plans. The Lancet2006, 367:1405-1411. Page 16 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007132 Epidemiologie der interpandemischen und pandemischenInfluenza2.1 Aufbau der Influenzaviren und NomenklaturDie Influenzaviren bilden innerhalb der Myxoviren die eigene Familie der Ortho-myxoviren. Influenzaviren werden aufgrund ihrer antigenen Eigenschaften in dieTypen A, B und C unterteilt, wobei nur den Typen A und B eine epidemiologischeBedeutung beim Menschen zukommt. Influenzaviren sind umhüllte RNA-Viren.Das morphologische Charakteristikum der Influenzaviren sind Spike-artige Projek-tionen an der Oberfläche des Virus, die durch die beiden OberflächenproteineHämagglutinin und Neuraminidase gebildet werden. Das Hämagglutinin ermöglichtdie Bindung des Virus an die Wirtszelle. Die Aktivität der Neuraminidase ist erfor-derlich, damit sich die Nachkommen-Viren von der infizierten Zelle lösen können. ImInneren des Virus befindet sich das aus acht Segmenten bestehende Genom, dasmit dem Nukleoprotein und dem Polymerasekomplex assoziiert ist und das viraleKapsid bildet.Influenza A-Viren werden aufgrund der antigenen Eigenschaften ihrer HüllproteineHämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) weiterhin in Subtypen unterteilt (z. B.H3N2 oder H1N1). Im Falle eines Influenza A-Virus wird der Subtyp nach demIsolatnamen in Klammern angegeben. Es sind 16 verschiedene Hämagglutinin- undneun Neuraminidase-Subtypen bekannt. Influenza B-Viren sind serologisch undgenetisch weniger heterogen. Daher erfolgt keine Einteilung in Subtypen. Der Nameeines isolierten Influenzavirus setzt sich wie folgt zusammen: Typ/Ort derIsolierung/Nr. des Isolates/Jahr der Isolierung - z. B. A/Berlin/122/2003 (H3N2).2.2 Antigendrift und –shiftInfluenzaviren sind durch eine hohe Variabilität gekennzeichnet. Ursache für diesukzessive Veränderung der antigenen Eigenschaften sind Mutationen in denOberflächenantigenen Hämagglutinin und Neuraminidase. Dies führt dazu, dass sichdie Eigenschaften der saisonal dominierenden Stämme, je nach Typ bzw. Subtyp,mehr oder weniger stark von ihren Vorgängern unterscheiden. Obwohl Influenza-Infektionen bei den betroffenen Personen zu einer starken und lang anhaltendenImmunantwort führen, können bereits Viren mit leicht veränderten antigenenEigenschaften dem immunologischen Gedächtnis entgehen und zu neuen Page 17 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200714Infektionen führen. Dieses Phänomen wird als Antigendrift bezeichnet und ist u.a.für die Entstehung der jährlichen Influenzawellen verantwortlich. Antigendrift vollziehtsich ausschließlich bei bereits zirkulierenden Typen bzw. Subtypen. Die Antigendriftist auch der Grund, warum die Zusammensetzung des Impfstoffes jährlich denaktuell zirkulierenden Varianten angepasst werden muss. Die Empfehlung derImpfstämme erfolgt durch die WHO.Die Ursache für die Pandemien des letzten Jahrhunderts war hingegen dieAntigenshift und deren Manifestation in humanen Influenzaviren. Bei einerAntigenshift kommt es zu drastischen antigenen Veränderungen des Virus mitnachfolgender Etablierung eines neuen Subtyps in der menschlichen Bevölkerung.Dabei können prinzipiell zwei Mechanismen eine Rolle spielen:(1) das direkte Überspringen der Speziesbarriere - z.B. vom Vogel auf den Menschen- mit nachfolgender Adaption an den Menschen.(2) das so genannte Reassortment ganzer Gensegmente infolge Doppelinfektioneiner Zelle durch Influenzaviren, die verschiedenen Subtypen angehören. Hierbeisind beliebige Kombinationen der Gensegmente der Ursprungsviren (Abb. 1)möglich. So trat zum Beispiel 1968 ein A/H3N2-Virus auf, das sich aus einemmenschlichen A/H2N2-Virus und einem von einem Vogel stammenden (aviären)A/H3-Virus mit unbekanntem N-Subtyp zusammensetzte. Das resultierendeA/H3N2-Virus führte zu einer Pandemie.Für eine solche ´Generierung` neu kombinierter Viren kommen sowohl dasSchwein, aber auch der Mensch in Frage.Abb. 1: Fiktives Beispiel eines Reassortments von Influenzaviren durch Doppelinfektioneines Schweins (s. Text)A/H3N2A/H5N1A/H5N2 Page 18 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200715Die Voraussetzung zur Entstehung einer Pandemie ist gegeben, wenn Influenza-A-Viren auftreten, bei denen eine Antigenshift mit Auftreten eines neuen Subtypsstattgefunden hat, und wenn diese Viren" pathogen und virulent sind" sich von Mensch zu Mensch verbreiten können" und auf eine menschliche Population treffen, bei der zumindest große Teile derBevölkerung keine oder eine unzureichende Immunität gegenüber den Virendieses neuen Subtyps haben. Dies ist z.B. auch dann gegeben, wenn sich einVirussubtyp etabliert, der seit Jahrzehnten nicht mehr in der menschlichenBevölkerung zirkulierte. Dies wäre heutzutage z.B. für A/H2N2-Viren der Fall, dieseit 1968 nicht mehr in der menschlichen Bevölkerung nachgewiesen wurden.2.3 Saisonale Influenza2.3.1 KlinikNur etwa eine von zwei Infektionen führt auch zu einer Erkrankung. Die typischeErkrankung ist durch plötzlich auftretendes Fieber über 38,5°C, Husten und Kopf-,Muskel- oder Gliederschmerzen gekennzeichnet. Schüttelfrost, Schweißausbrüche,allgemeine Schwäche und Halsschmerzen können hinzukommen. Das klinische Bildreicht von symptomarmen Formen über primäre Influenzapneumonien bis hin zuschwersten toxischen Verläufen mit tödlichem Ausgang. Komplikationen können injedem Lebensalter auftreten, betreffen jedoch vorrangig Personen höheren Alters,sowie Personen mit Grundkrankheiten (chronische Herz-Lungen-Erkrankungen,Stoffwechselerkrankungen, Immundefekte usw.). Weitere mögliche Komplikationensind Gehirnentzündungen (Enzephalitiden) und Herzmuskelentzündungen (Myokar-ditiden) und bei Kindern Mittelohrentzündungen (Otitis media) oder das Reye-Syndrom (akute Nervenzellerkrankung in Kombination mit fettiger Degeneration derLeber). Die häufigste Sekundärkomplikation sind Pneumonien durch Bakterien (sogenannte Superinfektionen v.a. verursacht durch Pneumokokken, aber auch durchStaphylokokken oder Haemophilus influenzae).2.3.2 Epidemiologie der saisonalen InfluenzaSeit 1977 zirkulieren Viren der beiden Subtypen A/H1N1 und A/H3N2 sowie desTyps B in der menschlichen Population. Daher sind auch in den Influenza-ImpfstoffenVarianten enthalten, die diese drei Typen bzw. Subtypen abdecken. Meistens über- Page 19 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200716wiegen in den jeweiligen Influenzawellen ein oder zwei Varianten, z. B. wurden in derSaison 2000/01 in Deutschland fast ausschließlich Viren des Subtyps A/H1N1isoliert, in der Saison 2002/03 dagegen zu fast gleichen Anteilen A/H3N2 und B-Viren und in der Saison 2005/06 vorwiegend (75%) B-Viren..Die einzelnen Influenzawellen können in ihrer Stärke erheblich variieren. Die Zahl derInfluenza-assoziierten Arztbesuche beträgt in Deutschland in einer durchschnittlichstarken Saison zwischen 2 und 5 Millionen, die Zahl der Influenza-assoziiertenKrankenhauseinweisungen zwischen 10.000 und 20.000 und die Zahl der Influenza-assoziierten Toten (bei starken saisonalen Schwankungen) durchschnittlich bei circa10.000 [1; 2]. Dabei gilt generell, dass alle Altersgruppen von Influenza-Erkrankungen betroffen werden, dass Kleinkinder und die ältere Bevölkerung dashöchste Risiko für eine Krankenhauseinweisung durch Influenza haben, und dasssich die Influenza-bedingten Sterbefälle fast ausschließlich in der älteren Bevöl-kerung ereignen [1; 3; nicht veröffentlichte Daten der Arbeitsgemeinschaft Influenza].A/H3N2-Saisonen führen im Durchschnitt zu mehr Influenza-assoziierten-Krankenhauseinweisungen bzw. -Todesfällen während der Grippewelle als B undA/H1N1-dominierte Wellen [2; 4; 5]. Es gibt viele Anzeichen dafür, dass Kinder beider Weiterverbreitung der Influenza und somit der Dynamik der Influenzawelle einewichtige Rolle spielen [3; 6; 7]. So wurde in der Vergangenheit in Deutschlandvielfach beobachtet, dass die im Februar in den neuen Bundesländern einsetzendenWinterferien den Beginn der Influenzawelle hinausgezögert hatten, während sie zudiesem Zeitpunkt in den alten Bundesländern schon begonnen hatte.2.4 Aviäre Influenza2.4.1 Aviäre Influenza bei Vögeln und GeflügelDas Reservoir aller Subtypen der Influenza A Viren findet sich bei Wildvögeln,insbesondere wildlebenden Wasservögeln. Einige Viruslinien werden allerdings auchin Haussäugetieren (Schweine, Pferde) perpetuiert. Infektionen der aviärenReservoirwirte verlaufen in aller Regel asymptomatisch, wobei große Virusmengenmit dem Kot ausgeschieden werden. Die Infektketten sind daher im Wesentlichendurch fäko-orale Übertragungen geprägt. Diese niedrig pathogenen aviärenInfluenzaviren (low pathogenic avian influenza virus; LPAIV) befinden sich in einemweltweiten kontinuierlichen Vermehrungszyklus, wobei auch Verbreitungen überSpeziesgrenzen hinweg vorkommen. Viren der Subtypen H5 und H7 besitzen, sofernsie auf hochempfängliches Hausgeflügel übertragen werden, die Fähigkeit, infolge Page 20 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200717einer insertionellen Mutation an einer definierten, funktionell bedeutsamen Stelle desHämagglutinin-Glykoproteines, zu einer hochpathogenen Form (highly pathogenicavian influenza virus; HPAIV) zu mutieren. Erreger, die diese Mutation tragen, lösendie Klassische Geflügelpest aus, die bei Hühnervögeln mit extrem hoher Mortalitätverläuft. Das Auftreten solcher Mutationen ist offenbar an rasche Vermehrungszyklenin Hühnervögeln gebunden. Der de novo Entstehung eines Geflügelpestvirus gehtsomit immer eine Übertragung niedrig pathogener Vorläuferviren der Subtypen H5oder H7, zumeist aus dem Wildvogelbereich, voraus. Die neu entstandenePathovariante kann dann, wie jedes andere aviäre Influenzavirus auch, horizontalweiter verbreitet werden und auch aus der Hausgeflügelpopulation auf Wildvögelrückübertragen werden.2.4.2 Aviäre Influenza des MenschenAviäre Influenzaviren können in seltenen Fällen (als Zoonose) direkt, d.h. ohneZwischenwirt, auf den Menschen übertragen werden und dort u.U. auchErkrankungen hervorrufen. Seit 1997 wurden direkte Übertragungen v.a. vonNutzgeflügel auf den Menschen beschrieben. Der klinische Verlauf beim Menschenunterscheidet sich in Art und Schwere von dem der saisonalen Influenza, währenddie Epidemiologie der aviären Influenza beim Menschen eng mit dem Auftreten vonAusbrüchen durch HPAI-Viren bei Geflügel verknüpft ist.2.4.2.1 Klinik der aviären Influenza beim MenschenBei der durch A/H5N1-Viren hervorgerufenen aviären Influenza des Menschen trittklinisch nach einer Inkubationszeit von etwa vier Tagen (d.h. länger als bei dersaisonalen Influenza) als erstes Symptom meist Fieber auf, begleitet oder gefolgt vonrespiratorischen Symptomen wie Husten und Atemnot. Auch gastrointestinaleSymptome wie Übelkeit, Erbrechen und insbesondere Durchfall sind häufig undgehen den respiratorischen Symptomen nicht selten voraus. Typische Symptome derhumanen Influenza-Infektion wie Hals-, Kopf- und Muskelschmerzen könnenvorkommen, sind aber nicht regelmäßig ausgeprägt. Die im Verlauf der Erkrankungauftretenden Lungenentzündungen scheinen eine primär virale Basis zu haben. ImBlutbild ist häufig eine Leuko-, Lympho- und Thrombozytopenie nachzuweisen [8].Bei Erkrankungen durch A/H7N7-Viren kommt es im Gegensatz zu Erkrankungendurch A/H5N1-Viren v.a. zu Konjunktivitiden oder Influenza-artigen Erkrankungenohne Lungenentzündung. Page 21 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007182.4.2.2 Epidemiologie der aviären Influenza beim Menschen1997 erkrankten in Hongkong 18 Menschen infolge einer Infektion mit Influenzavirendes Subtyps A/H5N1, sechs der Patienten starben. Die Übertragung erfolgte direktvon infiziertem Hausgeflügel auf den Menschen und stellte damit einen so erstmalsbeobachteten Speziessprung mit schweren Erkrankungen und Todesfällen beimMenschen dar. Die Keulung von 1,5 Millionen Hühnern beendete den Ausbruch.Im Frühjahr 2003 wurden zwei Mitglieder einer Familie in Südchina mit A/H5N1-Vireninfiziert, eines der Familienmitglieder mit nachgewiesener A/H5N1-Infektion starb, einanderes mit einer vermuteten Infektion ebenfalls. In den Niederlanden kam es imFrühjahr 2003 im Rahmen von Ausbrüchen unter Geflügel durch HPAI-Viren desSubtyps A/H7N7 zu 266 Fällen von Konjunktivitis bei Personen, die aufgrund ihrerberuflichen Exposition engen Kontakt zu erkranktem Geflügel hatten. Ein Menschverstarb. Bei drei Fällen traten auch Erkrankungen in der Familie auf, wahrscheinlichaufgrund einer Mensch-zu-Mensch-Übertragung. Ab Dezember 2003 begann sich inAsien die durch A/H5N1-Viren verursachte Epidemie aviärer Influenza bei Geflügel ineinem bisher nicht gekanntem Ausmaß auszubreiten. Erkrankungen beim Menschentraten v.a. in den Ländern auf, die auch am schwersten von Ausbrüchen bei Geflügelbetroffen waren: eine erste Welle (2003-2005) betraf v.a. Vietnam, Thailand undKambodscha, während ab Mitte 2005 auch Indonesien und später China Fälle vonaviärer Influenza beim Menschen meldeten. In 2006 kamen fünf weitere Länder(Türkei, Irak, Djibouti, Aserbaidschan und Ägypten) hinzu; im Januar und Februar2007 traten ein erster Fall in Nigeria sowie zwei Fälle in Laos auf (Stand: 20.3.2007;[9]). In Deutschland kam es im Frühjahr 2006, v.a. in Mecklenburg-Vorpommern undBayern, zu Erkrankungen bei Wildvögeln. Lediglich in Sachsen war ein Geflügelhofvon der Infektion betroffen. Erkrankungen bei Menschen traten nicht auf.Unter allen von der WHO bestätigten Fällen ereignete sich der größte Anteil in derAltersgruppe der 10- bis 29-Jährigen [10]. Bis zum 27.2.2007 wurden weltweit 275A/H5N1-Fälle beim Menschen von der WHO bestätigt, darunter verliefen 167(60,7%) tödlich [9].2.5 Pandemische Influenza2.5.1 Influenzapandemien im 20. JahrhundertDie bedeutendste Grippepandemie des 20. Jahrhunderts war die so genannte ´Spa-nische Grippe` von 1918. Zwischen 20 und 50 Millionen Menschen starben weltweitan den Folgen einer Infektion mit dem Virus vom Subtyp A/H1N1 [11]. Die Page 22 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200719´asiatische` Grippe von 1957 wurde durch Influenzaviren vom Subtyp A/H2N2 aus-gelöst. Die Mortalität während dieser Pandemie war mit 1 Million Menschen jedochwesentlich geringer ausgeprägt als die der Pandemie von 1918 [11]. Das Auftretenvon A/H3N2-Viren führte zur ´Hongkong`-Pandemie von 1968. Weltweit erlagenebenfalls etwa 1 Million Menschen den Folgen einer Ansteckung [11].2.5.2 Klinik und Epidemiologie der pandemischen InfluenzaBei einer Influenzapandemie kann das Krankheitsbild von dem abweichen, das beisaisonalen Influenzawellen bekannt ist. Obwohl auch bei der Pandemie 1918 diemeisten Patienten mit einem zwar schweren, aber typischen klinischen Bild erkrank-ten, wurde häufig auch von bläulichen Hautverfärbungen berichtet, die um den Mundherum begannen [12]. Ebenso waren Blutungen aus Mund und Nase relativ häufig.Bei Patienten mit fulminanten Verläufen betrug das Intervall von Krankenhausauf-nahme bis zum Tod von wenigen Stunden bis zu 2-3 Tagen. Obduktionen zeigtennicht die Zeichen einer sekundären bakteriellen Entzündung. Die blutig gefärbte,schaumige Flüssigkeit in der Lunge wies eher auf eine direkt durch das Influenza-virus hervorgerufene Pneumonie hin.Die drei Pandemien des letzten Jahrhunderts verliefen in mehreren Wellen, wobeiam Beginn zunächst eine weniger starke Welle einer zweiten, stärkeren, etwa 4-6Monate vorausging. Es zeigte sich, dass diese ersten Wellen auch außerhalb dertypischen Influenza-Saison auftreten können. So lag z. B. die erste Welle derPandemie 1918 in den USA im Frühjahr, während sich die zweite Welle nach einerRuhezeit im Sommer zeitgleich mit dem Schulbeginn ab September aufbaute [11].Allgemein schienen bei pandemischer Influenza, wie auch bei interpandemischerInfluenza, Kinder eine wichtige Rolle in der Dynamik der Epidemie zu spielen [3; 13].Die ältere Bevölkerung hingegen ist eher am Ende der Übertragungskette zu sehen.Für die drei Wellen der Pandemie 1918 wurden aus Daten des VereinigtenKönigreichs sehr hohe serologische Konversionsraten von 79%, 61% und 69%berechnet, so dass vermutet wird, dass eine Infektion in der ersten Welle nicht oderkaum vor einer Infektion in der nächsten schützte. Die Erkrankungsraten wurden auf5%, 9% bzw. 4% geschätzt. Während die Letalität in der ersten Welle noch 0,7%betrug, stieg sie in der zweiten und dritten Welle auf 3,3% bzw. 2,7% an [14]. DieErkrankungsrate der Pandemie 1957 wurden auf 31% und der Pandemie 1968 auf6% (erste Welle ) und 21% ( zweite Welle ) beziffert [14].Die Mortalität während und nach Pandemien unterliegt einem relativ typischen Page 23 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200720Muster. In den drei Pandemien des letzten Jahrhunderts betrug der Anteil aller pan-demiebedingten Toten in der Bevölkerung unter 65 Jahren 99% (1918), 36% (1957)bzw. 48% (1968) an der jeweiligen Gesamtmortalität. In den der jeweiligen Pandemiefolgenden Jahren nahm dieser Anteil sukzessive ab und erreichte jeweils 10 Jahrespäter Werte von 62% (1928), 4% (1967) bzw. 9-14% (1978) [15]. Während derletzten zwei Pandemien entfielen innerhalb der Gruppe der unter 65 Jahre altenBevölkerung zwei Drittel der Todesfälle auf Personen, die 45-64 Jahre alt waren [15].Ein Grund, warum die ältere Bevölkerung bei Pandemien zunächst relativ wenigerbetroffen war, könnte die erhaltene Immunität aus lange zurück liegendenInfluenzajahren sein. Dieser ´Vorteil` könnte jedoch im Laufe der Jahre dadurchverloren gehen, wenn die neu erworbene Immunität in der jüngeren Bevölkerung imVergleich zur älteren Bevölkerung länger anhält [15]. Einzigartig und bisher ohneadäquate Erklärung ist der Mortalitäts- und Letalitätsgipfel in der Altersgruppe derjungen Erwachsenen in der Pandemie 1918.Die Überlastung des Gesundheitssystems ist in den letzten Pandemien wenig doku-mentiert bzw. quantifiziert worden. Jedoch zeigen Erfahrungen aus der neueren Zeit,dass Krankenhäuser versuchen, ihre Ressourcen (Betten, Personal, etc.) an denantizipierten Routinebedarf immer besser anzupassen und Betten abbauen.Allerdings kann es so in Situationen, bei denen Erkrankungszahlen auftreten, dieüber das Erwartete hinausgehen, schnell zu Überforderungen des Gesundheits-systems kommen. Eine nur moderat stärkere Influenzawelle kann hier bereits zuNotsituationen in der Krankenversorgung führen, die noch durch Erkrankungen desmedizinischen Personals verschärft sein können [16].2.6 Mathematische Modellrechnungen zur Auswirkung einer Influenzapan-demie in DeutschlandDie Abschätzung der Auswirkungen einer zukünftigen Pandemie in Deutschland istnur unter Vorbehalt möglich. Die Schwierigkeit einer Vorhersagbarkeit wird amBeispiel der beobachteten Gesamtzahl der Toten der letzten Pandemien deutlich, diesich zwischen den Pandemien des letzten Jahrhunderts erheblich unterschieden (s.2.5.2). Dennoch sind aus den Pandemien des letzten Jahrhunderts Informationenvorhanden, die für Modellberechnungen herangezogen werden können. Für denvorliegenden Bericht war es aus folgenden Gründen wichtig, Erwartungswerte zuberechnen, die selbstverständlich im ´Ernstfall` erheblich abweichen können:" Entscheidungsträgern, aber auch der Fachöffentlichkeit und der Allgemeinbe-völkerung soll ein Eindruck von den möglichen Auswirkungen einer Pandemie Page 24 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200721gegeben werden." Für die Vorbereitung der Krankenhäuser, Länder und Kommunen ist es nützlich,eine Vorstellung zu haben, wie viele (absolut und wöchentlich) zu erwartende,pandemiebedingte Neu-Erkrankungen, Krankenhauseinweisungen und Tote zuerwarten sind." PolitischeEntscheidungsträgermüssenfürdiePräventionsstrategienSchätzungen kennen, die auch bei ökonomischen Berechnungen berücksichtigtwerden können.Dabei muss man unterscheiden zwischen dem Grad der Auswirkung ohne jeglicheSchutzmaßnahme und dem zu erwartenden abgemilderten Effekt durch den Einsatzvon Therapie- und Präventionsmaßnahmen. Ein Modell zur Berechnung derAuswirkungen sollte flexibel genug sein, bestimmte, sich ändernde Annahmeneinbeziehen zu können.Für die möglichen Auswirkungen der nächsten Pandemie wird meistens zwischeneinem schweren Szenario (wie etwa 1918) und einem moderaten (wie etwa 1957und 1968) unterschieden. Z.B. schätzen Gani et al., dass die Pandemie 1918 inEngland zu einer Gesamtmortalität von 0,5% führte [14], auf Deutschland angewandtbedeutete dies eine Anzahl von ca. 400.000 Todesfällen [14]. Die Modell-berechnungen im deutschen Pandemieplan nehmen jedoch ein moderates Szenarioan, so wie von Meltzer et al. vorgegeben [17; 18]. Die Raten der pandemiebedingtenArztkonsultationen, Hospitalisierungen und Toten wurde aus diesem Modellübernommen, die Anteile der Risikogruppen in den Altersgruppen sowie die Auftei-lung der Altersgruppen selbst jedoch den deutschen Verhältnissen undErfordernissen angepasst. Das Modell macht keine Aussagen über den Verlauf derPandemie und berücksichtigt auch nicht die möglicherweise abschwächendenEffekte, die durch medizinische (antivirale Arzneimittel, Impfungen) bzw. nicht-medizinische Maßnahmen erzielt werden könnten. Die Berechnungen orientierensich an dem Szenario, das von Meltzer et al. als ´most likely` (am wahr-scheinlichsten) angegeben wird, weniger oder mehr gravierende Auswirkungenkönnen davon erheblich abweichen. In der Planung sollte man sich auf jeweils30%ige Abweichungen nach oben bzw. unten einstellen. Für die Verteilung derAltersgruppen wurden die Daten des Statistischen Bundesamtes von 2004 zugrundegelegt.Für ein Pandemieszenario mit einer 30%-igen Erkrankungsrate wurde geschätzt,dass in einem Zeitraum von acht Wochen mit ca. 13 Millionen zusätzlichenArztbesuchen, ca. 370.000 Krankenhauseinweisungen und 103.000 Influenza- Page 25 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200722bedingten Todesfällen zu rechnen ist (s. Abb. 2; Tab.1).01.000.0002.000.0003.000.0004.000.0005.000.0006.000.0007.000.0008.000.0009.000.0000-1516-60>60Alter in JahrenAnzahlKonsultationen02468101214161820KumulativeInzidenzin%AnzahlKumulativeInzidenz in %020.00040.00060.00080.000100.000120.000140.000160.000180.000200.0000-1516-60>60Alter in JahrenAnzahlHospitalisierungen0,000,100,200,300,400,500,600,700,800,901,00KumulativeInzidenzin%AnzahlKumulativeInzidenz in %010.00020.00030.00040.00050.00060.00070.00080.0000-1516-60>60Alter in JahrenAnzahlTodesfälle0,0000,0500,1000,1500,2000,2500,3000,3500,400KumulativeInzidenzin%AnzahlKumulativeInzidenz in % Page 26 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200723Abb. 2: Darstellung der möglichen Auswirkungen einer Influenzapandemie mit 30%igerErkrankungsrate auf die Bevölkerung Deutschlands bezüglich der zu erwartendenAnzahl und kumulativen Inzidenz von Arztkonsultationen, Hospitalisierungen undToten in Prozent der Bevölkerung. Die Berechnungen basieren auf den Daten derPandemien 1957 und 1968 (FluAid, CDC, Atlanta, USA), möglicheabschwächende Effekte von Interventionen werden nicht einbezogen. Verwendetwurde die deutsche Bevölkerungsverteilung von 2004.Bei einer 15%-igen Erkrankungsrate halbieren sich die Zahlen, berücksichtigt wirdalso nicht ein möglicherweise besser funktionierendes Gesundheitssystem mit dendaraus resultierenden positiven Folgen. Die kumulativen Inzidenzen der Arztkon-sultationen sind in den drei Altersgruppen ähnlich hoch, während bei den Hospita-lisierungen, und noch stärker bei den Todesfällen das Risiko für die ältereBevölkerung deutlich am höchsten ist. Da die Altersgruppen in diesen Darstellungensehr weit gefasst sind, kommt das erhöhte Risiko der Säuglinge und Kleinkinder [19],das für die kumulierten Inzidenzen einen u-förmigen Verlauf ergibt, nicht zumAusdruck. Wie bei der saisonalen Influenza sind die Gruppe der Kleinkinder unter 2Jahren und ältere Menschen über 65 Jahre auch in der Pandemie durch besondershohe Erkrankung- und Hospitalisierungszahlen belastet.Tab. 1:Anzahl und kumulative Inzidenz der Arztkonsultationen, Hospitalisierungen undTodesfälle infolge einer Pandemie bei einer Erkrankungsrate von 30%, ohneEinbezug abschwächender Effekte von Interventionen. Verwendet wurde diedeutsche Bevölkerungsverteilung von 2004. Page 27 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200724KonsultationenErkrankungsrate0-1516-60>60Gesamt15%1.100.0003.900.0001.500.0006.500.000Anzahl30%2.300.0007.700.0003.100.00013.100.00050%3.800.00012.900.0005.100.00021.800.00015%988Kumulative30%181516Inzidenz in %50%302626HospitalisierungenErkrankungsrate0-1516-60>60Gesamt15%4.00092.00091.000187.000Anzahl30%7.000185.000182.000374.00050%12.000308.000304.000624.00015%0,030,180,46Kumulative30%0,050,370,93Inzidenz in %50%0,090,621,55TodesfälleErkrankungsrate0-1516-60>60Gesamt15%20015.30036.00051.500Anzahl30%40030.60072.000102.90050%70050.900120.000171.50015%0,0020,0310,184Kumulative30%0,0030,0610,367Inzidenz in %50%0,0050,1020,612Das online verfügbare Simulationsprogramm ´InfluSim` (www.influsim.info) einerTübinger Forschungsgruppe realisiert ein deterministisches Kompartmentmodell, dasdie Darstellung des Verlaufs und der Auswirkungen von Influenzawellen inAbhängigkeit bestimmter Annahmen und Parameter erlaubt. Das Modell beruhtweitgehend auf Annahmen, z.B. zu Kontakten in der Bevölkerung, Eigenschaften desErregers und Wirksamkeit von Maßnahmen, die in einer konkreten epidemischenSituation auf die dann herrschenden Verhältnisse angepasst werden müssen.Jedoch können bestimmte Parameter, wie zum Beispiel die Basisreproduktionszahloder das Kontaktverhalten zwischen Altersgruppen vorgewählt werden. Darüberhinausistesmöglich,beispielhaftdurchEingabebestimmterInterventionsmaßnahmen (Einsatz von antiviralen Arzneimitteln, Kontaktreduktionunter Kindern, u.a.m.) ihre Auswirkungen unmittelbar zu verfolgen [20].2.7 Erkenntnisse aus ModellrechnungenModellrechnungen können im Zusammenhang mit der Influenza Pandemieplanung Page 28 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200725für verschiedene Fragestellungen nützlich sein. Zu diesen gehören: (i) dieDarstellung des möglichen zeitlichen Verlaufs der pandemischen Welle; (ii) dieMöglichkeiten der räumlichen Ausdehnung unter verschiedenen Grundannahmen;(iii) die epidemiologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer Pandemie; (iv)Auswirkungen von pharmazeutischen und nicht-pharmazeutischen Interventions-maßnahmen auf den Verlauf der Pandemie; (zu den pharmazeutischen Maßnahmengehören der Einsatz von antiviralen Arzneimitteln und Impfungen, zu den nicht-pharmazeutischen Maßnahmen gehören z.B. Schulschließungen oder das Verbotvon Massenveranstaltungen); (v) evtl. verzögernde Effekte durch Einschränkungendes Flugverkehrs; (vi) so genannte Real-time Modellierung zur Beantwortung vonFragen zum Zeitpunkt, wenn die Pandemie eingetreten ist und laufend neueepidemiologische Informationen zu den Eigenschaften des Virus verfügbar werden.Jedes Modell arbeitet mit Annahmen, die mehr oder weniger gut durch epide-miologische oder mikrobiologische Studien, Erkenntnissen aus der Routine-surveillance, Ausbruchsuntersuchungen, experimentelle Untersuchungen oder Erfah-rungen aus früheren Pandemien gestützt sind.In der Literatur werden verschiedene Modellberechnungen vorgestellt, die imZusammenhang mit der Pandemieplanung relevant sind. Unter der Annahme, dassein pandemisches Virus in einer ländlichen Gegend in Thailand entsteht und sichdann ausbreitet, wurde berechnet, dass eine Eindämmung, d.h. ein völligesZurückdrängen eines pandemischen Virus durch den Einsatz antiviraler Arzneimittelin definierten Situationen möglich ist. Antivirale Arzneimittel wurden bei denBerechnungen im Rahmen einer so genannten ´gezielten antiviralen Prophylaxe`(targeted antiviral prophylaxis (TAP), d.h. rasche Erkennung und Behandlungauftretender Fälle und sofortige Prophylaxe von Kontaktpersonen) und/oderRingprophylaxe [21; 22] eingesetzt, während gleichzeitig Maßnahmen zur Erhöhungder ´sozialen Distanzierung` ergriffen werden, wie z.B. Quarantäne der betreffendenZone, Schließungen von Schulen und Arbeitsplätzen [21; 22]. Der Bedarf anantiviralen Arzneimitteln für eine erfolgreiche Eindämmung wurde dabei auf 100.000bis zu 3 Millionen Therapieeinheiten geschätzt [21; 22]. Einige der hierbei genanntenVoraussetzungen für eine erfolgreiche Eliminierung umfassen die Wirksamkeit derArzneimittel, ausreichende Verfügbarkeit der antiviralen Arzneimittel, den Beginn derMaßnahmen bis spätestens innerhalb von 3-4 Wochen nach dem Auftreten desersten Falls, sowie die Erkennung der Indexfälle und Prophylaxe derKontaktpersonen innerhalb von 1-2 Tagen. Sollte es möglich sein, die betroffeneBevölkerungsgruppe rasch zu impfen, oder sollte sie bereits bei Ausbruch geimpftsein, würde die Chance einer erfolgreichen Intervention erheblich steigen, auch wennder Schutzeffekt des Impfstoffes gering wäre [21]. Page 29 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200726Unter der Annahme, dass das pandemische Virus zuerst außerhalb Deutschlandsauftritt und dann über den Flugverkehr importiert wird, könnten theoretischEinschränkungen des Reiseverkehrs erwogen werden. Berechnungen haben jedochgezeigt, dass solche Beschränkungen an Ländergrenzen (oder sogar imLandesinneren) selbst bei einer bis zu 99%-igen Durchsetzung maximal zu einerVerzögerung der Pandemiewelle um zwei bis drei Wochen führen würden [23].Die Auswirkungen und Möglichkeiten der Schadensbegrenzung einer Pandemiehängen wesentlich von der so genannten Basis-Reproduktionszahl (R0) ab. Die R0beschreibt die durchschnittliche Anzahl der Personen, die eine infizierte Personinnerhalb einer völlig suszeptiblen Bevölkerung ansteckt. Solange RO > 1 ist, breitetsich eine Epidemie weiter aus und ist nicht unter Kontrolle. Zum Beispiel wurde fürdie Pandemien 1957 und 1968 eine R0 von 1,65 bzw. 2,2 berechnet [14]. Bis zueiner R0 von 1,6 ist eine pandemische Welle relativ gut kontrollierbar, während beigrößeren R0 die Welle rascher abläuft und mehr Menschen infiziert [23]. Für eine R0von 1,9 wurde in den USA (ohne Interventionen) eine Erkrankungsrate von 43%berechnet, der Höhepunkt wurde 85 Tagen nach Introduktion des Virus erreicht [24].Die selbe Veröffentlichung [24] untersuchte die Effekte von folgenden Bekämpfungs-maßnahmen: (1) ´gezielte antivirale Prophylaxe` (TAP); (2) dynamischeMassenimpfung, d.h. Verabreichung der Impfungen, sobald sie verfügbar werden;und (3) Schulschließungen und freiwillige Verhaltensänderungen. Einige wichtigeSchlussfolgerungen waren hierbei:- für eine kleinere R0 (bis 1,6) war TAP die effektivste Einzelmaßnahme undvermochte die Erkrankungsrate auf <1% zu drücken- für größere R0 (ab etwa 1,9) sind nur eine Kombination von Maßnahmenwirkungsvoll genug, um wenigstens eine Erkrankungsrate von unter 10% zuerreichen- sollten Kinder, ähnlich wie bei der saisonalen Influenza, eine wichtige Rolle bei derVerbreitung spielen, wären sowohl Schulschließungen als auch die bevorzugteImpfung von Kindern wirkungsvoll, aber nicht synergistisch.- Unter der Annahme, dass eine einmalige Impfung halb so gut schützt wie einezweimalige, würde bei begrenzten Impfstoffdosen eine zweimalige Impfung einerbegrenzten Anzahl von N Personen einen geringeren Effekt haben als eineeinmalige Impfung von 2N Personen.Welche Mengen an antiviralen Arzneimitteln in den letzten Pandemien des 20.Jahrhunderts notwendig gewesen wären, wurde von Gani et al. untersucht [14]. DieModellierung ergab, dass in diesen drei Pandemien, unter Annahme einer Page 30 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200727anhaltenden Sensitivität der Viren und ohne Fehlverwendung der Arzneimittel,Vorräte für die Behandlung von 20%-25% der Bevölkerung ausreichend gewesenwären, um alle Erkrankten zu behandeln. Bei weniger antiviralen Mitteln ergibt sichaus den Modellrechnungen, dass ein gezielter Einsatz bei den Risikogruppen zurstärksten Reduzierung pandemiebedingter Krankenhauseinweisungen geführt hätte,ähnlich erfolgreich wäre aber eine Strategie gewesen, bei der Kinder und die ältereBevölkerung bevorzugt behandelt worden wären. Wenn alle erkrankten Personenbehandelt werden, ergibt sich ein zusätzlicher Effekt auf die Reduktion derÜbertragung.Bei all diesen Berechnungen in der Literatur ist zu beachten, dass sie sich nicht aufdie spezifische Situation in Deutschland beziehen, da jeweils andere Bevölkerungs-strukturen, soziale Gegebenheiten und räumliche Strukturen vorliegen. Daneben wirdin den Veröffentlichungen betont, dass die Berechnungsergebnisse auf Schätzungenvon Parametern und Annahmen zu Pandemie beruhen. Diese können von einer realauftretenden Pandemie erheblich abweichen, so dass es zu anderen Berechnungenund veränderten Ergebnisse kommen könnte [14; 21; 23;25].2.8 Epidemiologisch wichtige Parameter, die zu Beginn einer Pandemieerhoben werden müssenWo auch immer ein pandemischer Subtyp zuerst auftritt, und dies könnte theoretischauch in Deutschland der Fall sein, müssen eine Reihe von Parametern erarbeitetwerden, die für das Verständnis der Epidemiologie und die Durchführung vonEchtzeit-Modellierungen notwendig sind. Die entsprechenden epidemiologischenUntersuchungen der ersten Fälle würden in Deutschland von den entsprechendenStrukturen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) auf Länderebene mitUnterstützung des RKI sowie in Kooperation mit der EU und der WHO durchgeführtwerden. Auch in anderen Ländern ist davon auszugehen, dass die WHO sowohl beider Informationsgewinnung als auch -verteilung eine zentrale Rolle einnehmen wird.Die von der WHO vorgegebene Falldefinition soll für die Situation in Deutschlandangenommen und verwendet werden.Bekannte Eckdaten aus der saisonalen Influenza können nicht ohne Überprüfung alsidentisch angenommen werden, d.h. prinzipiell ist der neue Subtyp wie ein neuartigerErreger zu behandeln. In Tabelle 2 sind eine Reihe der auch für Modellierungenrelevanten Parameter aufgezählt sowie mögliche Studienansätze genannt, die zuihrer Erarbeitung beitragen könnten.Zum Beispiel könnte die Inkubationszeit abgeschätzt werden, indem man das Page 31 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200728Zeitintervall von Exposition bis Erkrankung von möglichst vielen Patienten bestimmt,die genau eine definierte bzw. klar umgrenzte Exposition hatten. Die sekundäreErkrankungsrate in Familien könnte dazu beitragen, die basale Reproduktionsrate zuberechnen. Diese Informationen ergeben sich jedoch nicht aus derRoutinesurveillance, sondern müssen in speziellen Studien bestimmt und dannmöglichst rasch veröffentlicht werden. Im Rahmen des vom Bund gefördertenForschungs-Sofortprogramms Influenza (FSI) entwickelt das RKI entsprechendeStudienprotokolle, die auch schon im Ablauf eingeübt werden sollen. Geplant sindkombinierte epidemiologisch-mikrobiologische Studien u.a. zur sekundärenErkrankungsrate, der Inkubations- bzw. Latenzzeit, dem Beginn und der Dauer desviralen Shedding sowie der Bestimmung des Manifestationsindex.Tab. 2:Zu erfassende Parameter zu Beginn einer Pandemiewelle und möglicheStudienansätzeParameterMögliche StudieInkubationszeitUntersuchung von Patienten mit einer oder einer möglichstklar definierbaren ExpositionSymptomatikDeskriptive Epidemiologie Erkrankter außerhalb desKrankenhauses / im KrankenhausLetalität (Anteil der Erkrankten, dieversterben)Deskriptive Epidemiologie, Survival Analysis (´Überlebens-analyse`)Anteil der Exponierten, die sichinfizieren / sekundäreErkrankungsrateSerologische / epidemiologische Studien im Umfeld vonPatienten bzw. in definierten Situationen, z. B. Flugzeug,Familien, Arztpraxis, SchulklasseManifestationsindex (Anteil derInfizierten, die erkranken)Stichprobe oder Kohorte exponierter Personen;serologischer Infektionsnachweis und klinischeInformationenAnteil der Erkrankten, die den Arztaufsuchenz. B. Verfolgung einer Kohorte; TelefonsurveyAnteil der Erkrankten, die einePneumonie entwickelnz. B. Verfolgung einer Kohorte oder einer Anzahl Erkrankter,z. B. über ein Ärztesentinel Page 32 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200729ParameterMögliche StudieAnteil der Erkrankten, die insKrankenhaus eingewiesen werdenz. B. separate Erhebung der pandemiebedingtenKrankenhauseinweisungen und der Erkrankten; Verfolgungeiner KohorteRisikofaktoren für Pneumonie,Krankenhauseinweisung, Todz. B. FallkontrollstudieInfektiöses Potential des Virus(Basisreproduktionszahl R0)z. B. sekundäre Infektionsrate in verschiedenen Situationen,z. B. in der Familie und im Krankenhaus, evtl. stratifiziert inAbhängigkeit vom Erkrankungstag des ´Exponierenden`Beginn, Dauer und Ausmaß derviralen Ausscheidungz. B. Probenahme von Rachen, Stuhl, Konjunktivalflüssig-keit und quantitative BestimmungAuftreten von präsymptomatischenInfektionenz. B. Rachenabstriche und virologische Analyse anErkrankten, ihren Kontaktpersonen und derenKontaktpersonen (Exponierten)Mittlere Erkrankungsdauer /Aufenthaltsdauer im KrankenhausKohortenverfolgungKomplikationsraten beiRisikogruppen:- ältere Bevölkerung- chronische Vorerkrankung- Kleinkinder, Kinder- Schwangere(1) Surveillancedaten(2) Todesursachenstatistik(3) Verfolgung von Kohorten(4) Spezielle Studien, z. B. in pädiatrischen Kliniken,Altenheimen, etc.Effektivität antiviraler Medikamentebei prophylaktischer bzw.therapeutischer Verordnungz. B. Fallkontrollstudien, retrospektive KohortenstudieEffektivität eines ImpfstoffsAusschluss einer bioterroristischenUrsachez. B. Fallkontrollstudie, pro- oder retrospektiveKohortenstudie in Altenheim, Schulklasse o.ä.Ausbruchsuntersuchung mit deskriptiver und analytischerEpidemiologie; evtl. Verzahnung mit polizeidienstlichen Page 33 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200730ParameterMögliche StudieKräften2.9 Literatur[1] SaisonberichtederArbeitsgemeinschaftInfluenza;Berlin.Verfügbarunter:www.influenza.rki.de/agi.[2] Zucs P, Buchholz U, Haas W, Uphoff H. Influenza associated excess mortality inGermany, 1985-2001. Emerg Themes Epidemiol 2005;2:7.[3] Glezen PW: Emerging infections: pandemic influenza. Epidemiologic Reviews1996;18(1):64-76.[4] Thompson WW, Shay DK, Weintraub E, Brammer L, Cox N, Anderson LJ, Fukuda K.Mortality associated with influenza and respiratory syncytial virus in the United States.JAMA 2003289(2):179-86.[5] Thompson WW, Shay DK, Weintraub E, Brammer L, Bridges CB, Cox NJ, Fukuda K.Influenza-associated hospitalizations in the United States. 2004;15;292(11):1333-40.[6] Uphoff H., Stilianakis N. Zur Rolle von Kindern bei der Ausbreitung von Influenza. 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DasRisiko menschlicherInfektionenwirdniedrigeingestuft.DieVorbereitungenaufeineInfluenza-Pandemie sollten global, regional, national undaufsubnationalerEbenevorangetriebenwerden.Phase 2Kein Nachweis neuer Influenza-Subtypen beiMenschen. Zirkulierende Influenzaviren bei Tierenstellen ein erhebliches Risiko für Erkrankungenbeim Menschen dar.Das Risiko einer Übertragung auf Menschensollteminimiertwerden;möglicheÜbertragungen sollten schnell aufgedeckt undgemeldet werden.Pandemische WarnphaseZiel in der Pandemiestrategie:Phase 3Menschliche Infektion(en) mit einem neuen Subtyp,aber keine Ausbreitung von Mensch zu Menschoder nur in extrem seltenen Fällen bei engem Kon-takt.Eine schnelle Charakterisierung neuer Virus-Subtypen wie auch der frühe Nachweis, dieMeldung und Reaktion auf weitere Fälle solltensichergestellt sein.Phase 4Kleine(s) Cluster mit begrenzter Übertragung vonMensch zu Mensch. Die räumliche Ausbreitung istnochsehrbegrenzt,sodassvoneinerunvollständigen Anpassung des Virus an denMenschen ausgegangen werden kann.Das neue Virus sollte innerhalb eines um-schriebenen Herdes eingedämmt oder seineAusbreitung sollte verzögert werden, um Zeitfür vorbereitende Maßnahmen einschließlichder Entwicklung von Impfstoffen zu gewinnen.Phase 5Große(s) Cluster, die Ausbreitung von Mensch zuMensch ist jedoch weiter lokalisiert; es muss davonausgegangen werden, dass das Virus besser anDie Bemühungen, die Verbreitung des Viruseinzudämmen oder zu verlangsamen solltenmaximiertwerden,umeinePandemie Page 37 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200734den Menschen angepasst ist, (möglicherweise)jedoch nicht optimal übertragbar ist (erheblichesRisiko einer Pandemie)möglichst zu verhindern bzw. um Zeit fürvorbereitende Maßnahmen zu gewinnenPandemieZiel in der Pandemiestrategie:Phase 6Zunehmende und anhaltende Übertragung in derAllgemeinbevölkerung.In Phase 6 wird weiter unterschieden, ob1) ein Land noch nicht betroffen ist,2) ein Land betroffen ist oder enge Handels- oderReisebeziehungen mit einem betroffenen Landhat,3) die Aktivität zurückgegangen ist, oder es sich um4) eine zweite Pandemiewelle handelt.Minimierung der Auswirkungen der Pandemie.Postpandemische PhaseEntspricht der interpandemischen PhaseQuelle: ´WHO global influenza preparedness plan. The Role of WHO and recommenddations fornational measures before and during pandemics`. WHO 2005.Erläuterungen:Die Unterscheidung zwischen Phase 1 und Phase 2 basiert auf dem Risikomenschlicher Infektionen oder Erkrankungen durch beim Tier zirkulierende Sub-typen/Stämme. Verschiedene Faktoren und deren relative Bedeutung gehen ent-sprechend dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand in die Unterscheidung ein. Dieskann folgende Faktoren umfassen: Die Pathogenität beim Tier und beim Menschen;das Auftreten bei Haus- oder Nutztieren oder nur bei Wildtieren; ob das Virusenzoonotisch oder epizoonotisch, lokalisiert oder weit verbreitet auftritt;Informationen aus der Analyse des viralen Genoms und/oder weitere wissen-schaftliche Informationen.Die Unterscheidung zwischen Phase 3, Phase 4 und Phase 5 basiert auf derEinschätzung des Pandemierisikos. Verschiedene Faktoren und ihre relativeBedeutung entsprechend des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes können hierbeiberücksichtigt werden. Dies kann folgende Faktoren umfassen: Übertragungsrate;geographische Lokalisation und Ausbreitung; Schwere der Erkrankungen; derNachweis von Genen humaner Subtypen/Stämme (wenn das Virus von einemaviären Stamm stammt); andere Informationen aus der Analyse des viralen Genomsund/oder weitere wissenschaftliche Informationen. Page 38 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007354 Rechtliche GrundlagenDie wichtigsten Instrumente für die Verhütung und Bekämpfung von übertragbarenKrankheiten enthält das Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung vonInfektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) vom 20. Juli2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. Oktober 2006(BGBl. I S. 2407, http://bundesrecht.juris.de/ifsg/index.html). Das Gesetz wird vonden zuständigen Behörden der Bundesländer gemäß Artikel 83 des Grundgesetzes"als eigene Angelegenheit" ausgeführt.Die §§ 6 ff IfSG regeln das Meldewesen. § 7 Abs. 1 Nr. 24 IfSG enthält eineMeldepflicht für Labore: Danach ist der direkte Nachweis von Influenzavirennamentlich zu melden, soweit der Nachweis auf eine akute Infektion hinweist. Einesog. Arztmeldepflicht für den Krankheitsverdacht, die Erkrankung oder den Tod anInfluenza enthält das IfSG hingegen nicht. Auch der Auffangtatbestand des § 6 Abs.1 Satz 1 Nr. 5 IfSG greift beim Auftreten von Influenza-Erkrankungen nicht ein. DasBundesministerium für Gesundheit kann die Meldepflicht jedoch auf der Grundlagevon § 15 IfSG durch Rechtsverordnung anpassen. Es hat entsprechende Rechts-verordnungen vorbereitet, die die Meldepflicht an die Erfordernisse der jeweiligenepidemischen Lage anpassen werden. Die als "Schubladenverordnungen"vorbereiteten Verordnungsentwürfe sollen die (Arzt-)Meldepflicht im Hinblick aufSensitivität und Spezifität des Meldetatbestandes und den Umfang der Meldedatenso ausgestalten, dass die Meldungen in jeder WHO-Phase dem Informationsbedarfund den Kapazitäten des öffentlichen Gesundheitsdienstes entsprechen. Über denErlass der einzelnen "Schubladenverordnungen" wird das Bundesministerium fürGesundheit nach aktueller fachlicher Einschätzung der jeweiligen epidemischenLage entscheiden. Bereits für die WHO-Phase 3 kommt der Erlass einer Verordnungin Betracht, die die Meldepflicht auf Fälle des Krankheitsverdachts, der Erkrankungsowie des Todes eines Menschen an aviärer Influenza erweitert. Eine entsprechendeVerordnung wurde zwischen Bund und Ländern abgestimmt.Die Übermittlung der von den Gesundheitsämtern ausgewerteten Meldungen an diezuständigen Landesbehörden und von dort an das Robert Koch-Institut regelt § 11IfSG. Über das IfSG-Meldewesen hinaus besteht eine Verwaltungsvorschrift, die diegegenseitige Information von Bund und Ländern regelt. Die "AllgemeineVerwaltungsvorschrift für ein Bund-Länder-Informationsverfahren in epidemischbedeutsamen Fällen nach § 5 des Infektionsschutzgesetzes" erstreckt sich auch aufInformationen zu Umständen und Hintergründen einer Seuchengefahr und wird Page 39 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200736insbesondere auch bei einer Influenzapandemie zur Anwendung kommen(Verwaltungsvorschrift IfSG-Informationsverfahren - IfSGInfo-VwV) vom 25. April2002 (BAnz. Nr. 89 S. 10551,http://www.bmg.bund.de/cln_041/nn_603208/SharedDocs/Gesetzestexte/Pr_C3_A4vention/vwv-Ifsg,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/vwv-Ifsg.pdf) .Das IfSG regelt ferner die Befugnisse der zuständigen Behörden bei präventivenMaßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten, bei Untersuchungen und zurBekämpfung von übertragbaren Krankheiten:§ 16 IfSG enthält eine Generalklausel für (präventive) Maßnahmen der zuständigenBehörden der Länder zur Abwendung der dem Einzelnen oder der Allgemeinheitdrohenden Gefahren.§ 25 IfSG regelt die Durchführung von Ermittlungen, die die Gesundheitsämter überdie Art und Ursache des Krankheitsgeschehens, über die Ansteckungsquelle sowieüber die Ausbreitung der Krankheit anstellen (gezielte Fallsuche, Feststellung derprimär Exponierten, Feststellung der Kontaktpersonen zu bekanntem Indexfall, ggf.Feststellung des künftigen Aufenthaltsortes und weiterer Reisewege).Die Gesundheitsämter können für die erforderlichen Ermittlungen unter anderem" Grundstücke, Räume, Anlagen und Einrichtungen sowie Verkehrsmittel allerArt betreten, Bücher oder sonstige Unterlagen einsehen," von Personen die erforderlichen Auskünfte verlangen," Personen, die krank, krankheitsverdächtig, ansteckungsverdächtig oder Aus-scheider sind, vorladen, untersuchen und Untersuchungsmaterial entnehmen.Wenn Kranke, Krankheitsverdächtige oder Ansteckungsverdächtige im Sinne (§ 2IfSG) festgestellt werden, so trifft die zuständige Behörde auf der Grundlage von §§28 ff IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung derKrankheit. Sie kann dabei insbesondere" Quarantäne (Absonderung) oder Beobachtung anordnen für Personen, diekrank, krankheitsverdächtig, ansteckungsverdächtig oder Ausscheider sind," Veranstaltungen oder Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschenbeschränken oder verbieten," Badeanstalten oder in § 33 IfSG genannte Gemeinschaftseinrichtungen (z.B.Schulen, Kindergärten) schließen," Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen Page 40 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200737oder bestimmte Orte nicht zu betreten.Eine Heilbehandlung darf nicht angeordnet werden.Nach § 20 Abs. 4 IfSG kann das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechts-verordnung bestimmen, dass die Kosten für bestimmte Schutzimpfungen beigesetzlich Krankenversicherten von den Trägern der Krankenversicherung getragenwerden. Das Bundesministerium für Gesundheit hat den Erlass einer solchenVerordnung im Pandemiefall vorbereitet.Auf der Grundlage von § 20 Abs. 5 IfSG können die Gesundheitsämter unentgeltlichSchutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe gegenbestimmte übertragbare Krankheiten anbieten und durchführen, wenn die oberstenLandesgesundheitsbehörden dies vorsehen.Die Weltgesundheitsversammlung hat am 23. Mai 2005 revidierte InternationaleGesundheitsvorschriften (IGV; International Health Regulations –IHR) beschlossen(http://www.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHA58/WHA58_3-en.pdf). Die IGV habenden Zweck, die grenzüberschreitende Ausbreitung von Krankheiten zu verhüten undzu bekämpfen und dabei unnötige Beeinträchtigungen des internationalen Verkehrsund des Handels zu vermeiden. Die revidierten IGV sollen in Deutschland planmäßigam 15. Juni 2007 in Kraft treten; dazu bedarf es noch eines Gesetzes des DeutschenBundestages, mit dem der völkerrechtliche Vertrag in nationales Recht umgesetztwird. In Bezug auf die Influenza werden Teile der revidierten IGV von derBundesrepublik Deutschland und allen EU-Mitgliedstaaten jedoch schon heuteangewendet. Die Staaten folgen damit auf freiwilliger Basis einem Beschluss derWeltgesundheitsversammlung vom 26. Mai 2006(http://www.who.int/gb/ebwha/pdf_files/WHA59/WHA59_2-en.pdf).Die IGV enthalten u.a. Bestimmungen über ein bei der Weltgesundheitsorganisation(WHO) zusammengeführtes internationales Meldesystem. Zu den an die WHO zumeldenden Ereignissen gehören nach Anlage 2 der IGV immer auch alle Fälle vonhumaner Influenza, verursacht durch einen neuen Subtyp des Virus. Auf derGrundlagederInformationenausdenWHO-MitgliedstaatentrifftdieGeneraldirektorin/der Generaldirektor der WHO nach Beratungen ggf. eineFeststellung über das Vorliegen einer "gesundheitlichen Notlage von internationalerTragweite". Er kann zeitlich befristete, für die Mitgliedstaaten nicht verbindlicheEmpfehlungen geben, welche Gesundheitsmaßnahmen getroffen werden sollen, umdie grenzüberschreitende Ausbreitung der Krankheit zu verhindern oder zuverringern. Dieser Mechanismus würde auch im Falle einer Influenzapandemie zurAnwendung kommen. Page 41 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200738Die IGV enthalten ferner Bestimmungen darüber, welche Gesundheitsmaßnahmenim internationalen Reiseverkehr und Handel gegenüber Reisenden bei Ankunft undAbreise und in Bezug auf Gepäck- und Frachtstücke, Güter, Container,Beförderungsmittel (Schiffe, Luftfahrzeuge, Landfahrzeuge) zulässig sind und welcheKapazitäten die Mitgliedstaaten zum Gesundheitsschutz an Grenzübergangsstellen,Häfen und Flughäfen zu schaffen und zu unterhalten haben.Von Belang sind ferner nationale und europäische Regelungen, die die Einreise undden Aufenthalt im Inland regeln. Zu beachten ist dabei aber, dass die Rechtslagez.B. in Bezug auf die Einreise sehr differenziert ist (z.B. differenziert nach denEinreisewilligen: Freizügigkeitsberechtigte nach EU-Recht, Drittstaatsangehörige,Diplomaten, Asylbewerber usw.) und auf Einzelfallentscheidungen ausgerichtet ist.Deutschen Staatsangehörigen kann auf der Grundlage dieser Vorschriften in keinemFall die Einreise verwehrt werden, selbst wenn eine festgestellte Erkrankung oder einKrankheits- oder Ansteckungsverdacht vorliegt. Das Einreise- und Aufenthaltsrechtbietet somit nur ein sehr bedingt geeignetes Instrumentarium, wenn es darum geht,antiepidemische Maßnahmen an der Grenze zu treffen. Als Maßnahmen zumGesundheitsschutz gegenüber einreisenden Personen kommen daher vorrangigwiederum die o.g. Maßnahmen auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes inBetracht.Regelungen zu den im Rahmen einer Influenzapandemie relevanten Aspekten findensich ferner im Gesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) und inder Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung -ApoBetrO)." Page 42 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007395 SurveillanceWährend den Bundesländern und Kommunen in der regionalen bzw. örtlichenPandemieplanung, der Bevorratung von antiviralen Arzneimitteln und derImpfstoffversorgung die Hauptverantwortung zufällt, obliegt dem Bund entsprechenddem Infektionsschutzgesetz (IfSG) die bundesweite epidemiologische Überwachungvon Infektionskrankheiten. Während einer Pandemie ist, wie auch in derinterpandemischen Phase, bezüglich der Surveillance ein funktionierendesZusammenspiel von Bund, Ländern und Kommunen, aber auch mit denNachbarstaaten der Europäischen Union sowie der WHO notwendig, um einenoptimalen und für alle Ebenen nutzbringenden Informationsgewinn zu erreichen.Idealerweise sollten die während einer Pandemie zu verwendenden Surveillance-elemente bereits im Vorfeld etabliert und getestet werden, da nur robuste Systemeauch unter Extrembedingungen funktionieren und interpretierbar bleiben. DieSurveillance- und Informationselemente verfolgen folgende Ziele:(a) Einschätzung der epidemiologischen und operationalen Gesamtlage auf derGrundlage bundesweit einheitlich erhobener bzw. ausgewerteter Daten,(b) Gewährleistung der Auskunftspflicht gegenüber europäischen Behörden (EU,ECDC) und der WHO (z.B. im Rahmen der Internationalen Gesundheit-svorschriften),(c) Zeitnahe Information der Bevölkerung, der Medien, der Fachöffentlichkeit unddes öffentlichen Gesundheitsdienstes,(d) Ermöglichung abgestimmter Empfehlungen durch nationale, länderspezifischeundkommunaleKrisenstäbezurErgreifungseuchenhygienischerMaßnahmen auf der Basis von national zusammengeführten Daten mitgrößtmöglichem regionalen Auflösungsgrad.Das aktualisierte Kapitel zur ´Surveillance` basiert auf der Arbeit der Unter-arbeitsgruppe ´Surveillance` der Expertengruppe Pandemieplanung, bei dem alleBundesländer zur Mitarbeit eingeladen waren, vierzehn Bundesländer nahmen anden Treffen der Arbeitsgruppe teil.Im Konzeptteil werden die Surveillanceelemente genannt, die z.T. auf schonBestehendem aufbauen oder neu erarbeitet und etabliert werden müssen. RKI undLänder haben sich dabei bezüglich ihrer Rolle in der Koordination bzw. Kooperationin den einzelnen Projekten verständigt und werden sich weiter 1-2 mal jährlich über Page 43 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200740die Fortschritte auf dem Laufenden halten. Die aus den Surveillanceelementenhervorgehenden Daten und Ergebnisse sollen Bund und Ländern in gleicher Weisezur Verfügung stehen.Ein grundsätzliches Problem bei den Überlegungen zu einigen Surveillance-elementen stellt eine mögliche Umorganisation der ambulanten und stationärenKrankenversorgung während einer Pandemie dar, die in den Pandemiepläneneiniger Bundesländer vorgesehen ist. So könnte die Belastung in der ambulantenund/oder stationären Versorgung durch spezielle Maßnahmen, wie z.B. spezielleinzurichtende Notfallambulanzen, ARE-Schwerpunktpraxen, Einrichtung vonSondersprechstunden, Erhöhung der Versorgungskapazität in Altenheimenaufgefangen werden. Diese vielleicht z.T. auch ungelenkten Maßnahmen undVeränderungen können einerseits die Erfassung der Erkrankungslast in derBevölkerung über die geplanten Instrumente beeinflussen und andererseits aberauch einen erhöhten Informationsbedarf zur optimalen Steuerung erfordern. Dahermüssen diese Gegebenheiten auch bei den Planungen für die Surveillance imVorfeld berücksichtigt werden.5.1 Status5.1.1 Aktuell bestehende bundesweite SurveillancesystemeDie interpandemische Influenza-Surveillance erfolgt in Deutschland seit 2001 unterwissenschaftlicher Federführung des RKI (http://influenza.rki.de/agi). In diebundesweite Routinesurveillance sind folgende Elemente integriert:1. Syndromische Surveillance; Daten von ärztlich behandelten akutenrespiratorischen Erkrankungen (ARE); Sentinelsurveillance in primärver-sorgenden Praxen durch das Netzwerk der Arbeitsgemeinschaft Influenza(AGI).2. Virologische Surveillance durch das NRZ für Influenza. Im Rahmen der AGIwerden Nasen- und Rachenabstriche untersucht, die von Sentinelärzteneingeschickt werden. Diese Basissurveillance wird erweitert durch eineumfassende molekulare und antigene Charakterisierung der identifiziertenViren, die sowohl innerhalb als auch außerhalb des AGI-Sentinels isoliertwerden,3. Meldedaten von Influenza-Nachweisen nach dem Infektionsschutzgesetz(IfSG). Page 44 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200741Das Surveillancesystem der AGI wird außer vom RKI von vier pharmazeutischenUnternehmen unterstützt, die Influenza-Impfstoffe herstellen. Es wird vom RKI, demNRZ für Influenza und dem Deutschen Grünen Kreuz (DGK) durchgeführt. SowohlKonzept als auch Umfang der Routinesurveillance entsprechen europäischenStandards, das RKI nimmt am European Influenza Surveillance Scheme (EISS) teil.5.1.1.1 Syndromische SurveillanceDie syndromische Influenza-Surveillance der AGI basiert auf der freiwilligen,unentgeltlichen Mitarbeit von ca. 1000 primärversorgenden allgemeinmedizinischen,pädiatrischen und internistischen Praxen. Diese Zahl entspricht etwa 1,5% dergesamten primärversorgenden Praxen Deutschlands. Die teilnehmenden Praxenentsprechen in ihrer Häufigkeitsverteilung der in Deutschland bestehenden bundes-landspezifischen Situation niedergelassener Praxen. Die Repräsentativität derPraxen wird bezüglich der Bevölkerungsdichte und Fläche vor und während der Sai-son kontrolliert und ggf. korrigiert. Die Surveillance erfolgt wöchentlich undganzjährig, im Sommer mit einer reduzierten Anzahl von Praxen. Diese registrierengemäß einer Falldefinition ´akute respiratorische Erkrankungen` (ARE) sowie mitARE in Zusammenhang stehende Arbeitsunfähigkeiten, Hospitalisierungen undTodesfälle, die seit der Saison 2005/06 in sieben Altersgruppen (0 bis <2, 2-4, 5-14,15-34, 35-49, 50-59, >=60) unterteilt werden. Als Bezugspunkt wird die gesamte Zahlaller Praxiskontakte, unabhängig von der Diagnose, erfasst, in den meisten Praxenüber in den Untersuchungsräumen ausliegende Strichlisten. Die Meldungen werdenvon den Praxen per Fax, Post oder Internet an die primäre Auswertungsstelle (DGK)gesendet, dort eingegeben, ausgewertet und dann dem RKI zur Verfügung gestellt.Im System der AGI wird Deutschland in 12 Regionen unterteilt, die denBundesländern entsprechen, mit der Ausnahme, dass die 3 Stadtstaaten und dasSaarland den sie umgebenden bzw. angrenzenden Bundesländern zugeordnet sind.Die bisherige Datendichte erlaubt nicht, dass die Auswertungen auf kleineregeografische Einheiten heruntergebrochen werden können. Für weitere Einzelheiten:siehe www.influenza.rki.de.Dieses System erfasst die zeitliche und räumliche Dimension der Influenza-(Erkrankungs-)Aktivität und kann z.B. als über das Normale hinausgehende (Ex-zess-) Inzidenz der Konsultationen infolge ARE angegeben werden (Krankheitslast).Die Berechnung der Krankheitslast wird routinemäßig nur von wenigen europäischenLändern durchgeführt. Die Intensität der Influenzawelle kann im Vergleich zuzurückliegenden Erfahrungswerten eingeschätzt werden. Bei schweren Influenza-wellen oder gar -epidemien kann die Funktionsfähigkeit des Systems jedoch Page 45 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200742beeinträchtigt werden, wenn die zusätzliche, meist papiergestützte Registrierung vonKrankheitsfällen von vielen Ärzten nicht mehr geleistet werden kann.Die über das Sentinel registrierten Krankenhauseinweisungen aufgrund von AREsind relativ seltene Ereignisse und damit anfällig für Registrierungs- undÜbertragungsfehler. Dennoch kann über den Exzess der ARE-bedingten Hospitali-sierungen die Krankheitslast einer Welle bezüglich schwerer Verläufe grob abge-schätzt werden. Da ein unbekannter Teil der Krankenhauseinweisungen direkt erfolgtund nicht von den Praxen angeordnet und registriert wird, ist die Anzahl der über dasSystem geschätzten Krankenhauseinweisungen vermutlich geringfügig zu klein.Dieser Anteil könnte in einer Pandemie deutlich höher sein und wird eine verlässlicheEinschätzung des Risikos aus den Sentineldaten erschweren.Die im Sentinel dokumentierten und mit ARE in Zusammenhang stehendenTodesfälle sind interpandemisch nur in sehr begrenztem Maße verwertbar und gehende facto nicht wesentlich über eine qualitative Bewertung hinaus. Hochrechnungen,z.B. bezüglich der Exzess-Mortalität erlauben diese Daten nicht.Ganzjährige SentinelsurveillanceEine Influenzapandemie kann, anders als die saisonale Influenza, zu jeder Jahreszeitauftreten. Um aus dem System der AGI heraus eine Schätzung der über dasNormale hinaus gehenden Arztkonsultationen durch ARE durchführen zu können, istauch eine Basiskurve von ARE in den Sommermonaten notwendig. Im Jahr 2006wurde erstmalig eine auch auf die Sommermonate ausgedehnte, ganzjährigeSurveillance von ARE bundesweit durchgeführt.5.1.1.2 Virologische SurveillanceDie virologische Routinesurveillance des NRZ für Influenza (Berlin) basiert auf einerStichprobe von etwa 120 bis 150 Sentinelpraxen der AGI, die zu Saisonbeginn(Kalenderwoche 40) mit Materialien für die Entnahme von Nasen-/Rachenabstrichenausgestattet werden. Bei der Auswahl der Patienten für einen Abstrich orientierensich die Ärzte an einer Falldefinition (sogenannte ´influenza-like illness` (ILI)), diespezifischer als die von ARE ist. Das NRZ bietet aber auch der Ärzteschaft,Krankenhäusern und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst in besonderenSituationen,diagnostischenProblemfällenoderAusbruchsgeschehendieMöglichkeit, Proben untersuchen zu lassen. Darüber hinaus werden in Deutschlandisolierte Influenzaviren von den Laboren an das NRZ geschickt und dort hinsichtlich Page 46 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200743ihres Antigenprofils analysiert. Weiterhin ist das NRZ auch dafür verantwortlich,diagnostische Ringversuche durchzuführen, neue diagnostische Methoden (z.B.Schnelltests)zuevaluierenunddieEntwicklungneuerTests(z.B.Polymerasekettenreaktion (PCR) für bestimmte Subtypen) durchzuführen. DerAufgabenbereich des NRZ umfasst auch die Schulung von Gastwissenschaftlern unddie Durchführung von Workshops zur Etablierung eines diagnostischen Netzwerkes.Beim NRZ kommen moderne Methoden wie die PCR sowie das klassische Verfahrender Virusanzucht routinemäßig zur Anwendung. Die PCR gestattet den sensitivenund spezifischen Nachweis von Influenza A- bzw. B-Viren innerhalb von Stunden.Die antigene Charakterisierung der isolierten Influenzaviren wird mit Hilfespezifischer Immunseren vorgenommen. Weiterhin werden molekularbiologischeMethoden eingesetzt, um die genetische Verwandtschaft der Influenzaviren zuanalysieren. PCR-Assays für den Nachweis von A/H5-, A/H7- und A/H9-Subtypensind bereits etabliert, PCR-Systeme zum Nachweis anderer Subtypen können inrelativ kurzer Zeit etabliert werden. Das Labor verfügt über einen SicherheitsstandardS3.Ein wichtiger Marker in der Routinesurveillance ist die so genannte Positivenrate.Diese ermittelt sich aus dem Anteil der Influenza-positiven Rachenabstriche bezogenauf die Gesamtzahl der Proben, die von den in die virologische Surveillance der AGIintegrierten Sentinelärzten entnommen wurden. Ein sprunghafter Anstieg derPositivenrate ist in der Regel ein erster Hinweis auf eine ansteigende Viruszirkulation(Erkrankungsaktivität), die dann meistens auch in 1 bis 2 Wochen auf Bevölke-rungsebene messbar werden wird.Die zeitnahe antigene und molekularbiologische Charakterisierung isolierter Virendurch das NRZ erlaubt eine Abschätzung der Übereinstimmung zirkulierender Virenmit den im Impfstoff verwendeten Stämmen. Derartige Analysen sind auch imPandemiefall von großer Bedeutung.Einbeziehung von Schnelltesten in die virologische Routinesurveillance der AGINach Durchführung einer Pilotstudie zur Validierung von Schnelltests in der Saison2004/05 komplementiert die AGI inzwischen die virologische Surveillance des NRZdurch den Einsatz von Schnelltesten, die von einem ausgewählten Anteil derSentinelärzte durchgeführt werden. Dadurch kann die räumliche und statistischeAussagekraft verbessert werden.Etablierung einer ganzjährigen Surveillance auf AGI-Basis Page 47 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200744Im Sommer 2006 wurde erstmals eine ganzjährige virologische Surveillance auf AGI-Basis durchgeführt. Alle AGI-Meldeärzte wurden mit einem Minimalset anAbstrichmaterial ausgestattet, um bei Patienten mit ILI-Symptomatik einen Abstrichentnehmen und zur Untersuchung an das NRZ senden zu können. Diese aktiveÜberwachung trägt dazu bei, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, auch außerhalb derWintersaison einen in Deutschland auftretenden Patienten mit potentiellpandemischem Virus zu entdecken.5.1.1.3 Meldedaten nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG)Direkte Influenzavirus-Nachweise müssen namentlich nach dem Infektionsschutz-gesetz (§ 7 Abs. 1 Nr. 24 IfSG) an die örtlichen Gesundheitsämter gemeldet werden.Über die zuständigen Landesbehörden werden die erhobenen Daten an das RKIweitergeleitet. Die übermittelten Informationen umfassen u.a. Daten zu Geschlecht,Alter, Ort, Symptomen und Impfstatus, wodurch sich Hinweise auf die regionaleVerteilung und die Altersverteilung ergeben. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass dieNachweiszahlen stark von der Häufigkeit der Untersuchungen abhängig sind, die proAltersgruppe und geografisch nicht in repräsentativem Maße durchgeführt werden.Die so gewonnenen Daten eignen sich zur Verlaufsbeobachtung der Epidemie, abernicht zur Einschätzung der Krankheitslast.Das Meldesystem erlaubt prinzipiell auch die Meldung und Übermittlung neuerInfluenza-Subtypen, einschließlich von Fällen aviärer Influenza beim Menschen,sofern ein Labornachweis vorliegt. Im Pandemiefall wird das Meldesystem nach IfSGnach gegenwärtigem Stand vor allem in der WHO-Phase 4, 5 und frühen Phase 6eine wichtige Rolle spielen, solange alle Verdachtsfälle noch virologisch abgeklärtwerden können.Bei zunehmender Anzahl der Fälle wird jedoch eine mikrobiologische Sicherung derInfluenzafälle sowohl aus klinischer, als auch epidemiologischer Sicht nicht mehrnötig sein, um einen Influenzafall als solchen erkennen und behandeln zu können, dader klinische Vorhersagewert mit zunehmender Inzidenz ansteigen wird. AggregierteMeldungen, wie sie z.B. im Rahmen eines Sentinels erhoben werden, erlauben dannprinzipiell eine ausreichende Beschreibung der epidemiologischen Situation. Page 48 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007455.2 Konzepte5.2.1 Influenza-MeldepflichtÜber die jetzige im IfSG verankerte (Labor-)Meldepflicht von Influenzavirus-nachweisen hinaus sehen vom BMG geplante Verordnungen auf der Grundlage von§ 15 IfSG eine Erweiterung der (Arzt-)Meldepflicht vor (s. Kap. 4).5.2.2 Stärkung der virologischen SurveillanceIn der Hochphase der Pandemie ist mit einem stark erhöhten Probenaufkommen zurechnen, das nicht allein vom NRZ zu bewältigen sein wird. Der koordinierteEinbezug von Kapazitäten auf Länderebene könnte dazu genutzt werden,Überlastungen zu vermeiden und die Aussagekraft der Daten zu erhöhen.Voraussetzung dafür ist die Ausbildung und nachfolgende Vernetzungentsprechender Fachexpertise.5.2.2.1 Stärkung der Laborexpertise der Länder und Zusammenarbeit von NRZmit den LändernVerstärkung der Laborexpertise auf LänderebeneBereits bei der Planung zur Verstärkung der Laborexpertise ist es vorteilhaft, paralleleine länderübergreifende Netzwerkstruktur (s.u.) zu etablieren. Im Rahmen der NRZ-Aufgaben besteht bereits eine gute Zusammenarbeit mit verschiedenenvirologischen Laboren von Landesgesundheitsämtern und Universitäten. Seitens desNRZ fand bereits Anfang des Jahres 2006 ein Workshop zur Verbesserung derLaborexpertise in den Bundesländern zur H5N1-Diagnostik statt. Die Kooperationunter Nutzung von Synergien kann durch eine systematische Erfassung derKapazität aller Einrichtungen gestärkt werden.Folgende Aspekte sind dabei zu berücksichtigen:" Welche Labore mit welcher Laborkapazität werden einbezogen?" Verantwortliche Kontaktperson der einzelnen Labore" Erfassung der vorhandenen bzw. geplanten Methodik" SchulungderLaborebezüglichbesondererpandemierelevanterAnforderungenBei der Planung der Laborexpertise und -kapazität sind auch Entscheidungs- Page 49 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200746algorithmen für die sich verändernden Anforderungen während einer Pandemie in dieÜberlegungen einzubeziehen: Während es z.B. zu Beginn der Pandemie wichtig ist,viele Einzelfälle zu erfassen und zu analysieren, stehen später repräsentativeStichproben im Vordergrund.Aufbau eines LabornetzwerkesDie Nutzung bereits vorhandener Strukturen ist für den Aufbau eines virologischenNetzwerkes von Vorteil. Dieser besteht in einer höheren Gesamtdatendichte, diedurch die Zusammenführung vergleichbarer Daten eine höhere regionale Auflösungerlauben und den Vorhersagewert für einen sich anbahnenden Morbiditätsanstieg (inder Frühphase einer Influenzasaison bzw. pandemischen Welle) erhöhen würde.Das NRZ hat damit begonnen, ein Labornetzwerk aufzubauen. Integriert werden zuBeginn Länder, bei denen eine entsprechende virologische Kapazität vorhanden ist,diese auch bereits für die regionale Influenzasurveillance eingesetzt wird und die aneiner Kooperation interessiert sind. Schritt für Schritt sollen dann auch alle übrigenBundesländer in dieses Netzwerk eingebunden werden. Im Rahmen des sichaufbauenden Netzwerkes werden Abstimmungen angestrebt, um die Aussagekraftund Repräsentativität insgesamt zu erhöhen, Doppelarbeit zu minimieren,Spezialisierungen zu nutzen sowie eine sinnvolle Aufgabenteilung, einschließlich derAuswahl relevanter Schwerpunkte, sowie eine entsprechende Koordination zuermöglichen. In diesem Rahmen sollen gemeinsam Optimierungsmöglichkeiten, z.B.des Datenaustauschs, der Steuerungsmöglichkeiten, des Probenaufkommens undder Probenahme, der Algorithmen zur Planung und Auswertung etc. eruiert undgenutzt werden. Erste Schritte werden in einem Treffen interessierter Laborediskutiert und gebahnt werden.5.2.2.2 Netzwerk mit pathologischen Instituten zur FrühwarnungUnter Verwendung bestimmter Markerdiagnosen, wie z.B. Pneumonie bei Kindernoder jungen Erwachsenen, könnte durch die Etablierung eines Netzwerk vonpathologischen Instituten zunächst die Sensibilität dieser Berufsgruppe zurTodesursache ´Influenza` gesteigert werden. Zudem könnten Todesfälle aufgrundeiner Infektion mit einem neuen Virussubtyp eventuell besser und früher erkanntwerden. Über die Netzwerkstruktur unter Ansprache der Berufsverbände ist einevorbereitende Schulung der Teilnehmer möglich. Zunächst ist die Durchführungeines Pilotprojekts vorgesehen. Page 50 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007475.2.3 Surveillance ambulanter Arztkonsultationen infolge ARE unter Nutzungder elektronischen PatientendokumentationDer Aufbau eines Systems, bei dem die elektronische Patientendokumentationgenutzt wird, würde den teilnehmenden Ärzten die Arbeit erheblich erleichtern unddamit auch das System gerade während einer Pandemie sehr viel robuster undweniger fehleranfällig machen. Insbesondere die Vermeidung zusätzlicher Re-gistrierungsschritte und die erwartungsgemäß auch unter Belastungssituationenstabile Routinedokumentation werden als Vorteil gesehen. Darüber hinaus wäreninhaltliche Vorgaben (z.B. geänderte Falldefinition, andere Altersgruppen etc.) sehrviel einfacher umzusetzen. Schließlich bietet es auch die Chance, das System fürweitere Infektionskrankheiten oder andere Syndrome zu nutzen.Im Rahmen eines Pilotprojektes wurde 2006 eine Kooperation des RKI mit dem LandHessen begonnen. Über die Integration einer Schnittstelle in die verschiedenenArztpraxissoftwarepakete einer Firmengruppe kann eine Mitarbeit im Sentinel bis zu50% der niedergelassenen Ärzte angeboten werden.Inhaltlich sollen ´rollende` 4-wöchige Perioden pseudonymisierter Patientendaten-sätze erfasst werden, die sowohl in der Erhebungsfrequenz (z.B. täglich oderwöchentlich) als auch hinsichtlich der Auswertemöglichkeiten eine hohe Flexibilitäterlauben. Die Benutzerunterstützung soll durch das RKI bzw. die teilnehmendenLänder geleistet werden.Erste Übersichtsstudien unterstützen die Annahme, dass auch über ICD-basierteErhebungen eine hohe Kompatibilität mit den in der AGI erhobenen Daten erreichtwerden können. Verzahnungsmöglichkeiten mit der AGI werden geprüft werden, umauch hier Synergien, insbesondere durch höhere Datendichte nutzen zu können.Darüber hinaus sollte gewährleistet sein, dass die so abgesetzten Meldungen imRahmen einer möglichen Pandemieverordnung (IMPV, PIMPV) die geplanteMeldepflicht von Verdachtsfällen erfüllt. Solche Softwarelösungen können dazubeitragen, z.B. im Pandemiefall eine Meldung an das Gesundheitsamt zu erleichternund somit die Bindung wertvoller Ressourcen zu vermeiden. Zudem würde eineOptimierung und Standardisierung der Abläufe gefördert. Page 51 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007485.2.4 MortalitätssurveillanceDie Gesamtmortalität oder Erfassung der Todesfälle aufgrund von Influenza oderPneumonie ist gerade während einer Influenzapandemie eine besonders wichtigeKenngröße, da sich voraussichtlich der formale Weg der Meldung und Übermittlungvon Sterbefällen während einer Pandemie nicht ändern wird. Es ist allerdings sehrwohl möglich, dass sich die Art der Patientenversorgung ändern wird, z.B. wennÄrzte spezielle Sprechstunden für Fieberkranke einrichten oder Krankenhäuser -vielleicht lageabhängig - spezielle Funktionen übernehmen werden. Damit ist dieErfassung der (Gesamt-)Mortalität voraussichtlich die einzige Möglichkeit, dieunabhängig von den unterschiedlichen Strukturen im föderalen System die Häufigkeitdes schwersten Verlaufs von Erkrankungen (d.h. eines tödlichen Verlaufs)überwachen kann. Sie ist zusätzlich ein wichtiger Referenzpunkt fürDatenerhebungen, die auf anderen Systemen (wie z.B. Daten aus demKrankenhauswesen) beruhen.Die Gesamtmortalitätssurveillance ermöglicht es, Veränderungen der Sterberaten inden einzelnen Altersgruppen und Regionen zu erkennen. Damit wird z.B.üblicherweise der Exzess an Todesfällen durch Influenzawellen (oder andereeinschneidende Ereignisse, wie z.B. Hitzewellen) abgeschätzt. Es gibt in Deutsch-land momentan keine zeitnahe Surveillance der Gesamtmortalität (über alleTodesursachen). Eine zeitnahe Erfassung ist jedoch entscheidend, um imPandemiefall z.B. die Gefährdung oder Auswirkungen in bestimmten Altersgruppenoder die Exzessmortalität in bestimmten Regionen abzuschätzen. Bislang stehenSterbedaten erst Monate nach dem Todeszeitpunkt auf Landesebene zur Verfügung.Eine Möglichkeit einer zeitnahen Erfassung bestünde in einem beschleunigten Ablaufschon bestehender Prozesse, dafür sind aber nicht nur Verfahrensweisen, sondernauch technische Voraussetzungen (z.B. softwarebasierte Dateneingabe- und -weiter-leitungsregeln) zu schaffen, die der Zustimmung vieler beteiligter Partner, v.a. auchauf Länderebene bedürfen.Eine alternative oder zusätzliche Möglichkeit der Erfassung wäre, Mortalitätsdaten imGesundheitsamt zu erheben. Dies hätte den Vorteil, dass dann auch Todesursachenerfasst werden könnten. Dies wäre z.B. über ein ´Zusatzmodul` von SurvNetdenkbar. Zu klärende Fragen wären, inwieweit die Übermittlung an dasGesundheitsamt beschleunigt werden könnte, inwiefern datenschutzrechtlich eineEingabe einzelner Todesfälle möglich wäre und welche Probleme sich ergäben, Page 52 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200749wenn dieses Modul auch in die verschiedenen in den Gesundheitsämtern genutztenProgramme eingebunden werden sollte. Problematisch wäre, dass die Eingabedieser Daten einen zusätzlichen Arbeitsaufwand für die Gesundheitsämterbedeutete.Bezüglich der Datenvollständigkeit (completeness) sind sowohl ein repräsentativesSentinelsystem als auch eine (Fast-)Totalerfassung der Todesfälle denkbar. Für dieAuswertung müsste zunächst eine noch zu definierende Basislinie zur Berechnungder Erwartungswerte erstellt werden. Die Abweichung der aktuellen Daten von denErwartungswerten wird dann berechnet, interpretiert und für die Abschätzung derExzess-Todesfälle genutzt.Sowohl Hessen als auch das RKI verfolgen Vorarbeiten und Ideen innerhalb einerMachbarkeitstudie. Die Einbeziehung weiterer Bundesländer fände dann statt, wennein stabiles System etabliert werden könnte, das auch in andere Bundesländerausgerollt werden kann.5.2.5 KrankenhaussurveillanceMomentan gibt es in Deutschland kein dem ÖGD zugängliches System für einezeitnahe Erfassung der Aufnahme- oder Entlassungsdiagnosen in Krankenhäusern.Um die Zahl der pandemiebedingten Exzess-Hospitalisierungen größenmäßigabzuschätzen, kann das Sentinel der AGI zwar (über Einweisungsdiagnosen) Datenliefern, wäre aber in einer Pandemiesituation keine optimale Datenquelle. Hier böteeine EDV-gestützte Krankenhaussurveillance einen geeigneteren Ansatz.Die Erfahrungen anderer Länder haben gezeigt, dass es schwierig ist, einflächendeckendes, repräsentatives, robustes und aussagekräftiges System zuetablieren. Die Entwicklung eines Surveillancesystems muss daher zunächst dieprinzipielle Machbarkeit im Sinne einer ´Machbarkeitsstudie` prüfen. Dabei sollenauch erste Erfahrungen aus dem Land Brandenburg einfließen, das in begrenztemRahmen begonnen hat, syndromorientierte Daten zu Einweisungen vonAtemwegserkrankungen zu sammeln.5.2.6 Surveillance in KindergemeinschaftseinrichtungenDa Kinder und Kindertagesstätten (KiTas) eine bedeutsame Rolle bei der Weiter-verbreitung von Infektionskrankheiten, insbesondere auch von Influenza undsonstigen respiratorischen Erkrankungen spielen, wurde die Surveillance in KiTas als Page 53 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200750eine Landesinitiative in Niedersachsen als Frühwarnsystem sowie zur Verlaufs-beobachtung herangezogen. Die Bereitschaft zur Mitarbeit ist in den Landkreisenhoch. Durch eine wöchentliche Abfrage zum ARE-bedingten Krankenstand inausgewählten KiTas können zeitnah und standardisiert nahezu flächendeckendeAussagen über die Ausbreitung von akuten respiratorischen Erkrankungenzusammengetragen werden. Die KiTa-Surveillance wird dadurch ergänzt, dass beiHäufungen respiratorischer Erkrankungen Abstrichproben von betroffenen Kindern,evtl. auch auf mehrere Erreger, virologisch untersucht werden können.Mehrere andere Bundesländer haben sich entschieden, dasselbe oder ein ähnlichesSystem zu etablieren. Dabei werden v.a. die räumliche Auflösung, die Einbindungder Gesundheitsämter, die Einfachheit des Systems und der geringe Aufwand als einVorteil des Systems gesehen. Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass dieErfassung der Morbidität nur in einer Altersgruppe erfolgt, Berechnungen zurKrankheitslast nur unter bestimmten Annahmen abgeschätzt werden könnten, unddas Fernbleiben von Kindern bei Bekanntwerden erster Pandemiefälle in KiTasmöglicherweise aus unterschiedlichen Gründen erfolgt und Interpretationsproblemeim Falle von Schließungen der Einrichtungen aufwerfen könnte. Die gehäuftenSchließungen der KiTas während oder sogar im Vorfeld einer Pandemie muss abernicht nur als Nachteil gesehen werden, da die Schließungshäufigkeit per se bzw. derAnteil der KiTas, die geschlossen sind, dann u.U. auch als Indikator genutzt werdenkönnte. Insgesamt kann das System in der interpandemischen Periode als einInstrument gewertet werden, das andere Surveillancedaten ergänzen kann.Eine Standardisierung, Zusammenführung und Auswertung der Daten aufbundesweiter Ebene wird angestrebt. Das System soll evaluiert werden und es sollgeprüft werden, ob es sich als ergänzendes System in der Pandemie eignen könnte.5.2.7 Monitoring des ReiseverkehrsDer Pandemieplan der WHO aus dem Jahr 2005 empfiehlt keine Durchführung vonallgemeinen Einreisekontrollen bzw. Einreisebeschränkungen von Influenza-Verdachtsfällen. Jedoch wird die Durchführung von Maßnahmen an Bord inter-nationaler Flüge als sinnvoll angesehen. Empfohlen werden:(1)Selbstmeldung von Passagieren mit Influenza-ähnlicher Symptomatik(Phasen 5 und 6),(2)Räumliche Trennung solcher Passagiere von den restlichen Passagieren(Phasen 5 und 6), Page 54 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200751(3)Benachrichtigung der Behörden im angeflogenen Land über die Ankunft einesVerdachtsfalls (Phasen 4 bis 6) und(4)die internationale Kommunikation epidemiologischer Informationen auf derEbene nationaler Behörden (Phasen 5 und 6).Um gegenüber der EU und der WHO im Rahmen der Internationalen Gesund-heitsvorschriften auskunftsfähig zu sein, sieht das RKI eine Notwendigkeit, eineinfaches System zu etablieren, das darüber informiert, ob ein Screening vonausreisenden bzw. einreisenden Passagieren oder eine Verteilung vonInformationsblättern an ausreisende bzw. einreisende Passagiere auf internationalenFlughäfen in Deutschland stattfindet.Beim Monitoring von potentiellen Fällen im Reiseverkehr ist ein einheitliches,abgestimmtes Vorgehen der Fluglinien und Flughäfen notwendig. So sollte im Falleder Benachrichtigung des Flughafens durch einen Piloten über die Ankunft eines anBord befindlichen Influenza-Verdachtsfall ein strukturiertes Vorgehen (z.B. gemäßeiner SOP (Standardarbeitsanweisung)) erfolgen. Es muss gewährleistet sein, dassmeldepflichtige Fälle dem für den Flughafen zuständigen Gesundheitsamt gemeldetwerden. Durch die Zusammenarbeit mit dem medizinischen Dienst des Flughafenswerden die Gesundheitsämter, in die Lage versetzt, unmittelbar Ermittlungen überdie Art, Ursache und Ansteckungsquelle der aufgetretenen Krankheit anzustellen.Bereits erprobte Konzepte könnten als Grundlage für ein einheitliches Vorgehen aufallen Flughäfen dienen. Wichtig ist darüber hinaus die Möglichkeit der raschenEinleitung von Maßnahmen zur Verhütung einer Mensch-zu-Mensch-Übertragungimportierter Fälle.Für die Beratung der Interministeriellen Koordinierungsgruppe werden Informationenzur Anzahl importierter aviärer bzw. pandemischer Fälle in den Phasen 4, 5 und 6essentiell sein, um die epidemiologische Situation in Deutschland einschätzen zukönnen. Die hierfür erforderlichen Meldedaten werden nach dem IfSG und derbeabsichtigten Rechtsverordnungen zur Erweiterung der (Arzt-)Meldepflicht zurVerfügung stehen. Page 55 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007526 ImpfungDie Schutzimpfung gegen Influenza ist die kosteneffektivste und wirksamste Maß-nahme zur Prävention der Erkrankung [1]. Die Ausgangssituation besteht jedochdarin, dass es nach Identifizierung eines pandemischen Virus einer Vorlaufzeitbedarf, bis ein geeignetes Saatvirus gefunden ist, die Zulassung des pandemischenImpfstoffes vorliegt, ausreichende Mengen Impfstoff produziert sind, dieser an dieStellen zur Verabreichung an die Bevölkerung verteilt und ein adäquater Impfschutzaufgebaut ist.Für Impfstoffe, die in bebrüteten Hühnereiern hergestellt werden, beträgt die Vor-laufzeit bis zum Beginn der Impfstoffproduktion, selbst unter optimalen Voraus-setzungen, derzeit mindestens drei Monate [2]. Zur Herstellung von 80 MillionenImpfdosen für die Erstimpfung der deutschen Bevölkerung werden zumindest weitere10 Wochen benötigt (Paul-Ehrlich-Institut (PEI), nicht veröffentlicht). Es mussdeshalb davon ausgegangen werden, dass in diesem Zeitraum, bevor also in derBevölkerung ein ausreichender Impfschutz aufgebaut werden kann, die erstepandemische Welle bereits ihren Höhepunkt erreicht bzw. überschritten hat. Nur imgünstigsten Fall besteht bis zum Beginn der pandemischen Welle eine gewisse´Vorwarnzeit` von etwa fünf Monaten, wie es z. B. 1957 der Fall war [3].Für Influenza-Impfstoffe, die in Gewebekultur hergestellt werden, verkürzt sich dieVorlaufzeit um etwa zwei Monate, wenn die genehmigten Sicherheitseinrichtungender Produktionsstätte den direkten Einsatz des unveränderten pandemischen Virus,also ohne vorherige Attenuierungsmaßnahmen, erlauben. Eine solche Herstellungs-stätte wird in Deutschland vermutlich Mitte 2007 ihren Betrieb zur Herstellung sai-sonaler (interpandemischer) Influenza-Impfstoffe aufnehmen. Nach derzeitigemKenntnisstand unterliegt die Vermehrung von Influenzaviren in Gewebekultur gerin-geren Schwankungen in der Ausbeute, als dies bei Bruteiern der Fall ist (PEI, nichtveröffentlicht).Aus all diesen Gegebenheiten ergeben sich die folgenden Konsequenzen:1. Ein für das Pandemievirus spezifischer Impfstoff wird mit großer Wahrschein-lichkeit vor dem Beginn der ersten Welle nicht zur Verfügung stehen.2. Alle vorhersehbaren Vorbereitungsmaßnahmen zur Impfstoffproduktion (herstel-lungstechnisch, vertraglich und regulatorisch) sollten bereits im Vorfeld einerPandemie weitestgehend abgeschlossen sein, um die möglichst frühzeitigeVersorgung der Bevölkerung (möglichst vor Beginn einer möglichen zweitenWelle) mit einem wirksamen und sicheren pandemischen Impfstoff sicherstellen Page 56 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200753zu können.3. Für den Zeitraum bis zu dem Zeitpunkt, von dem an eine Impfung möglich istbzw. ein Impfschutz aufgebaut werden kann, müssen alternative Schutz-maßnahmen in Betracht gezogen werden, um die Dynamik der ersten Influenza-welle zu bremsen.4. Da wahrscheinlich nicht sofort ausreichend Impfstoff für die gesamte Bevölkerungzur Verfügung stehen wird, sollten rechtzeitig Überlegungen zur Reihenfolge derzu impfenden Bevölkerungsgruppen erfolgen, die bei Eintreten der Pandemiegegebenenfalls aktualisiert werden müssen. Auch in dieser Situation ist eineKombination mit anderen Schutzmaßnahmen erforderlich.Punkt 3 wird unter den Kapiteln ´Medizinische Vorbereitung, Schutzmaßnahmen undFolgenabschätzung`, ´Strategien stationärer Krankenversorgung`, ´Surveillance` und´Antivirale Arzneimittel` abgehandelt. Unter dem Abschnitt ´Impfung` sollen dieAspekte behandelt werden, die relevant dafür sind, dass mit einer möglichst kurzenVorlaufzeit ein effektiver und sicherer Impfstoff unter den Bedingungen einerPandemie der gesamten Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden kann.6.1 Status6.1.1 DurchimpfungsgradDie saisonale Impfung wird international insbesondere den bekannten Risikogruppenempfohlen. In Deutschland sind dies entsprechend den Empfehlungen der StändigenImpfkommission (STIKO) alle Menschen über 60 Jahre sowie Menschen allerAltersgruppen, die unter Grunderkrankungen leiden, die das Risiko eines schwerenVerlaufs einer Influenza und von Komplikationen erhöhen (u.a. Stoffwechsel-krankheiten, Immundefekte, chronische Erkrankungen der Atemwege und des Herz-Kreislaufsystems).Darüber hinaus ist die saisonale Impfung allen Menschen empfohlen mit häufigenKontakten zu anderen Menschen, insbesondere auch zu Menschen derRisikogruppen. Hierzu gehören auch alle medizinischen und Pflegeberufe sowiePersonen mit direktem Kontakt zu Geflügel und Wildvögeln. Die STIKO-Empfehlungen gehen davon aus, dass die berufliche Gefährdung von medizinischemPersonal und Pflegekräften während der jährlichen Influenzawelle durch Erkranktehöher liegt als bei anderen Berufsgruppen. Umgekehrt können diese Berufsgruppendurch eine Influenza-Erkrankung zu einer Gefährdung von Risikopatienten undPflegebedürftigen beitragen. Darüber hinaus sind es diese Berufsgruppen, diewährend einer Pandemie besonders gefährdet sind und primär geschützt werden Page 57 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200754müssen. Bei der Festlegung z.B. von Anlässen für arbeitsmedizinische Vorsorge-untersuchungen wird durch den Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS)bewertet, ob bei bestimmten Tätigkeiten das Infektionsrisiko gegenüber der Allge-meinbevölkerung erhöht ist. Wenn Epidemien auftreten oder auf Grundepidemiologischer Beobachtungen befürchtet werden, soll die Influenzaimpfung alsIndikationsimpfung entsprechend den Empfehlungen der Gesundheitsbehördendurchgeführt werden.Beim Durchimpfungsgrad wurden in den letzten Jahren deutliche Fortschritte erzielt.So entsprechen die 23 Millionen Impfdosen der Saison 2006/07 der bisher größten inDeutschland abgesetzten Menge, noch vor 10 Jahren lag diese Menge bei nur 3-4Millionen Impfdosen. Nach Untersuchungen des RKI betraf der Zuwachs v.a. dieempfohlenen Zielgruppen der STIKO-Empfehlungen. Dennoch lagen die Influenza-Impfquoten in Deutschland für die Saison 2004/05 mit 26,5% bezogen auf dieGesamtbevölkerung, mit 42,2% für die empfohlenen Zielgruppen und mit 24,5% fürmedizinisches und Pflegepersonal noch sehr niedrig [4]. Zur Verbesserung desDurchimpfungsgrades bei medizinischem und Pflegepersonal hat die Arbeitsgemein-schaft Influenza unter Leitung des Robert Koch-Instituts in den Jahren 2002, 2003und 2005 spezielle Aufklärungskampagnen zur Influenza-Schutzimpfung durch-geführt [5]. Zur Erhöhung der Durchimpfung in der interpandemischen Phase führenviele Bundesländer seit mehreren Jahren gezielte Impfkampagnen durch. DieBundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) startete im Oktober 2006gemeinsam mit dem RKI eine bundesweite Impfkampagne unter dem Motto ´Ichkomme der Grippe zuvor`..6.1.2 ImpfstoffBei den in Deutschland zugelassenen saisonalen Impfstoffen handelt es sich um sogenannte trivalente inaktivierte Impfstoffe. Dies bedeutet, dass der ImpfstoffBestandteile der drei in der menschlichen Population derzeit zirkulierendenInfluenzavirussubtypen bzw. -typen (A/H1N1, A/H3N2, B) enthält, wobei die zurHerstellung eingesetzten Impfviren (in der Regel Reassortanten der zirkulierendenWildviren mit einem an die Vermehrung in embryonierten Hühnereiern angepasstenLaborstamm) inaktiviert, d.h. nicht mehr infektiös und vermehrungsfähig sind. Hierfürwerden die Impfviren während des Herstellungsprozesses in ihre Bestandteileaufgespalten (Spaltimpfstoff) oder gegebenenfalls bis zur Aufreinigung derViruskomponentenHämagglutininundNeuraminidaseweiterbearbeitet(Untereinheitenimpfstoff). Die Impfstoffe enthalten 15 µg Hämagglutinin jedes derdrei Impfstämme. Die Vermehrung der Impfviren bei der Herstellung des Impfstoffeserfolgt in den meisten Fällen in befruchteten und bebrüteten (embryonierten) Page 58 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200755Hühnereiern. Je nach Aufreinigungsmethode kann von der von einem Hühnereigewonnenen Menge eine Impfdosis hergestellt werden. Die Impfstoffe enthalten oftnoch Hühnereiweiß (50 bis 500 ng/Dosis) sowie Spuren von Antibiotika und imEinzelfall geringe Mengen (<1 µg) Thiomersal, resultierend aus dem Herstellungs-prozess.Die Empfehlung für die Zusammensetzung der saisonalen Impfstoffe hinsichtlich derAntigeneigenschaften der Impfvirusstämme erfolgt einmal jährlich durch die WHO,getrennt für die Nordhalbkugel (im Februar) und die Südhalbkugel (im Oktober). Beiihrer Empfehlung stützt sich die WHO auf ein Netzwerk von ca. 100 nationalenReferenzzentren, die weltweit die zirkulierenden Influenzaviren überwachen undIsolate kontinuierlich auf veränderte antigene Eigenschaften (´antigen drift`)untersuchen. Die Empfehlung etwa sechs Monate vor dem Start der Influenza-Saison verschafft genügend Zeit, um ausreichend Impfstoff zu produzieren undparallel dazu das Zulassungsverfahren zu durchlaufen [2]. Die empfohlenen beidenInfluenza A-Komponenten stimmten in den vergangenen Jahren gut mit denzirkulierenden Viren der auf die Produktion folgenden Saison überein. Die InfluenzaB-Komponente stimmte in den letzten beiden Jahren nicht mit dem hauptsächlichzirkulierenden Stamm überein, da sich in den letzten Jahren zwei phylogenetischunterschiedlichen Influenza B-Virustypen entwickelt haben, von denen nur jeweilseiner Bestandteil des Impfstoffes ist6.1.3 Effektivität und Sicherheit der ImpfungNach der Impfung kommt es bei Menschen, die zuvor bereits Kontakt mitInfluenzaviren oder, bedingt durch frühere Impfungen, Kontakt mit dem Impfantigenhatten, zur vermehrten Ausbildung von Virus neutralisierenden Antikörpern. Dabeiwird ein Serumtiter Hämagglutinin inhibierender (HI) Antikörper von 1:40 oder höherals schützend eingestuft [6; 7]. Bei als ´immunologisch-naiv` geltenden Kindernwerden zum Erreichen eines Impfschutzes zwei Impfungen im Abstand von 4Wochen empfohlen [8]. Allerdings ist die Immunogenität und Wirksamkeit der inDeutschland und in der EU zugelassenen Influenza-Impfstoffe in dieser Altersgruppeklinisch kaum untersucht, so dass es sich hier eher um ein extrapoliertes als um einklinisch evaluiertes Impfschema handelt. Die Wirksamkeit der Impfung bei gesundenErwachsenen liegt bei 70-90% (Verhinderung einer Influenza). Schwankungenbezüglich der Wirksamkeit von Influenza-Impfstoffen in verschiedenen Studien wer-den durch Einflussfaktoren, wie z. B. Altersgruppe, Definition des untersuchten kli-nischen Endpunkts (Influenza oder ´Influenza Like Illness`), Intensität der Exposition Page 59 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200756gegenüber Influenzaviren und Ausmaß der Übereinstimmung des Impfstoffes mit denzirkulierenden Viren erklärt. Insbesondere bei einer bestehenden Immunschwächeoder in höheren Altersgruppen kann die Wirksamkeit der Influenzaimpfung geringerausfallen. Allerdings ist der Impfstoff bei der älteren Bevölkerung in 56% effektivbezüglich der Verhinderung von Influenza-bedingten Pneumonien und in 68%bezüglich der Verhinderung von Todesfällen infolge von Influenza [9].Der Impfstoff ist sehr gut verträglich, Nebenwirkungen beschränken sich meist auflokale Beschwerden (z. B. Rötung, Schwellung oder Schmerzhaftigkeit an derInjektionsstelle) oder leichte Allgemeinbeschwerden (z. B. Fieber, Gliederschmerzen,Mattigkeit, Unwohlsein). Das Spektrum der produktspezifischen Nebenwirkungen istin den Fach- und Gebrauchsinformation der zugelassenen Influenza-Impfstoffeaufgelistet. Entsprechend den Empfehlungen der STIKO wird die Influenza-Schutzimpfung in allen Bundesländern öffentlich empfohlen. Damit besteht beiImpfschäden die Voraussetzung für eine Entschädigung nach §§ 60 ff. IfSG. In derMehrzahl der Bundesländer wurde die öffentliche Empfehlung auf alle Altersgruppenausgedehnt.Sollten nach einer Impfung Symptome auftreten, die das übliche Ausmaß einerImpfreaktion überschreiten, muss grundsätzlich sorgfältig geprüft werden, ob einursächlicher Zusammenhang mit der Impfung besteht. Nach dem Infektionsschutz-gesetz besteht eine Meldepflicht des feststellenden Arztes bei dem Verdacht einerüber das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichenSchädigung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 IfSG).6.1.4 ProduktionskapazitätDer weltweit größte Teil der verfügbaren Gesamtproduktionskapazitäten vonInfluenza-Impfstoffen wird derzeit von neun Firmen gestellt. Der Absatz der jährlichetwa 300 Millionen produzierten Impfstoff-Dosen konzentriert sich auf dieindustrialisierten Länder der Nordhalbkugel. In Deutschland sind Produktionsstättenvon zwei global operierenden Herstellern angesiedelt: Novartis Vaccines and Dia-gnostics GmbH & Co. KG; Marburg, Deutschland (die ehemaligen Behring-Werke;Novartis) und GlaxoSmithKline Biologicals S.A., Niederlassung Dresden (ehe-maliges Sächsisches Serumwerk; GSK).Die Menge des für die folgende Saison produzierten Impfstoffes eines Herstellersorientiert sich eng an dem in der vorausgegangenen Saison erzielten Absatz. Jehöher die Produktionskapazitäten sind, desto rascher kann eine VollversorgungDeutschlands mit einem pandemischen Influenza-Impfstoff erreicht werden. Hier Page 60 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200757werden die verfügbaren Kapazitäten bei beiden deutschen Herstellern bis 2008verdoppelt werden.6.1.5 ZulassungDie Zulassung von saisonalen Influenza-Impfstoffen ist ein eingespielter und EU-weitharmonisierter Prozess. Für die meisten Influenza-Impfstoffe werden die Verfahrennicht von der European Medicines Agency (EMEA) in London zentral koordiniert,sondern dezentral, also von den EU-Mitgliedstaaten selbst durchgeführt, im Rahmender gegenseitigen Anerkennung (´Mutual Recognition Procedure, MRP`) einer ineinem Mitgliedstaat erteilten nationalen Zulassung.Die jährliche Anpassung bereits zugelassener Impfstoffe entsprechend derEmpfehlungen der WHO und des zuständigen EU-Gremiums (Committee forMedicinal Products for Human Use, CHMP) wird in einem beschleunigten Verfahren,als so genannte ´Type II Variation`, wiederum von den zuständigen Behörden derMitgliedstaaten durchgeführt. Eine solche Änderungsanzeige besteht aus einer Be-schreibung von Herstellungsprozess und Qualitätskontrolle sowie aus ergänzendenklinischen, d.h. serologischen Daten. Dieses Genehmigungsverfahren benötigt 73Tage und ist eng an die Logistik der Impfstoffherstellung und -bereitstellunggekoppelt.6.2 Konzepte6.2.1 Pandemische Influenza-ImpfstoffeIm Gegensatz zu einem saisonalen Impfstoff, muss ein pandemischer Impfstoff auchin einer immunologisch naiven Bevölkerung in wenigen Tagen einenimmunologischen Schutz aufbauen können. Damit er rechtzeitig zumindest vor einerzweiten Welle einer Pandemie für die gesamte Bevölkerung zur Verfügung steht,muss er rasch in großen Mengen hergestellt werden. Letzteres wird am effektivstendann erzielt, wenn die Antigenmenge im Impfstoff gesenkt werden kann. Dadurchkönnte die existierende und die zukünftige Produktionskapazität und dieProduktionsgeschwindigkeit bei ansonsten gleich bleibender Antigengewinnungmehrfach gesteigert werden. Ermöglicht wird der Aufbau einer Immunantwort beigleichzeitiger Reduzierung des Antigengehaltes durch die Nutzung eines dieImmunantwort verstärkenden Hilfsstoff, einem so genannten Adjuvans. Allerdingsmuss auch ein derartiger Impfstoff, um ausreichend wirksam zu sein, zweimal imAbstand von 10-21 Tagen verabreicht werden.Auf diesen Überlegungen aufbauend wurden in den vergangenen Monaten von den Page 61 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200758Herstellern zwei Konzepte entwickelt:a) Ganzvirus-Impfstoffe mit Aluminiumhydroxid (AlOH) als Adjuvansb) Spalt- und Untereinheiten-Impfstoff mit einer Öl-in-Wasser-Emulsion alsAdjuvans (Novartis: MF59; GSK: AS03)Weitere Konzepte [10] sind in der Entwicklung, z.B. attenuierte Lebendimpfstoffeoder alternative Verabreichungswege (z.B. nasal als Spray, intradermal). Da sie nochkeine Anwendungsreife erreicht haben oder in Deutschland nicht zugelassen sind,werden sie in den vorliegenden Überlegungen nicht weiter berücksichtigt.Alle diese Impfstoffe unterscheiden sich grundlegend von den bisherigen saisonalenInfluenza-Impfstoffen. Daher sollten sie nicht über ein Variationsverfahrenzugelassen werden. Auf die Zulassung pandemischer Influenza-Impfstoffe wird inKap. 6.2.1.5 eingegangen.Nachdem tragfähige Konzepte für geeignete pandemische Influenza-Impfstoffemittlerweile entwickelt sind, können die Kosten für die einzelne produzierte Dosisermittelt werden. Es ist davon auszugehen, dass sich Impfstoffkosten vonmindestens 800 Millionen Euro ergeben, um die zweimalige Durchimpfung derbundesdeutschen Bevölkerung sicherzustellen. Zu den genauen Modalitäten einerschnellstmöglichen Versorgung der bundesdeutschen Bevölkerung mit geeignetenPandemieimpfstoffen werden derzeit (Herbst 2006) Rahmenverträge mit den beidendeutschen Herstellern vorbereitet.6.2.1.1 Pandemische Influenza-Impfstoffe der ersten und zweiten GenerationIm Rahmen der Entwicklung beider Konzepte (6.2.1 a) und b)) stellte sich heraus,dassAluminiumverbindungennichtdasoptimaleAdjuvanzsystemfürInfluenzavirusantigene ist. Zwar lässt sich durch das Ganzviruskonzept im Vergleichzu Spaltantigenen eine gewisse Antigeneinsparung erreichen, diese ist allerdingsnicht konsistent für alle Altersgruppen bzw. Influenzavirussubtypen. Während imidealen Fall in der Tat zwei Dosen mit je 3,75 µg eines an Aluminiumverbindungenadsorbierten H2N2- oder H9N2-Ganzvirusimpfstoffs in jungen Erwachsenenausreichen, um die EMEA-Kriterien [11] zur Immunogenitätsbestimmung vonsaisonalen Influenza-Impfstoffen zu erreichen, so benötigen ältere Menschen diedoppelte Dosierung. Für einen entsprechenden H5N1-Impfstoff werden gemäßneuester klinischer Daten für 18 bis 60-Jährige sogar zweimal 15 µg Impfantigenbenötigt. Für die über 60-jährigen liegen keine Daten vor, es ist aber durchauswahrscheinlich, dass diese noch mehr Impfantigen pro Impfdosis benötigen. Somit Page 62 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200759lässt sich das Konzept einer Antigeneinsparung mit dieser Klasse vonPandemieimpfstoffen nicht effektiv verwirklichen.Ein Hersteller (GSK) hat zusätzlich zum Aluminiumverbindungen -Ganzvirusimpfstoff-Konzept ein Entwicklungsprogramm mit H5N1-Spaltantigenen aus demunveränderten Herstellungsprozess für die Impfantigene (Influsplit-Verfahren),allerdings formuliert mit einer Öl-in-Wasser-Emulsion (AS03) als neuemAdjuvanzsystem, initiiert. Die Daten aus ersten klinischen Studien lassen die höhereImmunogenität dieser Impfstoffformulierung erkennen. Hervorzuheben ist, dass dieniedrigste untersuchte Dosis (3,75 µg H5N1-Spaltantigen) bei gesunden 18 bis 60-jährigen Probanden nach zweimaliger Anwendung innerhalb von 21 Tagen zu einerakzeptablen Immunantwort führt. Die erhobenen Daten decken sich mit Ergebnissen,die Novartis Behring mit MF59, einem dem AS03 ähnlichen Adjuvanz, erzielt hat. Siebestätigen, dass Öl-in-Wasser-Emulsionen eine den Aluminiumverbindungenüberlegeneadjuvantierende(immunogenitätssteigernde)WirkungbeiderVerabreichung von Influenzavirusantigenen haben. Die Verträglichkeit dieser neuenImpfstoffformulierungen entsprach in diesen Untersuchungen im Wesentlichen demProfil der Aluminiumverbindungen -adjuvantierten Ganzvirusimpfstoffe.Diese Ergebnisse lassen hoffen, dass das ursprünglich gesteckte Ziel derPandemieplanung im Bezug auf Impfstoffe – maximale Immunogenität bei minimalerDosierung – erreicht werden kann, auch für die als ´schwierig` geltenden H5N1Antigene.Weitere klinische Studien werden zeigen, ob sich diese Erkenntnisse – akzeptableImmunogenität bei guter Verträglichkeit - auch in älteren und jüngeren Menschen,insbesondere Kindern aller Alterskategorien, bestätigen lassen.Die zeitliche Abfolge der Entwicklung pandemischer Adsorbat- und Emulsions-impfstoffe und der direkte Vergleich der Ergebnisse klinischer Studien hatletztendlich zu den Begriffen ´pandemische Impfstoffe der ersten und zweitenGeneration` geführt.Pandemieimpfstoffe der ersten Generation sind zum einen die Adsorbatimpfstoffe,bei denen das Influenzavirusantigen an Aluminiumverbindungen adsorbiert ist (6.2.1a)), zum anderen aber auch Pandemieimpfstoffe, die mit einer Öl-in-Wasser-Emulsion formuliert sind (6.2.1 b)). Gemeinsam ist den Erstgenerations-Impfstoffenaber die Einschränkung, dass bei diesen Impfstoffen nur das Erzeugen einerspezifischen Immunität gegen den im Impfstoff enthaltenen Influenzavirusstammgezeigt wurde. Im Gegensatz dazu zeigen Pandemieimpfstoffe der zweitenGenerationeinestammübergreifendeWirksamkeit(Kreuzprotektivität,Kreuzimmunität), d.h. sie schützen auch gegen Driftvarianten des im Impfstoff Page 63 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200760enthaltenen Influenzavirusstammes.Weiterentwicklungen und somit weitere Generationen von Pandemieimpfstoffen mitalternativen Adjuvanzsystemen mögen folgen, sind aber derzeit bestenfalls in einemsehr frühen Planungsstadium.Zweitgenerationsimpfstoffe induzieren zunächst nur eine breitere Immunantwort imVergleich zu den Erstgenerationsimpfstoffen. Ob sie auch den weiteren Anfor-derungen entsprechen, deren Einhaltung Voraussetzung für die präpandemischeAnwendung ist, nämlich ausreichende Sicherheit und Haltbarkeit, muss durchentsprechende Studien erst gezeigt werden.6.2.1.2 Gentechnologische Herstellung (´Reverse Genetics`) von Saatvirus zurImpfstoffherstellungDie Herstellung eines Saatvirus für die Impfstoffproduktion erfolgte bisher durch diezufällige Reassortierung (Neu-Kombinierung der RNA-Segmente des Virus-Genoms)nach in vitro Mischinfektion eines gut charakterisierten, attenuierten Impfstammes(Influenza A/Puerto Rico/8/34 (H1N1)) mit dem Virus einer aktuellen Variante, gegendie ein Impfstoff produziert werden soll [12]. Ein geeignetes resultierendes Saatvirusenthält Erbgutsegmente des Impfstammes, der die Voraussetzungen für optimalesWachstum im bebrüteten Hühnerei sicherstellt, und zumindest die beiden Segmente,die für das Hämagglutinin und die Neuraminidase der neuen Virusvariante kodieren.Diese klassische Generierung und die folgende molekular-virologische Charak-terisierung eines Saatvirus ist ein mühsames und zeitaufwändiges Verfahren.Mittlerweile ist es aber möglich, mit einem ´molekularen Baukastensystem` dieklonierten Erbgutsegmente von Influenzaviren gezielt in gewünschter Zusammen-setzung für die in vitro Herstellung eines Saatvirus einzusetzen. Dabei könnengleichzeitig andere erwünschte genetische Modifikationen, z.B. zur Optimierung desWachstums im Hühnerei, eingefügt werden.Dieses als ´reverse genetics` bezeichnete Vorgehen erlaubt die raschere Herstellungeines Saatvirus (innerhalb von etwa sieben Wochen). Es ist auch exzellent zurAttenuierung von Saatviren auf der Basis von hoch pathogenen aviären H5 und H7Virusisolaten geeignet, die aufgrund ihrer Virulenz im Hühnerei schlecht oder garnicht vermehrbar sind.Die mittels ´reverse genetics` produzierten Impfviren gelten nach Gentechnikgesetzals genetisch modifizierte Organismen, d.h. für die Produktion sind genehmigungs-pflichtige Sicherheitsvorkehrungen erforderlich, die von den Herstellern in denProduktionprozess integriert werden müssen. Insbesondere muss sichergestellt Page 64 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200761werden, dass infektiöse gentechnisch modifizierte Influenzaviren nicht in die Umweltgelangen können.6.2.1.3 Zellkultur-ImpfstoffeDie Vermehrung der Impfviren in embryonierten Hühnereiern ist ein möglicherRisikofaktor. So kann die Vermehrungsfähigkeit verschiedener Influenza-Saatvirenim Hühnerei beträchtlich variieren [12]. Eine Ursache hierfür kann in den verblie-benen Virulenzeigenschaften der Virusassortante für den Hühnerembryo liegen. Sodauerte es sechs Monate, bis aus dem hochpathogenen aviären A/H5N1-Virus, dasim Jahr 1997 18 Menschen mit teilweise tödlichem Ausgang infizierte, ein Saatvirushergestellt werden konnte (H5N3), das eine gute Vermehrungsfähigkeit in beimpftenEiern aufwies. Grundsätzlich ist die Versorgung mit Hühnereiern dann gefährdet,wenn parallel zur Pandemie im Menschen eine aviäre Influenza-Epidemie dieHühnerpopulation befällt.Die Produktion von Influenza-Impfstoffen in Zellkultur bietet unter diesen Gesichts-punkten offensichtliche Vorteile. Sie hat weiterhin den Vorteil, dass, die Installationausreichender Sicherheitsvorkehrungen vorausgesetzt, Wildvirus zur Impfstoffprodu-ktion eingesetzt werden kann, wodurch unter Umständen Zeit gewonnen werdenkann.Die Umstellung der Produktion auf Zellkultur-Verfahren wird derzeit von mehrerenFirmen verfolgt. Umfassende prä-klinische und klinische Erkenntnisse bezüglich derImmunogenität und insbesondere des Sicherheitsprofils eines derzeit im Zulassungs-verfahren befindlichen saisonalen Zellkulturimpfstoffs bestätigen, dass dieser den Ei-basierten Impfstoffen im Wesentlichen äquivalent ist.Mit einer Zulassung für den ersten interpandemischen, in Zellkultur produziertenInfluenza-Impfstoff wird im ersten Halbjahr 2007 gerechnet, die Zulassung einesentsprechend hergestellten Pandemieimpfstoffes könnte bereits ein Jahr späterfolgen.6.2.1.4 Zulassung eines virtuellen (´mock-up`) pandemischen Influenza-ImpfstoffsDie Befürchtung, der hoch pathogene aviäre Influenzavirussubtyp H5N1 könnepandemisches Potenzial erlangen, hat die Impfstoffentwicklung enorm beschleunigt.Zur Gewährleistung baldmöglichster Verfügbarkeit sind auch beschleunigteZulassungsverfahren für Kandidat-Impfstoffe wünschenswert. Für die ersten beiden Page 65 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200762eingereichten Zulassungsanträge für pandemische Influenza-Impfstoffe – Daronrix(GSK), ein Antigen-reduzierter, an Aluminiumhydroxid adsorbierter Ganzvirus-impfstoff, und PanFluad (Novartis Behring), ein ebenfalls Antigen-reduzierter Unter-einheitenimpfstoff mit MF59, einer Öl-in-Wasser-Emulsion als Adjuvans – wurdenseitens der EMEA bereits beschleunigte Verfahrensabläufe genehmigt.Um die Bewertung von Anträgen zur Zulassung von Pandemieimpfstoffen zuvereinfachen und bereits in der interpandemischen Phase zu ermöglichen, hat dieEMEA gemeinsam mit den Herstellern und EU-Mitgliedstaaten ein Konzept zurDossierstruktur und zum Verfahrensablauf entwickelt, das in drei [13] Dokumentenniedergelegt ist [14]. Der zuzulassende Pandemieimpfstoff muss dabei Eigen-schaften besitzen, die denen eines Impfstoffes gegen ein pandemisches Influenza-virus so vergleichbar sind, dass Erkenntnisse aus der Impfstoffbewertung (als sogenannter ´mock-up` Impfstoff oder Impfstoffprototyp) auf den eigentlichenPandemieimpfstoff übertragen werden können. Somit ist im Pandemiefall nur eineÄnderungsanzeige im Bezug auf den pandemischen Influenzavirussubtyp notwendig.Eine solche Änderungsanzeige wird binnen weniger Tage genehmigt, so dass dieumgehende Verkehrsfähigkeit des Pandemieimpfstoffes sichergestellt ist.6.2.1.5 Zulassung pandemischer Influenza-Impfstoffe außerhalb der Strukturdes ´mock-up`-PrinzipsDie flächenhafte Ausbreitung des hoch pathogenen H5N1-Subtyps bei Wildvögeln inDeutschland und angrenzenden Staaten während des Winters 2005/2006 hatteerstmals die Frage aufgeworfen, ob geeignete H5N1-spezifische Impfstoffe nichtschon im Vorfeld einer möglichen Pandemie, also während der präpandemischenWHO-Phasen 3 bis 5 angewendet werden könnten.Diese Überlegungen führten zwangsläufig zur Frage, welche zulassungsrelevantenAnforderungen an Influenza-Impfstoffe für den präpandemischen Gebrauch zustellen sind. Dabei steht der Begriff präpandemischer Impfstoff gegenwärtig alsSynonym für einen H5N1-spezifischen Impfstoff. Die Anforderungen an solcheH5N1-Impfstoffe sind höchst unterschiedlich, je nachdem für welche Bevölkerungs-gruppe die präpandemische Anwendung vorgesehen ist. Während für Personen mithohem Expositionsrisiko, z.B. solche mit Kontakt zu an H5N1-Infektionen verendetenTieren, ein unmittelbarer Nutzen erkennbar ist, der mit einem möglichen Risiko durchden Impfstoff verrechnet werden kann, darf sich für Bevölkerungsteile ohneerkennbares Expositionsrisiko auch kein wesentliches Risiko durch dieVerabreichung des Impfstoffes ergeben. Präpandemische H5N1-Impfstoffe sind alsoImpfstoffe deren Risiko-Nutzen-Verhältnis äußerst schwierig zu ermitteln ist. Auch Page 66 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200763steht die Wirtschaftlichkeit der Impfstoffe in Frage, falls H5N1 durch einen dominie-renden hoch pathogenen Vogelgrippe-Erreger mit anderem Subtyp (z.B. H7)abgelöst wird und sich nicht der H5N1-Subtyp zu einem möglichen pandemischenInfluenzavirus entwickelt. Dennoch ist in einigen Staaten und auch innerhalb der EUdie Motivation erkennbar, H5N1-Impfstoffe anzuschaffen, einzulagern oder sofortanzuwenden. Aus diesem Grund hat die EMEA einen zusätzlichen Leitfaden erstelltder, sich mit Zulassungskriterien für H5N1-Impfstoffe zum präpandemischenGebrauch befasst[15].Für einen präpandemischen Impfstoff ergeben sich besondere Anforderungen, dennanders als bei den ´mock-up`-Impfstoffen ist hier die unmittelbare Anwendungvorgesehen. H5N1-Impfstoffe zur präpandemischen Anwendung müssen deshalb einwesentlich aufwändigeres klinisches Studienprogramm durchlaufen, das je nachAlters- und/oder Risikogruppe unterschiedlich gestaltet ist. Neben akzeptablerVerträglichkeit, hoher Immunogenität und nachgewiesener Wirksamkeit in einemgeeigneten Tiermodell müssen präpandemische H5N1-Impfstoffe wirksam gegenDriftvarianten des im Impfstoff enthaltenen Impfstamms sein. Zudem sollte sich einedurch den ursprünglichen H5N1-Impfstamm etablierte Immunantwort durch Impf-stoffe mit H5N1-Driftvarianten auffrischen lassen. Diese strengen Vorgaben sindnotwendig, damit ein präpandemischer Impfstoff nicht stets neu hergestellt, beschafftund verabreicht werden muss, sobald sich das zirkulierende Pendant des ursprüng-lich verwendeten Impfvirus verändert hat.Die Entwicklung präpandemischer H5N1-Impfstoffe ist in den Mittelpunkt des Interes-ses der Impfstoff-Industrie gerückt, so dass sich mehrere Hersteller bereits mit derEinreichung von Zulassungsunterlagen befassen. Zusätzlich zu den Zulassungs-anforderungen, die auf serologischen Studien und Tiermodellen basieren, müsstenFragen, wie z.B. die Wirksamkeit gegenüber Driftvarianten, auch in klinischenStudien mit Impfstoffen der zweiten Generation gegen die aktuell zirkulierendenInfluenza A-Viren (H3N2 und H1N1) untersucht werden.Neben den klinischen Anforderungen stellen sich für präpandemische ImpfstoffeFragen zur Langzeitlagerung, denn ein möglicher Grund für die Beschaffung solcherImpfstoffe mag sein, diese nicht sofort anzuwenden, sondern nur im Falle einerunmittelbar erkennbaren Bedrohung durch ein Pandemievirus. Daraus ergibt sich dieForderung, dass ein Pandemieimpfstoff, der zur Einlagerung beschafft wird, auchentsprechend stabil ist, d.h. keiner seiner Eigenschaften im Laufe der Lagerzeitverliert.Gegenwärtig liegen für keinen Pandemieimpfstoffkandidaten entsprechendeStabilitätsdaten vor. Page 67 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007646.2.1.6 Derzeitige Optionen zur Anwendung von PandemieimpfstoffenZufriedenstellende und ausreichende klinische Daten zur Immunogenität undVerträglichkeit liegen derzeit nur für die pandemischen Erstgenerationsimpfstoffe vor,die ausschließlich im Pandemiefall angewendet werden und deren Impfstamm mitdem eigentlichen Pandemievirus identisch ist. Da Erstgenerationsimpfstoffe, die miteiner Öl-in-Wasser-Emulsion formuliert sind, den Adsorbatimpfstoffen im Bezug aufihre Immunogenität deutlich überlegen sind, ergibt sich die Empfehlung, diePandemieplanung bezüglich der Impfstoffversorgung von den Ganzvirus-Adsorbat-impfstoffen auf die Öl-in-Wasser-Emulsionsimpfstoffe umzustellen. Ein solcherImpfstoff, PanFluad von Novartis Behring, wird im ersten Quartal 2007 zugelassenwerden. Die Zulassung eines entsprechenden Impfstoffes von GSK, ´low doseAS03`, sollte vorraussichtlich bis Mitte 2007 erteilt werden. Das Adjuvans AS03 vonGSK entspricht in seinen Eigenschaften im Wesentlichen dem Adjuvans MF59 vonNovartis Behring.Für alle beschriebenen Konzepte zu pandemischen Influenza-Impfstoffenliegen derzeit keine Daten vor, welche die breite Anwendung in einerpräpandemischen Phase erlauben würden.6.2.2 '3-zu-1 Szenario' und Durchimpfungsraten in der interpandemischenPhaseIm Gegensatz zur interpandemischen Phase, in der mehrere Influenzaviren gleich-zeitig zirkulieren, geht die pandemische Bedrohung von einem einzelnen Virusstammmit pandemischem Potenzial aus. Daher kann die Produktionskapazität durch Um-stellung von einem trivalenten auf einen monovalenten Impfstoff verdreifacht werden.Dieses so genannte 3-zu-1 Szenario unterliegt natürlich mehreren Voraussetzungen,insbesondere, dass der Antigengehalt in der pandemischen Vakzine nicht höher istals für den saisonalen Impfstoff. Wegen der engen Kopplung der Produktions-kapazitäten für Influenza-Impfstoffe an die Absatzzahlen in der interpandemischenPhase ist eine wesentliche Zielsetzung der Vorbereitung eine Erhöhung derDurchimpfungsrate in der interpandemischen Phase auf mindestens ein Drittel derGesamtbevölkerung.Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die entsprechenden Aufklärungsmaßnahmenzur Erhöhung der Durchimpfungsraten stattfinden und hierfür ausreichend Mittel zurVerfügung gestellt werden. Entsprechende Konzepte wurden von der BZgA und dem Page 68 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200765RKI entworfen. Da sich Impfstoffproduktion und -verteilung allerdings an derinternationalen Nachfragesituation orientiert, ist eine enge Zusammenarbeit aufpolitischer Ebene mit den pharmazeutischen Unternehmen für die Sicherung derImpfstoffversorgung erforderlich.6.2.3 Impfstrategie im PandemiefallZiel der Impfprävention im Rahmen einer Pandemie ist der möglichst rasche undvollständige Impfschutz der gesamten Bevölkerung vor dem pandemischen Virus.Jedoch wird auch bei deutlich beschleunigter Impfstoffproduktion und Zulassungzunächst nicht ausreichend Impfstoff für die gesamte Bevölkerung zur Verfügungstehen. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer zeitlichen Priorisierung der zuimpfenden Gruppen. Dies empfiehlt auch die WHO in ihrem Pandemieplan. DieKriterien für eine Priorisierung müssen klar und transparent sein und begründetwerden.Eine Prioritätensetzung kann prinzipiell unter verschiedenen Gesichtspunktenerfolgen:1. politisch-sozialer Aspekt: Impfung vona) dem in der Akutmedizin beschäftigten medizinischen und Pflegepersonal,nachrangig aber auch sonstiges medizinisches und Pflegepersonal.b) Beschäftigten, die für die öffentliche Ordnung wichtig sind,c) Berufstätigen.Ziel hierbei ist die Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung und derstaatlichen Infrastruktur sowie der Minimierung der wirtschaftlichen Folgen einerPandemie.2. Aspekt der maximalen Reduktion der Krankheitslast:Die schwerste Verlaufsform einer Infektion ist der Tod. In Berechnungen, die sich aufden ökonomischen Verlust für die Gesellschaft konzentrieren, machen die Todesfällemit etwa 80% den größten Anteil aus [16]. Zur Beurteilung der Krankheitslast sindverschiedene Kriterien denkbar: a) Berücksichtigung des Risikos für tödlichenAusgang (Letalität); b) Verhinderung einer möglichst großen Anzahl an Todesfällen;c) wirtschaftlicher Nutzen (Netto-Ersparnis) durch die Impfung und andere Kriterien.Meltzer et al. modellierten die Ergebnisse für drei Altersgruppen (0-15 Jahre =´Kinder`, 16-59 Jahre = ´Erwachsene ohne ältere Bevölkerung`, und über 59 Jahre=`ältere Bevölkerung`) und je zwei Risikogruppen (mit Vorerkrankungen versusohne). Page 69 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200766Umgerechnet auf die deutsche Bevölkerung müsste nach diesem Modell nachAnsatz a) (Berücksichtigung der höchsten Letalität) zuerst die ältere Bevölkerunggeimpft werden, dann die Risikogruppen der Kinder (s. Tab. 3). In Ansatz b)(Reduktion der Zahl der Toten) müssten zuerst die Risikogruppen in dreiAltersgruppen geimpft werden, beginnend mit den Erwachsenen ohne ältereBevölkerung. In Ansatz c) (wirtschaftlicher Nutzen) müssten vorrangig Kinder undjunge Erwachsene geimpft werden, mit oder ohne Vorerkrankung. DieHöhergewichtung der Risikogruppen der Erwachsenen ohne ältere Bevölkerung inAnsatz b) über die Risikogruppen der älteren Bevölkerung, die in Ansatz a) an ersterStelle stehen, kommt dadurch zustande, dass in einer Pandemie der Anteil derTodesfälle unter 65 Jahren wesentlich höher ist als im interpandemischen Intervall. Inden drei Pandemien des letzten Jahrhunderts lag dieser Anteil zwischen 36% und99% (s. Kap. 2.5.2) im Vergleich zu unter 5% im interpandemischen Intervall. ImPandemiefall ist es allerdings wichtig, sich an den epidemiologischen Verhältnissenzu orientieren, da z. B., wie bei der zweiten Welle 1918, der Pandemiestamm bei denjüngeren Erwachsenen besonders virulent sein könnte, so dass diese Altersgruppesofort höchste Priorität erhalten würde. Umgekehrt könnten ältere Personen durcheine bestehende Teilimmunität vor dem Pandemievirus geschützt sein, wie diesbspw. 1968 während der Hongkong-Pandemie beobachtet wurde [17].Tab. 3: Mögliche Prioritätensetzung von Impfungen bei verschiedenen Alters- und Risiko-gruppen unter Einbezug dreier Kriterien1(Risiko für tödlichen Ausgang, Anzahl anToten, wirtschaftlicher Nutzen) modifiziert nach Meltzer et al. 1999Kriterien1In der deutschen Bevölkerung sind die Alters-/Risikogruppen nach den Daten des StatistischenBundesamtes von 2004 wie folgt verteilt:0-15 Jahre mit Vorerkrankung1,2 Millionen0-15 Jahre ohne Vorerkrankung 10,8 Millionen16-60 Jahre mit Vorerkrankung8,0 Millionen16-60 Jahre ohne Vorerkrankung 42,0 Millionenüber 60 Jahre mit Vorerkrankung10,4 Millionenüber 60 Jahre ohne Vorerkrankung 10,0 Millionen Page 70 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200767Prio-rität(a) Risiko für tödlichen Aus-gang (Letalität)(b) Anzahl an Toten in derAlters-/Risikogruppe(c) Wirtschaftlicher Nutzendurch Impfung1Risikogruppe 60+Risikogruppe 16-60Risikogruppe 16-602Nicht-Risikogruppe 60+Risikogruppe 60+Risikogruppe 0-153Risikogruppe 0-15Risikogruppe 0-15Nicht-Risikogruppe 16-604Risikogruppe 16-60Nicht-Risikogruppe 60+Nicht-Risikogruppe 0-155Nicht-Risikogruppe 16-60Nicht-Risikogruppe 16-60Risikogruppe 60+6Nicht-Risikogruppe 0-15Nicht-Risikogruppe 0-15Nicht-Risikogruppe 60+3. Epidemiologisch-dynamischer Aspekt:Impfung von Bevölkerungsgruppen, die dem höchsten Infektionsrisiko ausgesetztsind und die Infektion am schnellsten weiterverbreiten. Dazu zählen Schulkinder,Studenten, Berufstätige, v.a. mit vielen Kontakten zu anderen Menschen sowiemedizinisches Personal. Auf den Pandemien von 1957 und 1968 beruhendeModellrechnungen kamen zu dem Ergebnis, dass bei begrenztem Impfstoffangebotdie Impfung von Vorschul- und Schulkinder bzw. Erwachsenen im arbeitsfähigenAlter die Entwicklung der Epidemie am wirksamsten hätte verlangsamen können, umZeit für eine vermehrte Impfstoffproduktion und die Verteilung an die Risikogruppenzu gewinnen [17].Ziel muss eine Impfstoffverteilung sein, die den höchsten Nutzen für die Minderungder Morbidität und Mortalität verspricht. Dies kann am ehesten durch einfunktionierendes Gesundheitswesen erreicht werden. Die Expertengruppe ‘Influenza-Pandemieplanung’ am RKI hat sich 2004 dafür ausgesprochen, dass der Aufbaueines ausreichenden Immunschutzes im Falle sehr knapper Impfstoffressourcenzunächst für das Personal im (akuten) ambulanten und stationären medizinischenVersorgungsbereich gewährleistet werden soll. Dafür gibt es drei Begründungen:(1) durch den ständigen Kontakt zu erkrankten Patienten, Kollegen und Besuchernbesteht für diese Berufsgruppe eine erhöhte Gefahr einer Influenzainfektion,(2) durch ihre eigene Infektion kann die Influenza auf Personen mit erhöhtem Risiko, Page 71 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200768Kollegen sowie Angehörige und andere Bevölkerungsgruppen übertragenwerden.(3) Der letztendlich krankheitsbedingte Ausfall gefährdet nicht nur die medizinischeVersorgung von Influenzakranken, sondern auch von Kranken, die nichtInfluenza-infiziert sind und den Arzt aufsuchen oder in ein Krankenhauseingeliefert werden.An zweiter Stelle stehen die Berufsgruppen zur Aufrechterhaltung der öffentlichenInfrastruktur und Sicherheit, deren Arbeitsfähigkeit für die Allgemeinheit besonderswichtig ist. Die Reihenfolge, in der diese Berufsgruppe geimpft werden kann, hängtvon der Menge der verfügbaren Impfstoffdosen ab. Auf Landesebene kann imBedarfsfall bei einer Pandemie eine weitere Priorisierung innerhalb dieserBerufsgruppen erfolgen.Die Bundesländer haben sich 2006 darauf verständigt, dass zuerst das medizinischePersonal und der zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung notwendigePersonenkreis geimpft werden soll. Dies sind bundesweit ca. 6% der Bevölkerung.Anschließend soll anhand epidemiologischer Kriterien die Bevölkerung nachJahrgängen geimpft werden.Die im 20. Jahrhundert abgelaufenen Pandemien haben belegt, dass eineVorhersage, welche Gruppen vordringlich von einer Impfung profitieren, nur begrenztmöglich ist. Weitere Präzisierungen für die Impfung bestimmter Bevölkerungs-gruppen müssen im Pandemiefall daher aufgrund von epidemiologischen Gesichts-punkten des Pandemievirus vorgenommen werden. Da die Entscheidung einerPriorisierung jedoch vielschichtig ist, wurden bereits im Vorfeld Kriterien entwickelt ,mit deren Hilfe dieser Entscheidungsprozess vorbereitet und systematisiert werdenkann. Eine flexible Anpassung der Empfehlungen an die tatsächliche Situation musshierbei gewährleistet werden. Wird im Verlauf einer Pandemie z. B. ersichtlich, dassbestimmte Altersgruppen (z. B. Kinder und Jugendliche) besonders hoheKomplikations- und Mortalitätsraten aufweisen, wird die Impfstrategie möglicherweisegeändert werden müssen.6.2.4 Koordinierung der ImpfstoffversorgungDa Typ, Subtyp oder Stamm eines zukünftigen pandemischen Influenzavirus nichtvorhergesagt werden können, ist es nicht möglich, Impfstoffe für die Pandemie zubevorraten. Die Vorbereitungen von Bund und Ländern zielen daher darauf ab, die Page 72 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200769Zeitspanne bis zur Verfügbarkeit wirksamer Impfstoffe soweit wie möglich zuverkürzen (zu präpandemischen Impfstoffen, s. 6.2.1.5, S. 62f.)Beginn der Produktion pandemischer Influenza-ImpfstoffeDie Interministerielle Koordinierungsgruppe empfiehlt den Ländern den Zeitpunkt, abdem die Produktion pandemischer Impfstoffe zu veranlassen ist. Hierzu ist eserforderlich, dass die WHO ein Saatvirus zur Verfügung stellt. Die InterministerielleKoordinierungsgruppe berücksichtigt bei ihrer Empfehlung die wissenschaftlicheEinschätzung der WHO, der Influenza-Kommission und des RKI.Koordinierung der ImpfstoffverteilungDie Impfstoffe werden aus einem zentralen Zwischenlager an die in den Ländernzuständigen Stellen verteilt. Die Koordinierung der Impfstoffverteilung wird in Teil Iund II des Pandemieplans beschrieben.6.2.5 PneumokokkenimpfungIm Pandemiefall ist mit einem Massenanfall an Influenzaerkrankungen und daherauch mit einer entsprechend hohen Anzahl an bakteriellen Superinfektionen der Lun-ge zu rechnen, die u.a. durch Streptococcus pneumoniae hervorgerufen werden. DieImpfung aller Kinder bis 24 Monate und der definierten Risikogruppen mit einemPneumokokkenimpfstoff ist deshalb ein wichtiger Beitrag zur Vorbereitung auf einemögliche Pandemie.Die STIKO empfiehlt die Pneumokokkenimpfung für folgenden Personenkreis (StandJuli 2006):" für alle Kinder bis 24 Monate, viermalige Impfung mit dem Konjugatimpfstoff abdem vollendeten 2. Lebensmonat," für alle Personen ab 60 Jahren," für Patienten mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrank-heit: angeborene oder erworbene Immundefekte mit T- und/oder B-zellulärerRestfunktion, wie z. B.: Hypogammaglobulinämie, Komplement- und Properdin-defekte, bei funktioneller oder anatomischer Asplenie, bei Sichelzellenanämie, beiKrankheiten der blutbildenden Organe, bei neoplastischen Krankheiten, bei HIV-Infektion, nach Knochenmarktransplantation, Page 73 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200770" für Personen mit chronischen Erkrankungen, wie z. B.: Herz-Kreislauf-Krankhei-ten, Krankheiten der Atmungsorgane (inklusive Asthma und COPD), Diabetesmellitus oder andere Stoffwechselkrankheiten, chronische Nierenkrankheiten-/nephrotisches Syndrom, neurologische Krankheiten, Liquorfistel," vor Organtransplantation und vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie,(s. auch http://www.rki.de Stichwort: Infektionsschutz, Impfen, Empfehlungen derStändigen Impfkommission)Gefährdete Kleinkinder im Alter von 2-5 Jahren sollen eine Impfung mit demPneumokokken-Konjugatimpfstoff erhalten, gefolgt von einer Impfung mit demPolysaccharid-Impfstoff. Für alle anderen gefährdeten Personen reicht eine Dosiszum Aufbau eines Immunschutzes aus, eine Wiederholungsimpfung wird für dieRisikogruppen alle sechs Jahre (Erwachsene) bzw. mindestens alle drei Jahre(Kinder unter 10 Jahren) empfohlen.Eine hohe Pneumokokkenimpfrate bei diesen Alters- und Risikogruppen kann zueiner Verringerung der Gesamtmorbidität und -mortalität beitragen und imPandemiefall einen regulierenden Einfluss auf das Krankheitsgeschehen haben. Dadie Pneumokokkenimpfung in Deutschland bisher noch eine zu geringe Akzeptanzhat, werden von BZgA und RKI bereits in der interpandemischen Phase Strategienzur Erhöhung der Impfbereitschaft entwickelt und umgesetzt.6.3 Literatur[1] Nichol KL. The efficacy, effectiveness and cost-effectiveness of inactivated influenzavirus vaccines. Vaccine 2003;21(16):1769-75.[2] Gerdil C. The annual production cycle for influenza vaccine. Vaccine 2003;21(16):1776-79.[3] Hilleman MR. 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Page 76 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007737 Antivirale ArzneimittelIm Falle einer Pandemie ist ungewiss, wann ein Impfstoff zur Verfügung stehen wirdund wie gut er schützen wird, so dass in jedem Falle antivirale Arzneimittel einegroße Bedeutung haben werden, um v.a. in der ersten Welle die Mortalität undMorbidität in der Bevölkerung zu reduzieren. Bei den Überlegungen zu ihrem Einsatzsollte auch die Aufrechterhaltung der gesellschaftlichen Funktionen berücksichtigtwerden, insbesondere des medizinischen Versorgungssystems und der öffentlichenSicherheit und Ordnung. Die Virulenz eines pandemischen Virus kann um einVielfaches höher sein als in der interpandemischen Influenza, v.a. auch bei derjüngeren Bevölkerung. Antivirale Medikamente stellen bei bereits Infizierten dieeinzige Möglichkeit dar, kausal den möglicherweise fatalen Folgen einer Infektionentgegenzuwirken. Daher findet mittlerweile in vielen Ländern eine staatlicheBevorratung antiviraler Arzneimittel statt. Auch in Deutschland werden für den Falleiner Pandemie antivirale Arzneimittel für die Therapie gelagert. Die Gesund-heitsministerinnen und -minister der Bundesländer orientieren sich beim Schutz derRisiko- und Funktionsgruppen für die Bevorratung zur Therapie mit antiviralenMedikamenten an den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Dabei werdenkontinuierlich neue Erkenntnisse für den optimalen Schutz der Bevölkerungberücksichtigt. Gegenwärtig kann man davon ausgehen, dass Erkrankte imPandemiefall eine Therapie mit antiviralen Arzneimitteln erhalten können, wenn diesmedizinisch sinnvoll ist und die Versorgungs- und Verteilungsinfrastruktur in derPandemie gewährleistet bleibt. Für diese Einschätzung ist neben der Bevorratungdurch die Länder und einer gesteigerten Produktion antiviraler Arzneimittel durch dieHersteller auch die Eigenbevorratung durch die Betriebe ausschlaggebend (sieheauch Teil I, 1.2.1.Im folgenden werden die zur Zeit verfügbaren antiviralen Arzneimittel und ihre Ein-satzmöglichkeiten beschrieben.7.1 Status7.1.1 In Deutschland zugelassene antivirale ArzneimittelGegen Influenzaviren wirkende Arzneimittel sind der M2-MembranproteinhemmerAmantadin sowie die Neuraminidasehemmer Zanamivir und Oseltamivir. M2-Membranproteinhemmer sind nur gegen Influenza A-Viren wirksam, Neuraminidase-hemmer wirken sowohl gegen Influenza A als auch gegen Influenza B-Viren.Diverse Amantadin enthaltende Antiparkisonarzneimittel verfügen in Deutschland Page 77 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200774über die Zusatzindikation Therapie und Prophylaxe der Influenza A (ab dem 5.Lebensjahr), während diese Teilindikation in einigen Mitgliedsstaaten der EUzurückgezogen wurde (in der Regel aus Gründen der schlechteren Verträglichkeitgegenüber Neuraminidasehemmern, s.u.). Im Verkehr befindliche, Amantadin enthal-tende Arzneimittel sind in der Regel (Film-) Tabletten. Amantadin ist 15 Jahrehaltbar.Zanamivir enthaltende Arzneimittel sind in Deutschland mit der Indikation zur Thera-pie und Prophylaxe der Influenza A und B für Kinder ab 5 Jahren und Erwachsene imVerkehr. Da Zanamivir bei oraler Gabe kaum resorbiert wird, steht nur Pulver,welches inhaliert werden muss, als Darreichungsform zur Verfügung. Zanamivir hateine Haltbarkeitsdauer von 5 Jahren.Oseltamivir enthaltende Arzneimittel werden in Deutschland als Hartkapseln undPulver zur Herstellung einer Suspension zur oralen Anwendung vermarktet. Diezugelassene Indikation umfasst die Therapie und die Prophylaxe der Influenza A undB für Kinder ab einem Jahr und Erwachsene. Auf Grund von toxikologischen Studienim Tierversuch scheint eine Therapie bei Kindern unter einem Jahr nicht möglich. DieHaltbarkeitsdauer wird vom Hersteller für die Hartkapseln mit 5 Jahren angegeben,für das Pulver mit 2 Jahren. Für die Bevorratung von Oseltamivir, z.B. in denBundesländern, wird außerdem Oseltamivir-Wirkstoffpulver (Oseltamivir API,Abkürzung für ´Active Pharmaceutical Ingredient`) verwendet. Hierbei handelt es sichum eine Vorstufe des fertigen Arzneimittels, welche im Bedarfsfall zu einer zurAnwendung geeigneten Lösung verarbeitet wird.7.1.2 WirkungsmechanismenAmantadin blockiert die Aktivität des viralen M2-Membrankanals, der in Influenza-A-Viren, nicht aber in Influenza-B-Viren vorhanden ist. Mit Hilfe dieses Kanals wird einsaures Milieu im Virus-Inneren hergestellt und somit die Fusion der viralenLipidmembran mit der zellulären Endosommembran ermöglicht. Amantadinverhindert somit das sog. ´Uncoating` der viralen RNA-Segmente vom Ribo-nukleoproteinkomplex und damit den Eintritt in den Zellkern.Neuraminidasehemmer dagegen steuern der Loslösung neu gebildeter Viren ausinfizierten Zellen sowie der "Beweglichkeit" der Viren im Bronchialsekret entgegen,die durch das virale Enzym Neuraminidase ermöglicht wird.Eine Grundvoraussetzung für die therapeutische Wirkung beider Substanzklassen ist Page 78 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200775die Einnahme spätestens innerhalb der ersten 36 bis 48 Stunden nachKrankheitsbeginn.7.1.3 Erfahrungen mit antiviralen Arzneimitteln aus der interpandemischenInfluenza7.1.3.1 Therapeutische WirksamkeitBeide Substanzklassen bewirken eine Reduzierung der Viruslast. Die Dauer desFiebers wird durch Amantadin um etwa einen Tag [1] und die Dauer der Erkrankungdurch Neuraminidasehemmer um durchschnittlich 1,5 Tage verkürzt [2]. DasAuftreten antibiotikapflichtiger Sekundärinfektionen wird durch beide Neuraminidase-hemmer etwa in gleichem Ausmaß signifikant gesenkt [3; 4; 5]. KomplizierteErkrankungsverläufe mit Beteiligung der unteren Atemwege (wie Bronchitis undPneumonie) wurden durch Oseltamivir bei sonst gesunden 13 bis 65 Jahre altenPersonen um 68% und bei Risikogruppen ebenfalls signifikant um 34% reduziert [4].In der gleichen Studie wurden auch Krankenhauseinweisungen jeglicher Art erfasst,die jedoch selten auftraten. In der Gesamtstudienpopulation von Nicht-Risiko- undRisikopersonen konnten diese durch Gabe von Oseltamivir signifikant um 59%verringert werden [4]. In Tabelle 4 wird die therapeutische Wirksamkeit derverschiedenen antiviralen Substanzen zusammengefasst. Es gibt keine bekanntenVeröffentlichungen zur Wirkung von Amantadin oder Neuraminidasehemmernbezüglich der Wirksamkeit zur Verhinderung tödlicher Verläufe.Tab. 4: Therapeutische Wirksamkeit antiviraler Substanzen in der saisonalen InfluenzaPräparatDurchschnittlicheReduzierung der Fieber-phase bzw.KrankheitsdauerbeiInfluenza-positiven PatientenReduktion vonAntibiotikaver-schreibungen(ABV)Reduktion von Kompli-kationen an den unterenAtemwegen (Bronchitis,Pneumonie)ReduktionvonHospitali-sierungenAmantadin 1 Tag (Fieber) [1]- *- *- *Oseltamivir 1,5Tage(Krankheits-dauer)[2; 6; ; 8]27% (ABV fürirgendeineUrsache) [4]68%sonstgesundeErwachsene [4],34% Risikopersonen [4]59%Nicht-Ri-siko- und Risi-kopatienten [4]Zanamivir1-1,5Tage 29% [5]- *- * Page 79 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200776(Krankheitsdauer) [5; 7]* Es wurden keine Studien identifiziert, die über diesen Endpunkt berichteten7.1.3.2 Prophylaktische WirksamkeitEine Prophylaxe gegen Influenza A ist grundsätzlich sowohl mit Amantadin als auchmit Oseltamivir und Zanamivir möglich [3]. Indikationen für den prophylaktischenEinsatz antiviraler Arzneimittel sind in der interpandemischen Influenza v.a.Influenza-Ausbrüche in Risikopopulationen (z. B. in Krankenhäusern undAltenheimen). Amantadin vermindert die Zahl labordiagnostisch bestätigterInfluenzafälle im Vergleich zur Kontrollgruppe um 61% [1]. In der Literatur wird dieprophylaktische Effektivität von Neuraminidasehemmern mit 69-74% in dersaisonalen Langzeitprophylaxe (1-2x tägliche Gabe eines antiviralen Arzneimittelsüber 4-6 Wochen) [3; 9] und mit 79-90% in der familiären Postexpositionsprophylaxeangegeben [3; 10; 11]. Eine hohe Compliance ist für eine erfolgreiche Prophylaxeentscheidend. Tabelle 5 fasst die prophylaktische Wirksamkeit der zur Verfügungstehenden antiviralen Substanzen zusammen.Eine Studie bei geimpften Risikopatienten (Altersheimbewohner) zeigte eine hoheWirksamkeit bei guter Verträglichkeit von Oseltamivir zur Langzeitprophylaxe: imVergleich zur mit Placebo behandelten Kontrollgruppe konnte statistisch signifikantsowohl die Inzidenz einer laborgesicherten Influenza (um 92%) als auch dasAuftreten von Sekundärkomplikationen (um 86%) verringert werden [12].Tab. 5: Prophylaktische Wirksamkeit antiviraler Substanzen in der saisonalen InfluenzaStoffProphylaktische Wirksamkeit(Langzeitprophylaxe)FamiliärePostexpositionsprophylaxeAmantadin61% [1]- *Oseltamivir74% (6 Wochen) [3, 9]89-90% (7 Tage) [3, 11]Zanamivir69% (4 Wochen) [3]79-81% (5-10 Tage) [3, 10]* Es wurden keine Studien identifiziert, die über diesen Endpunkt berichteten Page 80 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007777.1.3.3 Einfluss antiviraler Arzneimittel auf die Virusausscheidung undInfektiositätDer Einfluss von Amantadin auf die Virusausscheidung wurde im Rahmen einerAerosolapplikation bei natürlich erkrankten Influenzapatienten untersucht. Dabeiwurde zwar keine Reduktion der Häufigkeit der viralen Ausscheidung festgestellt,jedoch eine tendenzielle, aber nicht statistisch signfikante, Verringerung derausgeschiedenen Virusmenge [13]. In einer Studie mit experimentell infiziertenProbanden zeigte sich in der mit Oseltamivir behandelten Gruppe eine signifikanteReduktion sowohl der Menge als auch der Dauer der Virusausscheidung imVergleich zur unbehandelten Gruppe. Die Behandlung der Probanden begann 28Stunden nach Inokulation des Virus [14]. In einer randomisierten kontrollierten Studiebei Kindern ergab sich eine signifikante Verringerung der Virustiter und ein signifikantschnellerer Rückgang der Virusausscheidung unter Oseltamivirtherapie gegenüberder Placebogruppe [15]. Auch eine japanische Studie fand tendenziell einenRückgang der Virusausscheidung bei ins Krankenhaus eingewiesenen Kindern mitInfluenza, jedoch war die Studienpopulation möglicherweise zu klein, um einestatistische Signifikanz feststellen zu können [16]. Auch eine Analyse, in der dieErgebnisse von je zwei Studien zu Zanamivir und Oseltamivir ausgewertet wurden,zeigt für Oseltamivir eine signifikante Reduktion der Infektiosität um 80%, fürZanamivir eine Reduktion um 19% (Ergebnis nicht signifikant) [17]-0,50,51,52,53,54,5-36 -1201224366084 108 132 156Zeit (Stunden)MedianeviraleTiter(log10GewebekulturinfektiöseDosisproml)OseltamivirPlaceboArzneimittelgabeInokulationp=0,0200,511,522,533,544,55024610TageMedianeviraleTiter(log10GewebekulturinfektiöseDosisproml)OseltamivirPlaceboAbb. 3: Links: Effekt von Oseltamivirtherapie auf virale Titer in der nasalen Lavage von mitA/H1N1 experimentell infizierten Probanden [14]. Rechts: Mediane virale Titer innasalen Abstrichen bei natürlicherweise Influenza-infizierten Kindern [15].7.1.3.4 Dosierungsempfehlungen für antivirale ArzneimittelDie aktuellen Dosierungsempfehlungen für antivirale Arzneimittel in Therapie undProphylaxe sind in der abgestimmten Fassung des Anhangs zum Pandemieplan imKapitel C (´Einsatz antiviraler Arzneimittel in der Influenzapandemie`) dargestellt. Page 81 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007787.1.3.5 NebenwirkungsspektrumDie prophylaktische Verabreichung von Amantadin führt bei bis zu 19% der Perso-nen zu zentralnervösen Nebenwirkungen (z. B. Schlaflosigkeit, Nervosität,Ängstlichkeit), insbesondere bei älteren Personen [18]. Die Einnahme von Oselta-mivir führt signifikant häufiger als bei Kontrollpersonen zu Übelkeit oder Erbrechen[19]. Diese Symptome treten jedoch seltener auf, wenn Oseltamivir zusammen mitden Mahlzeiten eingenommen wird. Aufgrund von neuro-psychiatrischen Störungenbei Kindern und Jugendlichen in Japan nach Einnahme von Oseltamivir, die z.T. zuschweren Unfällen führten, hat die EMEA am 23.3.2007 Zusatzhinweise in denFachinformationen empfohlen(http://www.emea.eu.int/pdfs/general/direct/pr/13456607en.pdf.)Kontrollierte Studien zeigten keinen erkennbaren Unterschied im Neben-wirkungsspektrum zwischen Zanamivir und Placebo. Jedoch ist es vereinzelt nachAnwendung von Zanamivir - auch bei Atemwegsgesunden - zu asthmatischenAnfällen gekommen [19]. Daher wird ein klinisches Monitoring der Lungen-funktionswerte und die Bereithaltung von Bronchodilatatoren bei Asthmatikernwährend der Anwendung von Zanamivir empfohlen.7.1.3.6 ResistenzbildungenBei therapeutischer Anwendung von Amantadin können innerhalb kurzer Zeitresistente Varianten entstehen, die sich ebenfalls ausbreiten können und pathogensind [2]. Bei ausschließlich prophylaktischer Verwendung von Amantadin ist dagegendie Gefahr der Resistenzbildung deutlich reduziert [2]. Untersuchungen von H3N2-Isolaten ergaben eine deutliche Zunahme von Amantadin-resistenten Viren in ver-schiedenen Regionen (China: 8% in 2002 auf 74% in 2004; USA: 2% in 2004 auf92% resistente Isolate in den ersten Monaten der Influenza-Saison 2005/2006)[20;21], so dass in den USA im Januar 2006 weder eine Therapie noch eineProphylaxe der saisonalen Influenza mit Amantadin oder Rimantadin empfohlen wird[22]. Im europäischen Raum waren im Jahr 2004 5% der Isolate Amantadin-resistent[20].Nach bisherigen Beobachtungen sind Resistenzen gegenüber den Neuraminidase-hemmern wesentlich seltener als bei Amantadin. In Studien mit Oseltamivir wurdenbei höchstens 4% der Studienteilnehmer resistente Viren identifiziert [23;24]. Die beizwei Veröffentlichungen beobachtete Resistenzhäufigkeit von 16% [23] und 18% [25]trat bei Kleinkindern auf, die möglicherweise mit zu niedrigen therapeutischen Dosenbehandelt wurden [23]. Als weitere Erklärungsmöglichkeit des deutlich höheren Page 82 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200779Anteils von Resistenzen in der Studie von Kiso und Koautoren nennen die Autorendie hohe Sensitivität der eingesetzten Methode, die Resistenzen über direkte RNA-Extraktion und einen Subklonierungsschritt genotypisch identifizierte [25]. Diewenigen bisher bekannt gewordenen, gegen Oseltamivir resistenten Virusmutantenwurden im Frettchenmodell auf ihre Pathogenität und Infektiosität getestet. Zwei(R292K und H274Y) der drei Mutanten wiesen eine reduzierte Pathogenität undInfektiosität auf [26 – 29], eine dritte Mutation (E119V) erbrachte widersprüchlicheResultate [30]. Das Neuraminidase Inhibitor Susceptibility Network (NISN)untersuchte mehr als 2000 Influenza-Virusisolate aus WHO-Kollaborationslaborenaus den ersten drei Jahren nach Einführung der Neuraminidasehemmer (1999 bis2002) [31].Weniger als 0,5% zeigten eine um das 10-fache reduzierte Empfind-lichkeit gegenüber Neuraminidasehemmern und wurden als resistent eingeschätzt.Studien haben gezeigt, dass es zur Bindung von Zanamivir an denNeuraminidaserezeptor keiner Konformationsänderung bedarf, so dass Oseltamivir-resistene Viren gegen Zanamivir suszeptibel sein können [32].7.1.4 Wirksamkeit antiviraler Medikamente bei hochpathogenen aviären undpandemischen VirussubtypenFür Amantadin gibt es bereits Veröffentlichungen zur therapeutischen undprophylaktischen Wirksamkeit in einer Pandemie aus den Erfahrungen frühererPandemien (bzw. der ´Pseudopandemie` 1977/78), als Amantadin schon auf demMarkt war. Placebokontrollierte Studien zur therapeutischen Wirksamkeit vonAmantadin hatten während der A/H3N2-Pandemie 1968 gezeigt, dass Amantadineine Verkürzung der Krankheitsdauer und eine Reduktion der Erkrankungsschwerebewirkte [33]. Nach dem Wiederauftreten des Subtyps A/H1N1 im Jahre 1977/78konnte Amantadin bei einer Gruppe, die vorher noch keinen Kontakt mit A/H1N1-Viren hatte, die Influenza-Infektionsrate signifikant um 71% und bei einer anderensogar um 91% senken [2].Im Tierversuch konnte außerdem die Pathogenität rekombinanter Influenzaviren, dieGene des Pandemievirus von 1918 enthielten, mit Amantadin gehemmt werden [34].Momentan treten insbesondere im asiatischen Raum immer wieder menschlicheFälle von Influenzaerkrankungen mit hochpathogenen aviären H5N1-Viren auf. Esgibt Hinweise, dass Viren dieses Subtyps intrinsisch gegen Amantadin resistent seinkönnten [35-37]. Die sich seit Mai 2005 ausbreitende Gruppe von H5N1-Viren , diesich phylogenetisch von den bis dahin zirkulierenden Viren unterscheidet, ist jedochweniger häufig resistent gegen Amantadin [38]. Auch bei den H5N1-Viren ausVietnam, die im Jahre 2004 noch zu 50-100% resistent waren, fiel der resistente Page 83 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200780Anteil in 2005 auf 10% [38].Da Neuraminidasehemmer erst nach Auftreten der letzten Pandemie entwickeltwurden, existieren keine epidemiologischen Informationen zu ihrer Wirksamkeit beipandemischen Viren, es stehen allerdings Ergebnisse von Studien zur Verfügung,die indirekt auf die mögliche Wirksamkeit von Neuraminidasehemmern auch aufnicht-saisonale Influenza-Viren schließen lassen:(1) In-vitro-Studien mit im Jahre 2004 zirkulierenden aviären A/H5N1-Viren zeigten,dass sie gegenüber Oseltamivir empfindlich waren [23].(2) Tierversuche wurden mit rekombinanten Influenzaviren durchgeführt, die die H1und N1-Gene des 1918 Pandemie-Virus in sich trugen. Zanamivir und Oseltamivirhemmten die Wirkung der Viren [34]. Weitere Laborversuche an mit hochpathogenenA/H5N1-Influenzaviren infizierten Mäusen haben gezeigt, dass alle infizierten Mäusenach einer potenziell tödlichen Infektionsdosis vor dem Verenden geschützt werdenkonnten [39;40].(3) Limitierte epidemiologisch verwertbare Erfahrungen der Wirkung vonNeuraminidasehemmern auf aviäre Influenzaviren ergaben sich im Jahr 2003anlässlich der Häufungen von humanen Erkrankungen unter Geflügelarbeitern mitaviären A/H7N7-Viren in den Niederlanden. Unter den Personen, die prophylaktischOseltamivir eingenommen hatten, entwickelte ein signifikant um 52% geringererAnteil eine Antikörperbildung als die Gruppe ohne Prophylaxe [41]. Unter den mitOseltamivir behandelten humanen Fällen von Influenza H5N1 waren die Fallzahlenbisher zu gering und zu wenig standardisiert, so dass Schlussfolgerungen zu seinertherapeutischen bzw. prophylaktischen Wirksamkeit bisher nicht gemacht werdenkönnen. Es existieren jedoch Einzelfallbeschreibungen zu Oseltamivir-resistentenH5N1-Viren [42;43].7.2 Konzeptionelle ÜberlegungenBei der WHO-Tagung ´Consultation on Priority Public Health Interventions beforeand during an Influenza Pandemic` vom 16.-18.3.2004 bestand unter den Teil-nehmern Konsens, dass derzeit davon ausgegangen wird, dass antiviraleArzneimittel bei der Therapie und Prophylaxe menschlicher Erkrankungen durchaviäre und pandemische Influenza-Stämme wirksam sind[45].7.2.1 Umfang der BevorratungNach Modellierungsberechnungen von Gani et al. (s. auch Kap. 2.7) hätte in den drei Page 84 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200781Pandemien des 20. Jahrhunderts eine Bevorratung für 20-25% der Bevölkerungausgereicht, um alle Erkrankten in den ersten pandemischen Wellen zu behandeln[44]. Voraussetzung für das Modell war jedoch, dass keine Resistenz auftritt unddass antivirale Arzneimittel ausschließlich zur Behandlung erkrankter Pandemiepa-tienten eingesetzt werden, also nicht fälschlicherweise in erheblichem Ausmaß bei(Atemwegs-)Erkrankungen eingesetzt werden, die nicht durch das pandemischeVirus verursacht wurden. Diese Ergebnisse unterstützen die Empfehlungen desRobert Koch-Institutes, die aktuell eine Mindestbevorratung von 20% vorsehen(siehe FAQ des RKI ´Welche Vorbereitung gibt es für den Fall der Fälle?` vom18.7.2005).Hinsichtlich des aktuellen Standes der Bevorratung durch die Länder wird auf denTeil I, Nr. 1.2.1 verwiesen. .7.2.2 Prophylaktischer Einsatz antiviraler ArzneimittelVon der WHO wird je nach Pandemiephase eine Postexpositionsprophylaxe vonKontaktpersonen (bei einer noch geringen Anzahl von Fällen zu Beginn einerPandemie) oder auch eine Langzeitprophylaxe bestimmter Personen, z.B. aus denBereichen der Gesundheit, der öffentlichen Ordnung und der kritischen Infrastruktur,zur Aufrechterhaltung bestimmter essentieller Dienste als sinnvoll angesehen [45].7.2.2.1PostexpositionsprophylaxeIn der Frühphase einer Pandemie könnte, solange nur eine begrenzte Anzahl vonFällen aufgetreten ist, eine weitere Ausbreitung der Influenza eventuell durch dieGabe von antiviralen Arzneimitteln an Kontaktpersonen von Erkrankten verhindertbzw. verlangsamt werden [45-48; s. auch Kapitel 2.7]. Hinsichtlich der Durchführungvon Maßnahmen zur Postexpositionsprophylaxe wird auf die Ausführungen imAnhang zum Pandemieplan verwiesen.7.2.2.2LangzeitprophylaxeEine längerfristige Gabe von antiviralen Arzneimitteln ist bei begrenzten Ressourcenfür größere Bevölkerungsgruppen nicht möglich. Auch wegen der Gefahr derResistenzbildung und der potentiellen risikobehafteten Dauermedikation sollte dieLangzeitprophylaxe eher restriktiv gehandhabt werden. (Siehe auch dieAusführungen im Anhang zumPandemieplan). Ähnlich wiebei derImpfstoffverteilung muss sich im Fall nur begrenzt zur Verfügung stehender Page 85 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200782antiviraler Medikamente ein prophylaktischer Einsatz daran orientieren, welcheStrategie den höchsten Nutzen für die Aufrechterhaltung einer adäquatenVersorgung der Bevölkerung verspricht.Auch Firmen und Betriebe aus anderen als den Bereichen Gesundheit, öffentlicheOrdnung und kritische Infrastruktur streben zur Aufrechterhaltung ihrerFunktionsfähigkeit z.T. eine Bevorratung antiviraler Medikamente für einen prophy-laktischen Einsatz an. Dies wird durch die Änderung des Arzneimittelgesetzesermöglicht (AMG § 47 Abs. 1 Nr. 5, § 47 Abs. 2). Eine Langzeitprophylaxe sollte nurnach strenger Indikationsstellung und unter Überwachung durch den zuständigenArzt erfolgen.7.2.3 Auswahl der antiviralen ArzneimittelObwohl Amantadin kostengünstiger ist und eine längere Haltbarkeitsdauer hat, solltewegen des günstigeren Nebenwirkungsspektrums und v.a. wegen der viel niedri-geren Gefahr einer raschen Resistenzentwicklung Neuraminidasehemmern derzeitder Vorzug gegeben werden.Im Pandemiefall soll der Einsatz der Arzneimittel nach den aktuell vorliegendenDaten zur Wirksamkeit, Nebenwirkungsprofil und Resistenzbildung erfolgen. Zurzeitist den Neuraminidasehemmern der Vorzug zu geben. Sollten diese aber nicht inausreichender Menge vorliegen, ist Amantadin bevorzugt zu prophylaktischenZwecken einzusetzen, da bei dem prophylaktischen Einsatz die Gefahr einer Re-sistenzentwicklung gering ist [2]. Zur Dauer der Prophylaxe sowie zur Dosierung derantiviralen Arzneimittel finden sich Angaben im Anhang zum Pandemieplan, KapitelC (´Einsatz antiviraler Arzneimittel in der Influenzapandemie`).7.2.4 Abgabe antiviraler ArzneimittelDie antiviralen Arzneimittel werden im Pandemiefall auf Empfehlung der Intermi-nisteriellen Koordinierungsgruppe von den Ländern aus den Lagern abgerufen. MitHilfe des pharmazeutischen Großhandels werden die Arzneimittel in dieVertriebswege eingespeist und - soweit notwendig – gebrauchsfertig gemacht. DieAbgabe der antiviralen Arzneimittel ist in Teil I des Pandemieplans näher erläutert.7.2.5 Surveillance von unerwünschten ArzneimittelwirkungenDie Daten zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) antiviraler Medikamentestammen zum Großteil aus der interpandemischen Influenza. Da im Falle einer Influ-enzapandemie deutlich mehr Personen - vermutlich auch über die Zulassung hinaus-gehende Personengruppen - im Rahmen einer Therapie oder im Rahmen einer Page 86 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200783Prophylaxe auch über einen längeren Zeitraum antivirale Arzneimittel einnehmenwerden, sollen UAW auf eine möglichst einfache Weise erfasst und unverzüglichbewertet werden.7.3 Literatur[1]Jefferson TO, Demicheli V, Deeks JJ, Rivetti D: Amantadine and rimantadine forpreventing and treating influenza A in adults Cochrane Database Syst Rev.2002;(3):CD001169.[2]Monto A. The role of antivirals in the control of influenza. Vaccine 2003;21:1796-1800[3]Cooper J, Sutton A, Keith R, Wailoo A, Turner D. Effectiveness of neuraminidaseinhibitors in treatment and prevention of Influenza A and B: systematic review andmeta-analyses of randomised controlled trials. BMJ 2003;326:1235.[4]Kaiser L, Wat C, Mills, T, Mahoney P, Ward, P, Hayden F. 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Page 91 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007888 Medizinische Vorbereitung, Schutzmaßnahmen und Folgenab-schätzungBei einer Influenzapandemie drohen hinsichtlich der Morbidität und Letalität undderen Auswirkungen in der Bevölkerung Situationen, die mit Großschadensereig-nissen oder Katastrophensituationen vergleichbar sind. Im Gegensatz zu einemGroßschadensereignis ist die schädigende Wirkung jedoch nicht örtlich oder zeitlichbegrenzt, sondern wirkt mit Eigendynamik über Wochen und Monate fort. Aus denepidemiologischen Daten der Influenzapandemie von 1918/19 aus den USA wurdenfür den damals zirkulierenden Erreger Basisreproduktionsraten zwischen 1,6 und 2,4geschätzt [1]. Ob ein neuer pandemischer Erreger zu vergleichbaren oder deutlichhöheren Werten führt, ist gegenwärtig nicht zu prognostizieren. In der Situation einerPandemie besteht ein hoher Koordinierungsbedarf. Gerade das medizinische Per-sonal und die Einsatzkräfte unterliegen dem Schadensrisiko, insbesondere bestehtbei ihnen durch den lang anhaltenden Einsatz die Gefahr der Überforderung und derErschöpfung. Das hohe individuelle Erkrankungsrisiko, ein überlastetes Gesundheits-system und die u.U. eingeschränkte Funktionalität grundlegender gesellschaftlicherInfrastrukturen können zu starker Beunruhigung und zu Fehlreaktionen führen.Dieses große Gefährdungspotential macht vorbereitende Planungen und Inter-ventionsstrategien erforderlich. Für die regionalen Entscheidungs- und Funktions-ebenen sind vor allem die Handlungsfelder ‚Krisenmanagement, Kommunikation undKooperation‘, ‚infektionshygienisches Management‘ sowie ‚medizinische Versorgung‘von zentraler Bedeutung.8.1 Krisenmanagement, Informationsfluss und Kooperation auf regionalerEbeneFür den Bereich "Krisenmanagement, Informationsfluss und Kooperation auf regio-naler Ebene" sind bereits in der interpandemischen Periode die Information undfachliche Einweisung der Krisen- und Katastrophen-Reaktionsstrukturen der Städteund Gemeinden (örtliche Vernetzung von Lagezentren, Polizei, Feuerwehr, Rettungs-dienst/Transport, Katastrophenschutz) durch die örtlichen Gesundheitsämter beson-ders wichtig. Die Schulung sollte möglichst in enger Kooperation mit den für die Aus-bildung und Schulung zuständigen Stellen erfolgen. Daneben sollte in dieser Periodedie Überprüfung bzw. Anpassung der bestehenden regionalen Katastrophenpläneund die Planung der Logistik und Organisation zur Verteilung der antiviralen Medika-mente und Impfstoffe an die priorisierten Berufs- bzw. weitere Bevölkerungsgruppengeleistet werden. Die mögliche Notwendigkeit von Priorisierungsentscheidungen beider medizinischen Versorgung der Bevölkerung im Pandemiefall vor dem Page 92 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200789Hintergrund eines möglichen Mißverhältnisses von Bedarf und verfügbarentherapeutischen Ressourcen ist eine ungewohnte Situation bzw. Perspektive. Umdies transparent zu machen und die Bevölkerung rechtzeitig darauf vorzubereiten,wird eine aktive Risikokommunikation bereits in der interpandemischen Phaseangestrebt (vgl. Kap. 10). Versucht werden sollte auch, das bürgerschaftlicheEngagement und das Selbsthilfepotenzial zu stärken.Spätestens in der pandemischen Warnphase sollte auch eine Ressourcenplanungfür das Bestattungswesen erfolgen, da im Pandemiefall eine zunehmende Anzahl anBestattungen zu erwarten ist. Für die Organisation und Koordination dieser Aufgabenwird die Erstellung von Checklisten durch die zuständigen Stellen angeregt.Für den Pandemiefall werden die vorgesehenen Krisenstäbe einberufen. NeueGremien sollen nicht geschaffen werden, allerdings muss in diesen Gruppen aufkommunaler und regionaler Ebene infektiologischer und infektionsepidemiologischerSachverstand vertreten sein. Vorgesehen ist in dieser Phase eine koordinierteÖffentlichkeitsarbeit mit einer festgelegten, einheitlichen Kommunikationsstruktur fürdie unterschiedlichen Zielgruppen auf Länder- und regionaler Ebene (s. Kap. 10).8.2 Infektionshygienisches ManagementDen Gesundheitsämtern kommt bei der Verhütung und Bekämpfung von Infektions-krankheiten eine zentrale Rolle zu. Diese Rolle ist im Infektionsschutzgesetzverankert. Auch während einer Influenzapandemie liegt die Zuständigkeit und damitdie Verantwortung für das Meldewesen, die Verhütung und Bekämpfung übertrag-barer Krankheiten, ggf. das Management von Kontaktpersonen, die Festlegung unddie Koordination von Maßnahmen des Seuchenschutzes bei den örtlichen Gesund-heitsämtern bzw. den kommunalen Verwaltungsbehörden. Bei einer Influenza-pandemie ist mit einem massenhaften Anfall von Krankheitsverdächtigen, Krankenund Kontaktpersonen zu rechnen.Grundlegendes Ziel der Bekämpfung übertragbarer Krankheiten ist die Verhütungbzw. Unterbrechung von Infektionsketten durch Identifizierung, Behandlung und/oderIsolierung von Erkrankungsfällen, die Ermittlung von Kontaktpersonen (contacttracing) sowie deren Beobachtung, Belehrung und ggf. Quarantäne. In einem in derLiteratur beschriebenen mathematischen Modell wurde die mögliche WirksamkeitdiesesklassischenseuchenhygienischenInstrumentariumsbeieinerInfluenzapandemie berechnet [2; 3]. Demnach ergibt eine Modellrechnung mit einer Page 93 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200790angenommenen Basisreproduktionszahl von 1,8 selbst unter der Annahme einerCompliance aller Betroffenen von nur 50% bei einer Kombination von a) Isolation vonErkrankungsfällen in einer Einrichtung außerhalb des Haushaltes mit b) gleichzeitigerQuarantäne der Kontaktpersonen innerhalb des Haushaltes und c) gezieltem Einsatzantiviraler Substanzen für Erkrankte und (vordefinierte oder leicht identifizierbare)Kontaktpersonen eine Reduktion der Erkrankungsrate (Attack Rate) im ersten Jahrder Pandemie von 49% auf 27% [3].Weitere Gegenmaßnahmen können grundsätzlich auf zwei Ebenen ansetzen: auf derindividuellen Ebene z. B. durch gezielten individuellen Expositionsschutz, sowie aufder kollektiven Ebene durch allgemeine antiepidemische Maßnahmen (socialdistancing) Die Influenza wird besonders ´effektiv` in größeren Menschenansamm-lungen und beim Kontakt mit frisch erkrankten Menschen übertragen.Antiepidemische Maßnahmen können dazu beitragen, eine weitere Ausbreitung vonPandemieerregern zu verzögern bzw. zu reduzieren und lassen dadurch Raum fürpräventive Maßnahmen. Entscheidungen über diese Fragen und konkrete Maß-nahmen sind Aufgabe der Länder und Kommunen. Grundlegende Empfehlungen fürantiepidemische Maßnahmen sollen bundesweit von der InterministeriellenKoordinierungsgruppe basierend auf den Erkenntnissen der Influenza-Kommissionam RKI ausgesprochen werden.Beim Auftreten von pandemisch bedingten Influenza-Einzelfällen oder begrenztenAusbrüchen in der pandemischen Warnperiode können Absonderungsmaßnahmenvon Erkrankten oder Ansteckungsverdächtige noch sinnvoll sein, bei einerverbreiteten und anhaltenden Übertragung des Pandemievirus in der Bevölkerung(Phase 6) in Deutschland sind diese Maßnahmen jedoch nicht mehr effektiv. Wichtig-ste Bekämpfungsmaßnahmen sind stattdessen die Unterstützung des kurativenmedizinischen Sektors bei der Erhaltung seiner Einsatzfähigkeit und Kapazität zurVersorgung der Bevölkerung sowie die Reduzierung von sozialen Kontakten auf dasNotwendige.8.2.1 Expositionsschutz der BevölkerungDa in Ballungsräumen höhere Expositionsrisiken bestehen und die dort lebendenMenschen möglicherweise stärker durch Influenza gefährdet sind als in ländlichenGebieten, müssen Überlegungen zum Expositionsschutz der Bevölkerung differen-ziert erfolgen. Besonders größere Menschenansammlungen und öffentlicheVerkehrsmittel bieten optimale Übertragungsbedingungen für Influenzaviren. Im Falleiner beginnenden Pandemie (spätestens ab WHO Phase 5) muss die Bevölkerung Page 94 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200791durch Merkblätter, Aushänge und vorbereitete Pressemitteilungen auf allgemeineMaßnahmen, die Möglichkeiten des persönlichen Expositionsschutzes und einfachanzuwendende Hygieneregeln hingewiesen werden (vgl. Kap. 10.1). Insbesonderesollen Hinweise erfolgen:" wann, wie und wo ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden sollte," welche präventiven Maßnahmen wann zur Verfügung stehen, wie wirksam siesind, welche Nebenwirkungen und Kontraindikationen bestehen etc." wann, wie und wo prophylaktische Maßnahmen (Impfung) durchgeführtwerden können," ggf. über Einschränkungen der Bewegungsfreiheit auf Anordnung derBehörden," über die Indikationsstellung für Schutzmittel (z. B. Handschuhe, Mund-Nasen-Schutz etc.).Zu den allgemeinen Hygieneregeln zählen u.a.:" das Vermeiden von Händegeben, Anhusten, Anniesen," das Vermeiden von Berührungen der Augen, Nase oder Mund," die Nutzung und sichere Entsorgung von Einmaltaschentüchern," Empfehlungen zu einer intensiven Raumbelüftung," das gründliche Händewaschen nach Personenkontakten, der Benutzung vonSanitäreinrichtungen und vor der Nahrungsaufnahme sowie bei Kontakt mitGegenständen oder Materialien, die mit respiratorischen Sekreten vonErkrankten kontaminiert sein können ( z.B. bei der Pflege von Angehörigen –Bett- oder Leibwäsche, Essgeschirr, Patienten-nahe Flächen)" die getrennte Behandlung von an Influenza erkrankten Personen insbe-sondere von Säuglingen, Kleinkindern und Personen mit chronischenErkrankungen," die Empfehlung für fieberhaft Erkrankte, im eigenen Interesse zu Hause zubleiben, um weitere Ansteckungen zu verhindern," die Vermeidung von direkten Kontakten zu möglicherweise erkranktenPersonen sowie" der Verzicht auf den Besuch von Theatern, Kinos, Diskotheken, Märkten,Kaufhäusern bzw. die Vermeidung von Menschenansammlungen.Das Tragen eines dichtanliegenden, mehrlagigen Mund-Nasen-Schutzes kann in Page 95 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200792bestimmten Situationen, in denen ein Kontakt zu anderen vermutlich infiziertenPersonen in geschlossenen Räumen nicht vermeidbar ist, möglicherweise einengewissen Individualschutz bieten. Daten zur Schutzwirkung dieser Maßnahme beieinem Einsatz außerhalb der Krankenbetreuung liegen allerdings bisher nicht vor. Zuberücksichtigen ist auch, dass geeignete Schutzmasken nicht dauernd getragenwerden können und insofern ein 100%iger Schutz bei Aufrechterhaltung auch eineseingeschränkten sozialen Lebens durch sie nicht zu erzielen ist. In jedem Falledürfen die anderen genannten Präventionsmaßnahmen nicht im falschen Vertrauenauf einen Schutz durch das Tragen einer Maske vernachlässigt werden. DieWeltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt in ihrem Rahmen-Pandemieplan (von2005) keinen Mund-Nasen-Schutz für die allgemeine Bevölkerung (´not known to beeffective, permitted but not encouraged`). Hinweise zur Frage des geeignetenAtemschutzes im Rahmen der Betreuung Erkrankter finden sich unter www.rki.de;Rubrik Krankenhaushygiene; Stichwort: Infektionen zu ausgewählten Erregern/Influenza. Einlagige Masken, etwa aus Papier, sind nicht sinnvoll.8.2.2 Expositionsschutz für das ambulante medizinische PersonalEs ist davon auszugehen, dass sowohl medizinisches Personal in Krankenhäusernals auch in ambulanten Einrichtungen in höherem Maße einem Infektionsrisiko fürInfluenza ausgesetzt ist als andere Berufsgruppen. Über das tatsächliche Exposi-tionsrisiko des medizinischen Personals existieren jedoch für Deutschland, auch ausdem interpandemischen Intervall, bislang keine belastbaren Daten. Schutzmaß-nahmen zur Minimierung der Exposition des medizinischen Personals fallen in denBereich des Arbeitsschutzes.So sollte neben den generell einzuhaltenden Standardhygienemaßnahmen, wie siebei aerogen übertragbaren Infektionskrankheiten beim Umgang mit Krankheitsver-dächtigen und Kranken indiziert sind, ein erweiterter Expositionsschutz vorgesehenwerden. Für die Konkretisierung dieses Expositionsschutzes ist der Beschluss 609´Arbeitsschutz beim Auftreten von nicht impfpräventabler Influenza unter besondererBerücksichtigung des Atemschutzes` des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe(ABAS) maßgeblich [4]. Dort finden sich tätigkeitsbezogene abgestufteEmpfehlungen zum Tragen von Mund-Nasen- und Atemschutz sowie zurpersönlichen Schutzausrüstung (PSA). Bei der Abschätzung des Bedarfs anExpositionsschutzmitteln (PSA) sind auch zusätzlich mobilisierbare Hilfskräfte (sieheauch Kap. 8.3.2) zu berücksichtigen.Bei Verdacht auf eine Erkrankung an Influenza ist der betroffene Patient möglichst ineinem separaten Wartebereich, getrennt von anderen Personen unterzubringen. Page 96 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200793Verdachtsfälle sollen - soweit zumutbar - einen mehrlagigen Mund-Nasen-Schutztragen, um eine Ansteckungsgefahr für andere zu minimieren. Die konkreteUmsetzung dieser Empfehlungen soll unter Berücksichtigung der lokalen Gegeben-heiten unter Einbeziehung des Hygienefachpersonals ggf. in Rücksprache mit demzuständigen Gesundheitsamt erfolgen. Um einer nosokomialen Übertragung derInfluenza entgegenzuwirken und eine mögliche Multiplikatorfunktion durch infektiösePersonen des medizinischen Personals zu verhindern, müssen im Pandemiefallgeeignete Kontroll- und Schutzmaßnahmen für das medizinische Personal etabliertwerden.Zusätzlich zu diesen Maßnahmen des Expositionschutzes ist die prophylaktischeGabe von antiviralen Medikamenten zum Infektionsschutz des medizinischenPersonals bei vorhandener oder befürchteter Exposition zu erwägen.8.2.3 Antiepidemische MaßnahmenInfektionshygienischen und antiepidemischen Maßnahmen kommt in frühen Phaseneiner Influenzapandemie eine wichtige infektionspräventive Bedeutung zu. Die Um-setzung derartiger Maßnahmen verfolgt das Ziel, die Dynamik der Pandemie-entwicklung abzuschwächen und Virusübertragungen zu verhindern. Das IfSG siehtggf. seuchenrechtliche Maßnahmen (§28 ff IfSG) wie das Schließen von Kinder-gärten und Schulen sowie anderen Gemeinschaftseinrichtungen, das Verbot vonVeranstaltungen oder größeren Menschenansammlungen und die Quarantäne/Ab-sonderung von Kranken, Krankheits- und Ansteckungsverdächtigen vor (siehe hierzuauch Ziffer 8.2). Da Kinder zu den wichtigsten Multiplikatoren von Influenza-Infektionen gehören, kann eine Schließung von Kindergärten und Schulen je nachepidemiologischer Situation sinnvoll sein. Schulschließungen auf dem Höhepunkt derPandemie wirken sich mathematischen Modellierungsstudien zufolge günstig auf dieSpitzen-Erkrankungsraten, aber offenbar kaum auf die Erkrankungsraten insgesamtaus [2]. Auch Besuchsverbote in medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrich-tungen können - der Situation angemessen - im Pandemiefall erwogen werden. Dieangeordneten Maßnahmen sollen im Rahmen eines bundesweit einheitlichenVorgehens erfolgen, ihre Umsetzung muss vor Ort durch die zuständige Behördesichergestellt werden.8.2.4 Reiseverkehr, Internationale GesundheitEs ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass zukünftige Influenza- Page 97 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200794pandemien ihren Ausgang nicht in Deutschland nehmen werden. Stattdessen wirdangenommen, dass aufgrund der ´idealen` Ausgangsbedingungen für eine Reassor-tantenbildung bzw. das Überschreiten der Artenbarriere, wie sie in vielen asiatischenLändern herrschen, ein potenziell pandemischer Erreger von dort in andere Ländereingeschleppt wird. Daher liegt es nahe, vor allem der Überwachung Reisender undMigranten im Frühstadium einer Pandemie außerhalb Deutschlands/EuropasAufmerksamkeit zu widmen. Es gibt hier z. B. im Rahmen des Ausreise-Screeningsdie Möglichkeit, ab einer noch festzulegenden Pandemiephase die KörpertemperaturAusreisender zu überwachen. Eine flächendeckende Surveillance wird dabei nichtmöglich sein. Vielmehr soll die Überwachung die Wahrscheinlichkeit erhöhen, umFälle, die den Erreger in andere Länder einschleppen könnten, frühzeitig erkennenzu können. Die Effektivität und die Auswirkungen derartiger Maßnahmen auf dieDynamik einer Pandemie dürfen jedoch nicht überschätzt werden. Nach denErkenntnissen der Modellierungsstudie von Ferguson et al. [2] erbringenBeschränkungen im internationalen Reiseverkehr eine Verzögerung in derPandemieausbreitung von 2 – 3 Wochen, aber nur wenn sie zu 99% effektiv sind.Angestrebt wird eine international einheitliche Regelung der Vorgehensweise bei derKontrolle Reisender und Migranten. Die von der WHO revidierten InternationalenGesundheitsvorschriften zielen auf eine höchstmögliche Sicherheit vor derAusbreitung von Erkrankungen bei minimaler Beeinträchtigung des Welthandels ab[5] (vgl. Kap. 4).8.3 Aspekte der medizinischen VersorgungWährend einer Pandemie ist über einen längeren Zeitraum mit täglichen Neuerkran-kungen und täglichen Sterbefällen zu rechnen. Dadurch besteht ein hoherzusätzlicher Bedarf an diagnostischen sowie an ambulanten und stationären thera-peutischen (materiellen) Ressourcen. An die personellen Ressourcen imGesundheitswesen werden hohe Anforderungen gestellt bei gleichzeitigem Risikoder eingeschränkten Verfügbarkeit wegen Erkrankungen des medizinischenPersonals.8.3.1 Vorbereitende Maßnahmen in der interpandemischen PeriodeBereits in der interpandemischen Periode müssen die vorhandenen Notfallpläne inStädten, Kommunen und Krankenhäusern für Situationen mit einem massenhaftenAnfall von stationär behandlungsbedürftigen und potenziell infektiösen Personenüberprüft und ggf. angepasst werden. Gleichzeitig sollen die bereits vorhandenen Page 98 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200795Notfallpläne zur Mobilisierung aller personellen und materiellen Reserven im Hinblickauf die Influenzapandemie überprüft und ggf. ergänzt werden.Im Pandemiefall ist eine möglichst lange ambulante Versorgung der Erkranktenanzustreben. Zur Entlastung des stationären Sektors sollte frühzeitig die Übernahmevon Patienten aus der stationären Behandlung in den ambulanten Bereich erfolgen.Daher müssen möglichst schon in der interpandemischen Periode die Möglichkeitenzur Lenkung der Patientenströme und der Bildung von ambulanten Behandlungs-schwerpunkten (zumindest in den Ballungsgebieten) geprüft werden. Für die Einsatz-und Ressourcen-Steuerung und die Koordination müssen die Verantwortlichkeitenauf dem ambulanten Sektor zusammen mit den Organen der ärztlichen Selbst-verwaltung bereits im Vorfeld geklärt und festgelegt werden. Empfehlungen zumBetriebsablauf der Praxen sowie zum Infektionsschutz der Beschäftigten imPandemiefall sollen bereits im Vorfeld erstellt werden. Möglichkeiten zur Minimierungdes Expositionsrisikos für Hilfesuchende innerhalb der Versorgungsstrukturen bietetauch die Etablierung spezialisierter medizinischer Callcenter bzw. Telefon-Hotlinesoder andere moderne Beratungs- und Kommunikationsstrukturen wie z. B. ärztlichmoderierte Internet-Foren und Chatrooms, Podcasts, interaktive Websites etc. AlsInhaber bzw. Träger solcher Instrumente kommen u. a. die Organe der ärztlichenSelbstverwaltung, die Krankenkassen oder Hilfsorganisationen in Betracht.Pflegeheime sollen für den Pandemiefall befähigt werden, ihre Patienten solange wiemöglich im Heim zu versorgen. Dies setzt eine entsprechende Schulung desPflegepersonals voraus. Die Verzahnung der die Heimbewohner versorgendenHausärzte zu einem untereinander in engem Kontakt stehenden ärztlichenVersorgungs-Team oder die Benennung eines federführenden ´Heimarztes` aus denReihen eines derartigen Teams könnten sich zur besseren Bewältigung kritischerSituationen in der Folge einer Pandemie im Bereich der Altenpflege als notwendigerweisen.Im Falle einer Influenzapandemie ist auch beim medizinischen Personal mit einerhohen Erkrankungsrate zu rechnen. Deshalb, nicht zuletzt aber auch wegen des zuerwartenden Massenanfalls an Influenzaerkrankten, sind im Pandemiefall personelleEngpässe im ambulanten wie auch im stationären medizinischen Sektor zu erwarten.Maßnahmen zur Rekrutierung zusätzlichen medizinischen Personals sind in Kap. 9dargestellt. Eine Möglichkeit zur raschen Sichtung potenzieller personellerRessourcen im medizinischen Bereich in Vorbereitung auf eine Pandemie wären z.B. Meldelisten für medizinisches Personal bei den Gesundheitsämtern.Es besteht Grund zu der Annahme, dass auch ein pandemischer Influenza-Erreger Page 99 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200796nach Infektion bzw. überwundener Erkrankung eine Immunität hinterlässt. Insoferndürfte es im Verlauf einer Pandemie zu einer allmählichen Akkumulationarbeitsfähiger und nicht-empfänglicher Personen kommen, denen z. B. bei dergesundheitlichen Versorgung oder in anderen kritischen Bereichen womöglich einezentrale Rolle zukommt. Daher sollen auch Schritte und Methoden zurIdentifizierung, zum Ansprechen bzw. zur Rekrutierung solcher Personen für diesenFall in die Planungen aufgenommen werden.Sowohl der ambulante medizinische Sektor wie auch die Krankenhäuser müssenberücksichtigen, dass im Pandemiefall ein erhöhter Bedarf an Antibiotika zurTherapie von bakteriellen Superinfektionen, Atemschutzmasken, Einmalhand-schuhen, Schutzbrillen und Schutzkitteln besteht.8.3.2 Maßnahmen im PandemiefallIm Pandemiefall ist die frühzeitige räumliche zumindest aber zeitliche Trennung vonPatienten mit einer akuten respiratorischen Symptomatik von Patienten mit anderenKrankheitsbildern in den Aufnahme- bzw. Wartezimmerbereichen aller ambulantenund stationären Einrichtungen von besonderer Bedeutung[6]. Krankenhäuser solltenhierzu spezielle Aufnahmestationen vorsehen, sowie Szenarien berücksichtigen, beidenen es zu einer erhöhten Zahl von Personen kommt, die sich selbst einweisen.Diese Forderung sollte in den nach § 36 IfSG vorgesehenen Hygieneplänenberücksichtigt werden.Für die ambulante Versorgung können in Ballungsgebieten Schwerpunktpraxen oderAmbulatorien benannt und aufsuchende Leistungen und häusliche Betreuung unterEinbeziehung professioneller oder ehrenamtlicher Pflege-, Besuchs- und Betreu-ungsdienste verstärkt werden. Wichtig ist auch, dass die ständige Kommunikationzwischen ÖGD, Reaktionskräften und dem Personal der ambulanten Versorgunggewährleistet ist (s. Kap. 10). Gleichzeitig sollen medizinisches Hilfspersonal undfreiwillige Helfer mobilisiert und zu einer verstärkten Nachbarschaftshilfe und bürger-schaftlichem Engagement aufgerufen werden .Um den möglichen Übergang in eine Katastrophenlage rechtzeitig erkennen unddem gemäß handeln zu können, ist die Erstellung eines kontinuierlichen Lagebilds imHinblick auf die personellen und materiellen Ressourcen im Gesundheitssektor erfor-derlich. Im Pandemiefall muss sichergestellt sein, das neben der Versorgung mitArzneimitteln auch die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Trinkwasserund anderen dringenden Gütern durch die entsprechenden Hilfsorganisationen u.U.unter Hinzuziehung der Bundeswehr gewährleistet ist und Einsatzpläne zur Um- Page 100 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200797setzung der Maßnahmen erstellt werden.8.4 Literatur[1] Germann T C, Kadau K, Longini I M, Macken C A. Mitigation strategies for pandemicinfluenza in the United States. PNAS 2006; 103 (15): 5935-5940.[2] Ferguson N M, Cummings D A T, Fraser C, Cajka J C, Cooley P C, Burke D S.Strategies for mitigating an influenza pandemic. Nature 2006; 442(27): 448-452)[3] Wu J T, Riley S, Fraser C, Leung G M. Reducing the impact of the next influencapandemic using household-based public health interventions. PloS Medicine 2006; 3(9):001-009.[4] Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS). Arbeitsschutz beim Auftreten vonnicht impfpräventablerInfluenzaunterbesondererBerücksichtigungdesAtemschutzes. Beschluss Nr. 609.http://www.baua.de/prax/abas/besch609.pdf[5] Bundesrat Drucksache 719/03 vom 7.10.03. Unterrichtung durch die Bundesregierung:Mitteilung der Kommission der Europäischen Gemeinschaft an den Rat zur Revision derinternationalen Gesundheitsvorschriften im Rahmen der Weltgesundheitsorganisation(KOM (2003) 545 endg.; Ratsdok. 13074/03.[6] Bundesärztekammer/Kassenärztliche Vereinigung. Mitteilungen: Saisonale Influenza,Vogelgrippe und potenzielle Influenzapandemie Empfehlungen zum Einsatzinsbesondere von antiviralen Arzneimitteln und Impfungen. Unter Mitwirkung einerArbeitsgruppe der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft.DeutschesÄrzteblatt 2005;102;49 vom 9. Dezember 2005. Page 101 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007989 Internes KrankenhausmanagementWährend einer Influenzapandemie muss mit einer plötzlichen Zunahme von stationärbehandlungspflichtigen Patienten gerechnet werden. Diese sind zum Schutz deranderen Patienten zudem räumlich getrennt unterzubringen. Um die begrenztenKapazitäten bestmöglich zu nutzen, ist primär eine ambulante Betreuung Erkrankteranzustreben. Voraussetzungen dafür sind allerdings ein unkomplizierterKrankheitsverlauf sowie ein funktionierendes Versorgungssystem (hausärztlicheVersorgung, Familie, ggf. ambulante Pflegedienste). Die Verbreitung vonEntscheidungskriterien/-hilfen für das Aufsuchen eines Arztes bzw. einesKrankenhauses über die Massenmedien kann sinnvoll sein.Kommende Influenzapandemien treffen auf eine Krankenhauslandschaft, die durchdas ab 2004 eingeführte System der Fallkostenpauschalen (DRG) und den Abbauvon Krankenhausbetten erheblichen Veränderungen unterworfen ist. Im Bedarfsfallmüssen deshalb in der Pandemie Betten freigelenkt werden. Dies erfordert imVorfeld eine klare Planung und Festlegung flächendeckend verfügbarerKrankenhausbetten und Rekrutierungsstrukturen für Behandlungskapazitäten.Hierfür ist ein Alarmplan notwendig, der sich an bereits bestehende Alarmpläne (z. B.Seuchenalarmpläne Pockenalarmplan) anlehnen sollte.Neben den strukturellen Überlegungen (geeignete räumliche und personelleBehandlungskapazitäten) müssen für den Pandemiefall auch die" notwendige sächliche Ausstattung und die Vorhaltung von Medikamenten," das Personalmanagement (z.B. Zuordnung des Personals zu den verschiedenenbetroffenen/nicht betroffenen Bereichen; Vertretungspläne; Behandlung /Frei-stellung infizierten Personals) und" Aspekte der Infektions- und Krankenhaushygiene einschließlich entsprechenderSchulungen" und Besucherregelungenim Vorfeld geplant und entsprechende Maßnahmen vorbereitet werden.9.1 Epidemiologie (prognostizierte stationäre Fallzahlen)Nach Modellrechnungen des RKI könnte es bei Annahme einer nur moderatenPandemie (i.e. ähnlich wie 1957 oder 1968) und einer Erkrankungsrate von 30%, Page 102 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200799ohne jegliche Intervention, zu 370.000 - 430.000 zusätzlichen Krankenhaus-einweisungen kommen, die innerhalb von etwa acht Wochen versorgt werdenmüssten (Ergebnisermittlung mittels der Software FluAid (s. Kap. 2.6) bzw. FluSurge;CDC, Atlanta). Selbst wenn eine antivirale Therapie für alle Erkrankten zurVerfügung stünde, diese mit ca. 50% Reduktion der Krankenhauseinweisungenähnlich gut wirksam wäre wie bei der saisonalen Influenza (s. Kap. 7.1.3.1) und auchbei allen Patienten rechtzeitig (d.h. innerhalb von 48 Stunden) zur Anwendung käme,müsste noch mit etwa 185-215.000 Krankenhauseinweisungen gerechnet werden.Bei etwa 13 Millionen Erkrankten, die einen Arzt aufsuchen, entspräche das einemAnteil von etwa 3% der Patienten, die in ein Krankenhaus eingewiesen würden.Sollte die Erkrankungsrate höher sein oder das Virus eine höhere Virulenz haben,können jedoch auch deutlich höhere stationäre Fallzahlen auftreten. Krankenhäusersollten in ihren Planungen einen Puffer von 20-30% einbeziehen. Bei einerangenommenen Verweildauer auf Normalstation von 5 Tagen und einerPandemiedauer von etwa 8 Wochen ergäbe sich für Deutschland, dass pro Wochebis zu 62.000 Patienten auf Nicht-Intensivstationen und bis zu 17.800 Patienten aufIntensivstationen zu behandeln wären (s. Tab. 6). Weitere Einzelheiten zu denBerechnungen finden sich im technischen Anhang.Tab. 6: Schätzungen zur Auswirkung einer moderaten Pandemie mit 30%igerErkrankungsrateaufdasKrankenhausweseninderdeutschenGesamtbevölkerung (2004) und pro 100.000 Bevölkerung. Berechnungsgrundlageist FluSurge (CDC; Atlanta, USA), die Gesamtzahl der Krankenhauseinweisungenweicht von den Angaben in Kap. 2.6 etwas ab. Annahmen: fünftägigeVerweildauer auf Normalstation und 10-tägige Verweildauer auf Intensivstation;keine Impfung, keine Therapie. Wo=Woche.Wo 1Wo 2Wo 3Wo 4Wo 5Wo 6Wo 7Wo 8(1) Krankenhaus-Einweisungen proWoche26.000 44.000 64.000 82.000 82.000 64.000 44.000 26.000- pro 100.000 Bevölkerung3253789999785332(2) Maximale Bettenbelegung mitPandemiepatienten während der19.000 32.000 47.000 60.000 62.000 54.000 42.000 28.000 Page 103 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 20071000100200300400500600700800900199119921993199419951996199719981999200020012002200320042005Bettenpro100.000Einwohner79.000.00079.500.00080.000.00080.500.00081.000.00081.500.00082.000.00082.500.00083.000.000AufgestellteBetten pro 100.000EinwohnerBevölkerungWoche*- pro 100.000 Bevölkerung2339577375665134(3) Maximale Bettenbelegung aufIntensivstationenwährendderWoche4.0007.90012.900 16.800 17.800 17.800 13.8009.900- pro 100.000 Bevölkerung4,99,615,620,421,621,616,712,0(4)MaximaleZahlbeatmeterPandemiepatienten während derWoche2.0004.0005.9007.9008.9008.9006.9004.900- pro 100.000 Bevölkerung2,44,97,29,610,810,88,45,9*Die in der Tabelle genannten ´maximalen` Werte geben den Höchstwert an, der an einem der Tagein der jeweiligen Woche erreicht wird.9.2 Stationäre BehandlungskapazitätenDie Zahl der Krankenhausbetten in Deutschland betrug im Jahr 2005 nach denvorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes mit 523.567 über 7700Betten weniger als 2004 [1]. Ca. 4 % der aufgestellten Betten sind Intensivbetten [2]. Page 104 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007101Abb. 4: Entwicklung der Zahl der aufgestellten Krankenhausbetten und derBevölkerung in Deutschland, 1991-2005Um rasch die erforderlichen Bettenkapazitäten verfügbar zu haben, ist es im Vorfeldnotwendig, je kommunaler Gebietskörperschaft (z.B. Landkreis; ggf. Amtsarztzu-ständigkeit) entweder ein Erstversorgungskrankenhaus oder die Krankenhäuser zudefinieren, die an der Krankenversorgung im Pandemiefall beteiligt sind. In einzelnenLändern (insbesondere Flächenländern) kann es notwendig sein, alle Krankenhäuserin die Krankenversorgung im Pandemiefall einzubinden. Entschließt man sich für dasKonzept der Erstversorgungskrankenhäuser, sollte dies kein Klinikum derMaximalversorgung sein, da diese kaum über ausreichend freilenkbareBettenkapazitäten verfügen. Empfohlen wird die Auswahl einer Klinik der Schwer-punktversorgung der öffentlichen Hand.Die ausgewählten Kliniken sollten über folgende Ausstattungsmerkmale verfügen:" zum Schutz anderer Patienten, räumlich getrennter Bereich zur Versorgung derPandemie-bedingten Patienten," zentrale Sauerstoffversorgung (Versorgung mittels Sauerstoffflaschen nur inAusnahmefällen)," geeignete Beatmungsplätze," Möglichkeiten zur Maskenbeatmung," Vorhaltung der üblichen intensivmedizinischen Ausstattung (z.B. Katheter,Infusomaten, Arzneimittel, Infusionslösungen)" Möglichkeit der Dialysebehandlung (CVVH, Hämodialyse)," Pädiatrische Abteilung; Pädiater (vor Ort, konsiliarisch).Alle an der Krankenversorgung im Pandemiefall beteiligten Krankenhäuser benötigenzum Arbeitsschutz und der Patientenversorgung einen Vorrat an" persönlicher Schutzausrüstung (geeignetem Atemschutz) (s. unten)" antiviralen Arzneimitteln" Antibiotika zur Behandlung sekundärer bakterieller Infektionen Page 105 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007102In Zusammenarbeit mit den örtlich zuständigen Gesundheitsbehörden treffen dieKrankenhäuser folgende vorbereitende Festlegungen:" Etablierung eines Pandemiestabes (Klinikum, RP, ÖGD, Seuchenreferent)" Definition kurzfristig verfügbarer Bettenkapazitäten" Erstellung eines Notfallplanes für die zentrale Notaufnahme (einschließlichAngaben/Kriterien zur Triage; definierte Aufnahmekriterien (vgl. Kap. 9.1.3).Der technische Anhang des Pandemieplans enthält eine Checkliste zur Vorbereitungvon Krankenhäusern für eine Influenza-Pandemie.Grundsätzlich sollten stationär zu behandelnde Patienten nur in Kliniken eingewiesenwerden; die Nutzung von nichtmedizinischen Einrichtungen (Turnhallen, Hotels, BW-Kasernen) wird nicht empfohlen. Nicht stationär Behandlungspflichtige werdenambulant versorgt (vgl. Kap. 8.3).9.3 Ablaufplan im Krankenhaus9.3.1 Stationäre AufnahmeZentraler Anlaufpunkt im Krankenhaus ist die (für Patienten mit Influenzaverdachträumlich abtrennbare) zentrale Notaufnahme mit geschultem und entsprechendgeschütztem Personal. In der Notaufnahme wird von erfahrenen Ärzten eine Triagevorgenommen. Für die stationäre Aufnahme werden einheitliche ´Triagekriterien`vorgeschlagen (Verdacht, Fall, Aufnahme, Intensivbehandlung, Entlassung):Aufnahme-Indikationen sind z.B:Patient mit Influenza-typischen Symptomen (plötzlicher Beginn, Körpertemperatur >38,5°C, Husten, Kopf- und/oder Gliederschmerzen)und zusätzlich eine der folgenden Gegebenheiten:- Medizinische Aufnahme-Indikation:" Pneumonie" instabile Vitalparameter (Blutdruck, Puls, Atemfrequenz, Bewusstseinslageetc) oder" chron. Herz-Kreislauf-/Lungenerkrankung oder Immunschwäche: z.B.immunsuppressive Erkrankung, onkologische Grunderkrankung, COPD. Page 106 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007103" spezielle Indikationen:" Patient/-in mit Rhabdomyolyse/ Myoglobinurie, Gefahr des akutenNierenversagens" Patient/-in mit Myokarditis/ Perikarditis" Patient/-in mit Enzephalitis, Myelitis, Guillain-Barre-Syndrom.- Soziale Aufnahme-Indikation:" Kompetente häusliche Versorgung nicht gewährleistetZur Vermeidung der Weiterverbreitung der Infektion innerhalb des Krankenhausessollten Aufnahme und Behandlung der pandemiebedingten Patienten von anderenBereichen räumlich getrennt erfolgen. Ein Flussdiagramm als Hilfe für die Planungdes stationären Managements von Influenza-Verdachtsfällen bei gehäuftemAuftreten zu Beginn einer Pandemie findet sich im technischen Anhang desPandemieplans. Die Patientenbefragung und Befunderhebung sollte standardisierterfolgen.Für die Nutzung zentraler diagnostischer Bereiche (z.B. Röntgen), kann eine zeitlicheTrennung der Untersuchung von Pandemiepatienten und nicht von der Influenzabetroffener Patienten sinnvoll sein. Auf die Notwendigkeit von Besuchsregelungenwährend der Pandemie wird ausdrücklich hingewiesen.9.3.2 Behandlung von SekundärerkrankungenFür die Behandlung von bakteriellen Sekundärerkrankungen (Pneumonie, Sinusitis,Otitis) eignen sich prinzipiell folgende Antibiotika:" Neuere Makrolide," Amoxicillin," Doxycyclin," orale Cephalosporine.Dies gilt für Patienten ohne Lungenvorerkrankungen. Bei Patienten mit pulmonalenRisiken (z.B. COPD, Asthma bronchiale, strukturelle Lungenerkrankungen) erweitertsich das mögliche Erregerspektrum in den gramnegativen Bereich, wastherapeutisch zu berücksichtigen ist (z.B: Moxifloxacin, Amoxicillin plus Beta-Laktamaseinhibitor).Tab. 7: Antibiotika zur Behandlung von Sekundärinfektionen, Dosierung und TherapiedauerSubstanzenDosierung (pro Tag)Therapiedauer Page 107 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007104Mittel der Wahl:Aminopenicillin" Amoxicillin≥ 70 kg: 3 x 1 g oral< 70 kg: 3 x 0,75 g oral7-10 TageAlternativen:Makrolid" Azithromycin1 x 500 mg oral3 Tage" Clarithromycin2 x 500 mg oral 3 Tage,anschl. 2 x 250 mg7-10 Tage" Roxithromycin1 x 300 mg oral7-10 TageoderTetracyclin" Doxycyclin1 x 200 mg oral initial,≥ 70 kg: 1 x 200 mg< 70 kg: 1 x 100 mg7-10 TageVertreter der Betalaktam- und Makrolidantibiotika sowie Doxycylin können bei Bedarfauch parenteral appliziert werden.Häufige Erreger der sekundären bakteriellen Pneumonie bei einer saisonalenInfluenza sind Pneumokokken und S. aureus. Die aktuelle Resistenzlage für beideErreger ist bei therapeutischen Entscheidungen zu berücksichtigen (Makrolid- undPenicillinresistenz bei Pneumokokken, letztere insbesondere bei importiertenInfektionen; MRSA und ca-MRSA). Die Behandlung der Influenza und bakteriellerKomplikationen soll nach Leitlinien etabliert sein [3].9.4 PersonalHinsichtlich des Arbeitsschutzes wird auf den Beschluss des Ausschusses fürBiologische Arbeitsstoffe (ABAS 609) ´Arbeitsschutz beim Auftreten von nichtimpfpräventabler Influenza unter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzes`verwiesen [4].Es wird empfohlen, dem gesamten Personal in Krankenhäusern, einschließlich desnichtmedizinischen Dienstes, jährlich die Influenzaschutzimpfung anzubieten.Darüber hinaus wird empfohlen für den Pandemiefall einen Vorrat anNeuraminidasehemmern für das Personal anzulegen.Im Rahmen einer Influenzapandemie ist ohne eine medikamentöse Prophylaxe mit Page 108 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007105einemMindestausfallzurechnen,derderErkrankungsrateinderGesamtbevölkerung entspricht. Es ist jedoch anzunehmen, dass sie wegen eineserhöhten berufsbedingten Risikos und evtl. familiärer Verpflichtungen deutlich höherausfallen würde. Das Krankenhauspersonal sollte regelmäßig über die Pandemie-Vorbereitungen informiert und geschult und die Ablaufpläne jährlich überprüftwerden.Auch bei Durchführung einer umfassenden Prophylaxe mit antiviralen Arzneimittelnsollen Vertretungsregelungen, insbesondere für speziell qualifiziertes Personalvorgesehen werden.9.5 Hygienemaßnahmen und Infektionskontrolle im KrankenhausHinsichtlich der zu treffenden Hygienemaßnahmen wird auf die Empfehlungen desRKI zu ´Hygienemaßnahmen bei Patienten mit Verdacht auf bzw. nachgewiesenerInfluenza` (Stand August 2006) und auf den Beschluss des Ausschusses fürBiologische Arbeitsstoffe (ABAS 609) ´Arbeitsschutz beim Auftreten von nichtimpfpräventabler Influenza unter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzes`verwiesen. Diese gelten in gleicher Weise für die Behandlung in derniedergelassenen Praxis. (s. Anhang und unter www.rki.de; Infektionsschutz;Krankenhaushygiene, dort: Informationen zu ausgewählten Erregern).9.6 Literatur[1] Statistisches Bundesamt 2006. Stationäre Versorgung 1991 bis 2005. Einrichtungen,Betten und Patientenbewegung. Krankenhäuser. abrufbar unter:http://www.destatis.de/themen/d/thm_gesundheit.php[2] Statistisches Bundesamt 2006 Grunddaten der Krankenhäuser 2004- Fachserie 12 Reihe6.1.1 abrufbar unter:http://www-ec.destatis.de/csp/shop/sfg/vollanzeige.csp?ID=1017782[3] Leitlinien der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie, der Deutschen Gesellschaftfür Pneumologie, der Deutschen Gesellschaft für Infektiologieund vom KompetenzwerkCAPNETZ. Epidemiologie, Diagnostik, antimikrobielle Therapie und Management vonerwachsenen Patienten mit ambulant erworbenen tiefen Atemwegsinfektionen (akuteBronchitis, akute Exazerbation einer chronischen Bronchitis, Influenza und andererespiratorische Virusinfektionen) sowie ambulant erworbener Pneumonie. Erstellt am Page 109 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200710628.6.2005. Abrufbar unter: http://www.uni-duesseldorf.de/www/awmf/ll/082-001.htm[4] Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS). Arbeitsschutz beim Auftreten vonnichtimpfpräventablerInfluenza unter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzes.Beschluss Nr. 609.http://www.baua.de/prax/abas/besch609.pdf Page 110 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 200710710 Kommunikation und Information210.1 VorbemerkungIm Pandemiefall sollten die von Bund und Ländern errichteten Strukturen des Krisen-und Katastrophenmanagements für Großschadenslagenfür die Krisen-kommunikation genutzt werden. Die Strukturen des Krisenmanagements und dasphasenspezifische Vorgehen für den Bereich Kommunikation und Information sind imTeil I und II des Pandemieplans dargestellt.DerKommunikationsbereichumfasstsowohldiezwischenbehördlicheKommunikation als auch die Kommunikation mit der Bevölkerung im Sinne derInformationsübermittlung bzw. des Informationsaustauschs und ist unverzichtbarerBestandteil der Lagebildentwicklung. Die zwischenbehördliche Kommunikation ist inden jeweiligen Geschäftsordnungen festgelegt. Diese müssen auf ihre´Pandemietauglichkeit`, insbesondere bei langfristiger Beanspruchung derKrisenmanagementstrukturen, hin überprüft werden. Diese Kommunikation dientdem Management von Krisenlagen und gehört daher zum Bereich derKrisenkommunikation.DieKommunikation mit der Bevölkerung im Sinne einer proaktivenRisikokommunikation erfolgt bereits vorab und auf der Basis eines ausgearbeitetenlangfristigen Kommunikationskonzepts, das im Folgenden beschrieben wird.10.2 Aspekte der Risiko- und KrisenkommunikationDie Risikokommunikation im Rahmen der Pandemieplanung setzt bereits in derinterpandemischen Phase ein. Sie versteht sich als eine proaktiveInformationsstrategie des Bundes und der Länder und soll – wie diePandemieplanung selbst auch – die Bevölkerung, Interessensvertreter, dieFachöffentlichkeit, die Medien (bspw. durch frühzeitige Etablierung vonMedienpartnerschaften) sowie die politischen Entscheidungsträger auf den Krisenfall´Pandemie` vorbereiten.2Bei diesem Kapitel handelt es sich um eine Kurzfassung des ´Bund-Länder-Konzepts zur Risiko- undKrisenkommunikation im Rahmen der Influenza- Pandemieplanung` (Stand 15.2.2007). Der imKonzept enthaltene detaillierte phasenspezifische Aktionsplan wurde nicht aufgenommen. Page 111 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007108Voraussetzung ist eine konsistente und komplementäre Kommunikationzwischen den Akteuren des Gesundheitssystems auf allen Ebenen (kommunale,Länder- und Bundesebene, international) sowie mit allen betroffenen Ressorts(insbesondere Innen, Verkehr, Wirtschaft, Verbraucherschutz, Finanzen, usw.). Diehierzu notwendigen Abstimmungsprozesse als Teil der ´Pandemieplanung` folgen inder interpandemischen Phase den herkömmlichen, in den entsprechendenGeschäftsordnungen der beteiligten fachlichen und politischen Behördenfestgelegten Prozessen. Dies geschieht unter Einbeziehung der jeweiligenLeitungsebenen, sofern hierfür nicht gesonderte Abstimmungsgremien bestimmtworden sind.Es muss gewährleistet werden, dass alle Entscheidungsebenen (kommunale,Länder-undBundesebene)aufeinheitlichewissenschaftlicheInformationsgrundlagen Bezug nehmen. Diese Grundlagen müssen durch die jeweilszuständigen Fachbehörden aktuell und kontinuierlich bereitgestellt werden.Divergierende Fachmeinungen sind als Dissens und offene Fragen frühzeitig zukommunizieren, um einem öffentlichen Expertenstreit im Ereignisfall vorzubeugen.In dieser Phase verfolgt die Risikokommunikation vorrangig das Ziel, die genanntenZielgruppen hinsichtlich der Pandemie, ihrer möglichen Konsequenzen für den Staatund die Bevölkerung sowie über die Planungen von Gegenmaßnahmen undSchutzmöglichkeiten aufzuklären und zur Vorsorge anzuregen.10.3 Von der Risikokommunikation zur KrisenkommunikationIn der pandemischen Phase bzw. im Rahmen von Pandemie assoziiertenEreignissen in der interpandemischen Phase ist von einer Krisensituation und damitverbunden einer gänzlich anders gearteten Betroffenheit und Risikowahrnehmungder Zielgruppen auszugehen. Dies kann bspw. der Fall sein, wenn ein ersterHumanfall hochpathogener aviärer Influenza in Deutschland auftritt oder die WHOdie Pandemiephasen 5 oder 6 erklärt.In dieser Situation ändert sich die Zielsetzung der Kommunikation insofern, als siezur Krisenkommunikation und damit zu einem wichtigen Instrument desKrisenmanagements wird. Auch und insbesondere in dieser Situation muss dieKommunikation transparent, konsistent und ehrlich sein. Die Glaubwürdigkeit istGrundvoraussetzung dafür, dass Empfehlungen bzw. Maßnahmen von derBevölkerung akzeptiert und befolgt werden. Page 112 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007109In den geschilderten Situationen ist von einer stark erhöhten Inanspruchnahme derrelevanten Informationsstellen auszugehen. Deshalb müssen bereits in derinterpandemischen Phase sowohl die Voraussetzungen für eine schnelleVerfügbarkeit als auch längerfristige technische und personelle Sicherstellungentsprechender Informationsangebote (Bürgertelefone, Internet, Pressestellen)geschaffen werden.Da in der Pandemie (Phase 6) davon auszugehen ist, dass Abstimmungs- undEntscheidungsprozesse nicht mehr im üblichen zeitlichen Rahmen ablaufen können,müssen gleichfalls vorab die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass imKrisenfall Informationen, Maßnahmen und Entscheidungen beschleunigt auffachlicher und politischer Ebene abgestimmt und weiter kommuniziert werdenkönnen. Dies beinhaltet auch die Sicherstellung der Verfügbarkeit entsprechendertechnischer Kommunikationsinfrastrukturen.Im Krisen- bzw. Pandemiefall sind die jeweiligen Krisenstäbe aufgrund ihrerAufgabenstellung die zentralen Stellen, die alle aktuellen Informationen zurGesamtlage bündeln. Dadurch sind sie auch primärer Ansprechpartner undVermittler für die Medien. Deshalb müssen sie einerseits über alle relevantenInformationen auf fachlicher und politischer Ebene verfügen und andererseits mussArt und Inhalt der Krisenkommunikation aller beteiligten Stellen mit ihnen abgestimmtsein.Jegliches Kommunizieren, auch und insbesondere im Ereignisfall, setzt die eigeneKommunikationsfähigkeit voraus. Deshalb müssen alle an der Kommunikationbeteiligten Behörden/Akteure ein internes Kommunikationskonzept entwickeln bzw.ein vorhandenes Konzept auf seine Funktionsfähigkeit für den Pandemiefallüberprüfen.10.4 Risikokommunikation durch zielgruppenspezifische und modulareInformationenZielsetzung der Risikokommunikation ist eine transparente und der Situationentsprechend rechtzeitige Kommunikation mit den oben genannten Zielgruppen.Bereits in der interpandemischen Phase müssen daher pandemierelevanteInformationen in die Zielgruppen kommuniziert werden, da sie für eine optimaleVorbereitung auf den Ereignisfall unerlässlich sind. Dabei ist sowohl eineGesamtsicht der Problematik als auch die modulare und komplementäre Darstellungvon Einzelaspekten Teil der Informationsstrategie, da so neu auftretende Page 113 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007110Entwicklungen gleichfalls im Rahmen einer Gesamtstrategie berücksichtigt werdenkönnen.Ebenfalls in der interpandemischen Phase müssen Basisinformationen,InformationselementeundSchlüsselbotschaftenzusammengetragenundzielgruppengerecht aufbereitet werden (bspw. Aufrufe an / Information für dieBevölkerung in Form von TV-Spots), damit sie im Pandemiefall sofort verfügbar sind.Die Information der Fachöffentlichkeit sowie der Entscheidungsträger gehört zu denAufgaben der Krisenstäbe und der zuständigen Fachbehörden und muss in allenPhasen kontinuierlich und aktuell erfolgen.Bei der Planung einer zielgruppengerechten Kommunikationsstrategie und derenmedialer Umsetzung ist zu klären, inwiefern die Zielgruppe ´Allgemeinbevölkerung`weiter spezifiziert werden muss. Soziodemographische oder ethnische Merkmalespielen bspw. eine wesentliche Rolle für das Verständnis bzw. die Inanspruchnahmevon Gesundheitsinformationen. Es muss auch geklärt werden, ab welcherPopulationsgröße die Informationen in den entsprechenden Fremdsprachenbereitgestellt werden sollten. In Anlehnung an das Vorgehen bei der Erarbeitung desPockenrahmenplans3erscheint es sinnvoll, auf Bundesebene eine Populationsgrößevon 100.000 Einwohnern als Grenzwert anzusetzen, ab dem die Informationen inden entsprechenden Fremdsprachen bereitgestellt werden sollten. Nach Angabendes Statistischen Bundesamtes betrifft dies derzeit folgende Sprachen: Bulgarisch,Englisch, Französisch, Italienisch, Polnisch, Rumänisch, Russisch, Serbokroatisch,Spanisch, Tschechisch, Türkisch. Sollte im Verlauf der Pandemie die Übersetzung inalle Sprachen nicht mehr gewährleistet werden können, sind hier Einschränkungenvorzunehmen. Wegen der Größe der fremdsprachigen Populationen undsoziokulturellen Besonderheiten bleibt die Übersetzung in das Türkische undRussische unabweisbar.Bei Bundesländern mit einer Bundesgrenze zu einem Staat, in dem eine andere alsdie bereits aufgeführten Sprachen gesprochen wird (z.B. Dänisch, Niederländisch,...)oder bei Städten mit einer großen fremdsprachigen Gemeinde (z.B. Arabisch,Chinesisch, Japanisch, Koreanisch, Vietnamesisch, Portugiesisch,...) liegt es imErmessen der Bundesländer bzw. Kommunen, die Informationen in weitereSprachen zu übersetzten.3´Bund-Länder-Rahmenkonzept zu notwendigen fachlichen Vorbereitungen und Maßnahmen zurSeuchenbekämpfung nach bioterroristischen Anschlägen: Teil Pocken` Page 114 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007111In allen WHO-Pandemiephasen ist bei besonderen, pandemierelevanten Ereignissenvon großem bis erheblichen Interesse seitens der Zielgruppen auszugehen. Eingesteigertes Medieninteresse und eine erhöhte Risikowahrnehmung in derBevölkerung werden den Schwerpunkt auf eine Krisenkommunikation verlagern.Der von der WHO vorgegebene 6-stufige Phasenplan ist modelltypisch, er kanndeswegen nicht allen realen Verläufen des Pandemiegeschehens gerecht werden.Deshalb ist auf Anpassungsfähigkeit und besondere Bedarfslagen zu achten.Keinesfalls kann geschlossen werden, dass sich das reale Risiko oder dieRisikowahrnehmung in der Bevölkerung analog zu der durch das Modell suggeriertenlinearen Pandemieentwicklung entwickelt.So können kurzfristig und unter Missachtung des linearen Ablaufs bestimmteinterpandemische Ereignisse wie bspw. der erste humane Fall von hochpathogeneraviärer Influenza (HPAI) in Deutschland oder Schwierigkeiten bei der jährlichenImpfstoffherstellung zu zeitlich begrenzten besonderen Herausforderungen an dieKommunikation führen. Die dann, wie auch in der Pandemie selbst, erforderlicheKrisenkommunikation muss in Abstimmung zwischen fachlicher und politischerEbene der Lage angepasste inhaltliche Schwerpunkte setzen.Phase 3 stellt die wichtige Phase der Umsetzung der Planungen zur Vorbereitungauf die Phasen 4-6 dar. In Phase 4 ist aus kommunikationsstrategischer Sicht bereitsmit besonderen Anforderungen im Sinne der Krisenkommunikation zu rechnen. InPhase 5 werden der Umfang der Risikokommunikation und die aktive Inan-spruchnahme von Kommunikationsangeboten weiter steigen, auch wenn prinzipielleine Rückkehr zur Phase 3 und eine Beruhigung der Lage möglich ist. In Phase 6werden die Kommunikationsmaßnahmen aus Phase 5 fortgeführt. Nebengesundheitlichen Aspekten werden regionale Ausprägungen der pandemischenEntwicklung sowie wirtschaftliche und soziale Konsequenzen der Pandemieunmittelbarere Betroffenheit in der Bevölkerung hervorrufen und die Krisen- undRisikokommunikation in diesem Sinne beeinflussen.Zur Vorbereitung der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und der Abschätzung desorganisatorischen, personellen und materiellen Bedarfs zum Aufbau einespandemiespezifischen Informationssystems wurden Checklisten erstellt, die demAnhang des Pandemieplans zu entnehmen sind. Page 115 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007112AbkürzungsverzeichnisAOLGArbeitsgemeinschaft der Obersten Landesgesundheitsbehörden derBundesländerABASAusschuss für biologische ArbeitsstoffeAGIArbeitsgemeinschaft InfluenzaADTAbrechnungsdatenträgerAGSBund-Länder-Arbeitsgruppe SeuchenschutzAMGGesetz über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz)AOKAllgemeine OrtskrankenkasseAPIActive Pharmaceutical IngredientAREAkute respiratorische ErkrankungBfArMBundesinstitut für Arzneimittel und MedizinprodukteBGBBürgerliches GesetzbuchBBKBundesamt für Bevölkerungsschutz und KatastrophenhilfeBMGBundesministerium für GesundheitBMIBundesministerium des InnernBMVBSBundesministerium für Verkehr, Bau- und StadtentwicklungBZgABundeszentrale für gesundheitliche AufklärungCDCCenters for Disease ControlCHMPCommittee for Medicinal Products for Human UseCOPDchronic obstructive pulmonary disease (chronisch obstructiveLungenerkrankung)DGDirectorate-GeneralDGKDeutsches Grünes KreuzDRGDiagnosis related groupsECDCEuropean Centre for Disease Prevention and ControlEDVElektronische DatenverarbeitungEISSEuropean Influenza Surveillance SchemeEMEAEuropean Medicines AgencyEUEuropäische UnionFAQFrequently Asked QuestionsFFPpartikelfiltrierende Atemschutzmaske (face filtering piece)FLIFriedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für TiergesundheitFSIForschungs-Sofortprogramm InfluenzaG8die Gruppe der acht führenden IndustrieländerGEIGGroupe d’'tude et d’Information sur la GrippeGGGrundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Page 116 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007113GMKGesundheitsministerkonferenzGSKGlaxoSmithKline Biologicals S.A.HPAIhigh pathogenic avian influenza (hochpathogene aviäre Influenza)IATAInternational Air Transport AssociationICDInternational Classification of DiseasesICPCInternational Classification of Primary CareIfSGInfektionsschutzgesetzIGVInternationale GesundheitsvorschriftenIHRInternational Health RegulationsILIInfluenza-like illnessIntMinKoGr Interministerielle KoordinierungsgruppeKiTasKindertagesstättenKVKassenärztliche VereinigungLÖGDLandesinstitut für den öffentlichen GesundheitsdienstLPAIlow pathogenic avian influenza virus (niedrig pathogene aviäreInfluenza)NovartisNovartis Vaccines and Diagnostics GmbH & Co. KGNRZNationales ReferenzzentrumÖGDÖffentlicher GesundheitsdienstPCRPolymerase chain reactionPEIPaul-Ehrlich-InstitutPSAPersönliche SchutzausrüstungROBasisreproduktionszahlRKIRobert Koch-InstitutRNAribonucleic acid, RibonukleinsäureSARSSchweres Akutes Respiratorisches SyndromSOPStandard Operating Procedure (Standardarbeitsanweisung)STIKOStändige ImpfkommissionTAPtargeted antiviral prophylaxis (gezielte antivirale Prophylaxe)UAWUnerwünschte ArzneimittelwirkungenWHOWeltgesundheitsorganisation Page 117 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007114Abbildungs- und TabellenverzeichnisAbbildungen:Abb. 1:Fiktives Beispiel eines Reassortments von Influenzaviren durch Doppel-infektion eines SchweinsAbb. 2:Darstellung der möglichen Auswirkungen einer Influenzapandemie mit30%iger Erkrankungsrate auf die Bevölkerung Deutschlands bezüglich der zuerwartenden Anzahl und kumulativen Inzidenz von Arztkonsultationen,Hospitalisierungen und Toten in % der Bevölkerung. Die Berechnungenbasieren auf den Daten der Pandemien 1957 und 1968 (FluAid, CDC, Atlanta,USA), mögliche abschwächende Effekte von Interventionen werden nichteinbezogen. Verwendet wurde die deutsche Bevölkerungsverteilung von2004.Abb. 3:Links: Effekt von Oseltamivirtherapie auf virale Titer in der nasalen Lavagevon mit A/H1N1 experimentell infizierten Probanden [14]. Rechts: Medianevirale Titer in nasalen Abstrichen bei natürlicherweise Influenza-infiziertenKindern [15].Abb. 4:Entwicklung der Zahl der aufgestellten Krankenhausbetten und derBevölkerung in Deutschland, 1991-2005Tabellen:Tab. 1:Anzahl und kumulative Inzidenz der Arztkonsultationen, Hospitalisierungenund Todesfälle infolge einer Pandemie bei einer Erkrankungsrate von 30%,ohne Einbezug abschwächender Effekte von Interventionen. Verwendet wurdedie deutsche Bevölkerungsverteilung von 2004.Tab. 2:Zu erfassende Parameter zu Beginn einer Pandemiewelle und möglicheStudienansätzeTab. 3:Mögliche Prioritätensetzung von Impfungen bei verschiedenen Alters- undRisikogruppen unter Einbezug dreier Kriterien (Risiko für tödlichen Ausgang, Page 118 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007115Anzahl an Toten, wirtschaftlicher Nutzen) modifiziert nach Meltzer et al. 1999Tab. 4:Therapeutische Wirksamkeit antiviraler Stoffe in der saisonalen InfluenzaTab. 5:Prophylaktische Wirksamkeit antiviraler Stoffe in der saisonalen InfluenzaTab. 6:Schätzungen zur Auswirkung einer moderaten Pandemie mit 30%igerErkrankungsrateaufdasKrankenhausweseninderdeutschenGesamtbevölkerung(2004)undpro100.000Bevölkerung.Berechnungsgrundlage ist FluSurge (CDC; Atlanta, USA), die Gesamtzahl derKrankenhauseinweisungen weicht von den Angaben in Kap. 2.6 etwas ab.Annahmen: fünftägige Verweildauer auf Normalstation und 10-tägigeVerweildauer auf Intensivstation; keine Impfung, keine Therapie. Wo=Woche.Tab. 7:Antibiotika zur Behandlung von Sekundärinfektionen, Dosierung undTherapiedauer Page 119 Nationaler Pandemieplan Teil III, Stand: Mai 2007116LiteraturverzeichnisAmerican Academy of Pediatrics. Policy statement. Reduction of the influenza burden inchildren. Pediatrics 2002;110(6):1246-52.Aoki F, Macleod M, Paggiaro P, Carewitz O, El Sawy A, Wat C, Griffiths M, Waalberg E,Ward P. Early administration of oral oseltamivir increases the benefits of influenzatreatment. JAC 2003;51:123-29.Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS). Arbeitsschutz beim Auftreten vonnichtimpfpräventablerInfluenza unter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzes.Beschluss Nr. 609.http://www.baua.de/nn_12374/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/ABAS/aus-dem-ABAS/pdf/Beschluss609-Dezember2006.pdfBundesrat Drucksache 719/03 vom 7.10.03. 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Bereits existierende, weiterführendeoder davon abweichende Strategien werden durch diese Dokumente nicht hinterfragt. Page 3 3InhaltsverzeichnisA: Epidemiologie.......................................................................................................4A1:Modellrechnungen zu den Auswirkungen einer Influenzapandemie .................4B: Influenzapandemieplanung im Gesundheitswesen.........................................7B1:Modell Krankenhauseinweisungen...................................................................7B2Checkliste für die regionale Planung zur Struktur und Organisation derambulanten medizinischen Versorgung im Pandemiefall..................................9B3:Beispiele für Algorithmen für patientenorientierte ärztliche Entscheidungen imPandemiefall ..................................................................................................11B4:Leitgedanken hinsichtlich Entlastungsmöglichkeiten für die medizinischeVersorgungsstruktur.......................................................................................14B5:Patiententransport..........................................................................................15B6:Schutz- und Hygienemaßnahmen auf der stationären Ebene.........................16B7:Checkliste zur Vorbereitung von Krankenhäusern für eine Influenza-Pandemie.......................................................................................................................18B8:Flussdiagramm als Hilfe für die Planung des stationären Managements vonInfluenza-Verdachtsfällen bei gehäuftem Auftreten zu Beginn einer Pandemie(Phasen 4-5) ..................................................................................................21C: Einsatz antiviraler Arzneimittel in der Influenzapandemie .............................22C1:Empfehlungen zur Therapie mit antiviralen Substanzen bei Ausbreitung einesneuen Influenzavirus ......................................................................................22C2:Empfehlungen zur Postexpositionsprophylaxe mit antiviralen Arzneimitteln inder Frühphase einer Pandemie (Phase 3-5)...................................................27C3:Empfehlungen zur Langzeitprophylaxe mit antiviralen Arzneimitteln...............30D: Kommunikation..................................................................................................34D1:Pandemiespezifische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit..................................34D2:Organisatorischer, personeller und materieller Bedarf zum Aufbau einespandemiespezifischen Informationssystems für die Fachöffentlichkeit durchEinrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes......................................36 Page 4 4A: EpidemiologieA1: Modellrechnungen zu den Auswirkungen einer Influenzapan-demie(Verfasst von Dr. Udo Buchholz, RKI, Stand 11/2006)Die Abschätzung der Auswirkungen einer zukünftigen Pandemie in Deutschland ist nur untergroßem Vorbehalt möglich. Dennoch sind aus den Pandemien des letzten Jahrhunderts In-formationen vorhanden, die für Modellberechnungen herangezogen werden können. Diefolgenden Informationen dienen als Erläuterungen für die im nationalen Pandemieplan, TeilIII, beschriebenen Szenarien zur Influenzapandemie. Für den Pandemieplan war es aus fol-genden Gründen wichtig, Erwartungswerte zu berechnen, die selbstverständlich im ´Ernst-fall` erheblich abweichen können:" Entscheidungsträgern aber auch der Fachöffentlichkeit und der Allgemeinbevölkerungsoll ein Eindruck von den möglichen Auswirkungen einer Pandemie gegeben werden" Für die Vorbereitung der Krankenhäuser, Länder und Gemeinden ist es nützlich, eineVorstellung zu haben, wie viele (absolut und wöchentlich) zu erwartende, pandemie-bedingte Neu-Erkrankungen, Krankenhauseinweisungen und Tote zu erwarten sind." Politische Entscheidungsträger müssen für die Strategie der Bevorratung und damit fürderen Anschaffung und Lagerung Schätzungen kennen, die auch den finanziellen Aspektmit berücksichtigen.Die folgenden Elemente fanden Eingang in die Modellberechnungen:" Das Modell von Meltzer et al. (Meltzer et al., 1999), das Daten aus den Pandemien von1957 und 1968 verwendet, diente als Grundlage. Da Daten der sehr schweren Pande-mie 1918 folglich nicht Eingang fanden, sind die Ergebnisse der Berechnungen als eherkonservativ zu betrachten. Die Software ´Fluaid` (Fluaid 2,0; Centers for Disease Controland Prevention, Atlanta, GA, USA;) ist auf der Webseite der Centers for Disease Controland Prevention frei zugänglich (www2.cdc.gov/od/fluaid/download.htm). Das Modell er-rechnet Schätzungen, die als ´Minimum`, ´Am wahrscheinlichsten` und ´Maximum` be-zeichnet werden. Für das hier dargelegte Modell wurden die ´wahrscheinlichsten` Er-gebnisse verwendet. Die Schätzungen betreffen die Krankheits-, Hospitalisierungs- undTodesraten, die sich in Abhängigkeit von der Gesamt-Erkrankungsrate proportional ver-ändern." Für die Gesamt-Erkrankungsrate berechnet die Veröffentlichung von Meltzer et al. (s.o.)Szenarien zwischen 15% und 35%. Die für Deutschland berechneten Szenarien wurdenfür Gesamt-Erkrankungsraten von 15%, 30% und 50% berechnet. Zu beachten ist, dassdie Summe der berechneten Konsultationen, Hospitalisierungen und Todesfälle geringerist als die Gesamt-Erkrankungsrate, weil die Anzahl der zwar erkrankten, aber nicht ei-nen Arzt konsultierenden Fälle (leichte Fälle) dabei nicht berücksichtigt sind." Demographische Daten des Statistischen Bundesamtes von 2004 wurden hinsichtlichder Verteilung der Bevölkerung und der Risikogruppen innerhalb der Bevölkerung ver-wendet. Dabei wurde die gesamte Bevölkerung in sich ausschließende Segmente ge-mäß drei Altersgruppen (0-15, 16-60, über 60 Jahre) und zwei Risikogruppen, die Er-wachsenen zusätzlich in drei Berufsgruppen (Gesundheitswesen, Beschäftigte in der öf-fentlichen Ordnung, andere) und die ältere Bevölkerung in diejenigen unterteilt, die in Al-ten- oder Pflegeheimen wohnen, oder nicht (s. Abb.1). Für die Anteile der Personen inden Berufsgruppen wurden die Angaben nach Fock et al. (Fock et al., 2001) verwendetund als über die Zeit konstant angenommen. Innerhalb dieser Gruppen wurde eine Risi-koverteilung wie bei den übrigen Personen in der gleichen Altersgruppe angenommen. Page 5 5Die Altersgruppenaufteilung weicht von den in Fluaid verwendeten Altersgruppen (0-19,20-64, über 64 Jahre) ab, um Konsistenz mit den im Surveillancesystem der Arbeitsge-meinschaft Influenza verwendeten Altersgruppen herzustellen. Bei den Annahmen zumAnteil der Bevölkerung innerhalb der Altersgruppen, die Risikogruppen angehören, wur-den sowohl die Angaben im Fluaid-Modell als auch die für Deutschland geltenden Vertei-lungen in Betracht gezogen (Fock R et al.; s.o.). Zum Beispiel wurde der Risikogruppen-anteil in der älteren Bevölkerung (über 60 Jahre) folgendermaßen berechnet: fürDeutschland wird bei den über 64-Jährigen ein Risikogruppenanteil von 50-65% angege-ben (Fock R et al.; s.o.), während Meltzer für diese Altersgruppe 40% annimmt. Für dasvorliegende Modell wurde 50% angenommen. Für die 60- bis 64-Jährigen gibt es explizitkeine Angaben aus beiden Veröffentlichungen, so dass hier 40% angenommen wurde.Der Gesamtanteil wurde nach der Bevölkerung gewichtet für einen Gesamtrisikoanteilvon 47,1% in der Bevölkerung der über 60-Jährigen. Eine Übersicht über die verwende-ten Anteile der Altersgruppen innerhalb der Bevölkerung und der Anteile innerhalb der Al-tersgruppen mit Risiko gibt Tab.1." Eine weitere Annahme war, dass die Risikogruppen, wenn sie einen Atemwegsinfekthaben, doppelt so häufig einen Arzt aufsuchen, wie Menschen, die nicht einer Risiko-gruppe angehören." Alle angegebenen Parameter sind jedoch beliebig vorwählbar, so dass z.B. bei neuenzur Verfügung stehenden Informationen die Modellschätzungen jederzeit neu berechnetwerden können." Eine Einschränkung des Modells ist, dass evtl. Interventionen, wie z.B. Schul-schließungen, Impfungen oder der Einsatz antiviraler Arzneimittel, nicht für den Verlaufder pandemischen Welle in Betracht gezogen werden, obwohl sie auch Auswirkungenauf die Gesamtzahl der Erkrankten und Toten haben könnten.Tab.1: Verwendete Altersgruppen, Anteile der Altersgruppen in der Bevölkerung und Anteileder Altersgruppen mit Risiko in den für Deutschland adaptierten Berechnungen verglichenmit dem Fluaid-Modell aus den USAFür Deutschland adaptierte BerechnungenFluaid- Modell (USA)AltersgruppenBevölkerungin Millionen(2004)% der Be-völkerung% der Al-tersgruppemit RisikoAltersgruppenBevölkerungin Millionen% der Be-völkerung% der Al-tersgruppemit Risiko0-15 Jahre12,916%6,0%0-19 Jahre76,429%6,4%16-60 Jahre50,061%14,2%20-64 Jahre155,058%14,4%über 60 Jahre19,624%47,1%über 64 Jahre33,913%40,0%Abb.1: Schematische Unterteilung der Bevölkerung in 12 einander ausschließende Gruppen(je nach Alter, Berufsgruppe bzw. Leben in einem Altenheim, und Risikogruppenzu-gehörigkeit). Page 6 6In Tabelle 2 ist die Gesamtzahl der geschätzten Arztkonsultationen, Krankenhausein-weisungen und Toten dargestellt, die bei Erkrankungsraten von 15%, 30% und 50% auftre-ten könnten. In diesem ´Basis-Szenario` wird davon ausgegangen, dass keine Therapie undkeine Prävention bzw. Prophylaxe stattfinden würde.Tab. 2: Schätzung der Anzahl der Arztkonsultationen durch Pandemiefälle, Krankenhaus-einweisungen und Tote bei 15%, 30% und 50% Erkrankungsrate, ohne Therapie, oh-ne Prophylaxe. Basis der Berechnungen ist die Bevölkerungsschichtung von 2004.ErkrankungsrateKonsultationenKrankenhauseinweisungenTote15%6.532.867187.05851.46030%13.065.735374.116102.92050%21.776.224623.527171.533Die Ergebnisse weiterer Berechnungen finden sich, z.T. in Tabellenform, in den Kapiteln ´E-pidemiologie der interpandemischen und pandemischen Influenza` (Kapitel 2), ´AntiviraleArzneimittel` (Kapitel 7) und ´Vorbereitung der Länder und Gemeinden auf eineInfluenzapandemie†(Kapitel 8) des nationalen Influenzapandemieplans, Teil II.Literatur:1. Fock R, Bergmann H, Bußmann H, Fell G, Finke E, Koch U, Niedrig M, Peters M,Scholz D, Wirtz A. Management und Kontrolle einer Influenzapandemie. Konzeptio-nelle Überlegungen für einen deutschen Influenzapandemieplan. Bundesgesund-heitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 2001;44:969-802. Meltzer MI, Cox NJ, Fukuda K. The economic impact of pandemic influenza in theUnited States: priorities for intervention. Emerging Infectious Diseases 1999;5(5):659-71)BevölkerungArztKonsultationenBevölkerungHintergrund-InzidenzTherapiert wie Pandemie0-1516-60über 60 Jahre0-15Ges.htswesen öff.Ordn. AndereAltenheim andere0-15Ges.htswesen öff.Ordn. AndereAltenheim andereRisikogruppeSubgruppenAltersgruppenPandemie Attack Rate: Modell Meltzerberechnet Konsult., Hospital., ToteKrankenhausToteKonsultationen fürHintergrund-AREHospitalisierungen Page 7 7B: Influenzapandemieplanung im GesundheitswesenB1: Modell Krankenhauseinweisungen(Verfasst von Udo Buchholz und Irina Zuschneid, RKI, Stand 11/2006)Die Abbildung auf der nächsten Seite zeigt den Screenshot eines Tabellenkalkulationsblatteszur Abschätzung der wöchentlichen pandemiebedingten Anzahl der Krankenhauseinweisun-gen und der in den Krankenhäusern vorzuhaltenden Kapazität an (a) Betten, (b) Plätzen aufder Intensivstation (ITS), und (c) Beatmungsplätzen. Dies wird angegeben: (a) als die maxi-male Anzahl stationärer Pandemiepatienten an irgendeinem Tag in der jeweiligen Woche, (b)als die maximale Anzahl an ITS-Patienten an irgendeinem Tag in der jeweiligen Woche, und(c) als die maximale Anzahl an beatmungsbedürftigen Pandemiepatienten an irgendeinemTag in der jeweiligen Woche. Außerdem berechnet das Tabellenkalkulationsblatt die Zahl derwöchentlich auftretenden Todesfälle. Grundlage ist das Programm FluSurge 2.0 der Centersfor Disease Control and Prevention aus den USA (http://www.cdc.gov/flu/flusurge.htm) vonMeltzer. So wie für die Berechnungen für den Pandemieplan auch, die mit Hilfe der SoftwareFluAid (http://www2a.cdc.gov/od/fluaid/) durchgeführt wurde, werden hier Größenordnungenkalkuliert, die einer moderaten Pandemie ähnlich 1957 bzw. 1968 entsprechen. (Bem.: DieSoftware Flusurge kalkuliert für die Krankenhauseinweisungen eine um etwa 15% höhereZahl als die (für die Angaben im Pandemieplan verwendete) Software FluAid).Annahmen für die Berechnungen:" Die durchschnittliche Behandlungsdauer im Krankenhaus (ohne ITS-Aufenthalt) be-trägt für Pandemiepatienten 5 Tage." Durchschnittlich 15% der aufgenommenen Pandemiepatienten müssen auf der Inten-sivstation betreut werden." Die durchschnittliche Behandlungsdauer auf einer ITS eines Pandemiepatienten be-trägt 10 Tage." Durchschnittlich 7,5% der aufgenommenen Pandemiepatienten benötigen eine Be-atmungstherapie." Die durchschnittliche Dauer der Beatmung eine beatmungspflichtigen Pandemiepati-enten beträgt 10 Tage." Mögliche Interventionen (z.B. antivirale Arzneimittel) sind in diesem Modell nicht be-rücksichtigt." Die Verteilung der Altersgruppen im Modell entspricht den Angaben des StatistischenBundesamtes für die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2004.Die dargestellte Berechnung für eine Bevölkerung mit 100.000 Personen ist als Beispiel zuverstehen.Mögliche Eingaben:" Einwohner: Eingabe als Gesamtzahl der Einwohner (z.B. pro Land oder Kommune)im gelben Feld G9. Es wird die Altersgruppenverteilung der Bundesrepublik Deutsch-land angewandt." Angenommene Gesamt-Erkrankungsrate (´attack rate`) im zweiten gelben Feld (B7). Page 8 8Ausgabe:Tabellarisch und graphisch werden ausgegeben:(1) die wöchentlichen, zu erwartenden Krankenhauseinweisungen.(2) die maximale Anzahl stationärer Pandemiepatienten an irgendeinem Tag in der jeweili-gen Woche. Bemerkung: die Zahl dieser Patienten ist niedriger als die Anzahl der kumulativüber eine Woche hinweg neu eingewiesenen Krankenhauspatienten (in (1)), da die Liege-dauer für stationäre Patienten mit 5 Tagen veranschlagt worden ist;(3) die maximale Anzahl von ITS-Pandemiepatienten an irgendeinem Tag in der jeweiligenWoche;(4) die maximale Anzahl beatmungspflichtiger Pandemiepatienten an irgendeinem Tag in derjeweiligen Woche.Nur tabellarisch werden ausgegeben:(5) die von der dritten bis zur zehnten Woche der Pandemie zu erwartenden wöchentlichenPandemie-bedingten Todesfälle.Das Kalkulationsblatt wurde den Landesstellen zur Verfügung gestellt.(Ansprechpartner am RKI: Udo Buchholz, buchholzu@rki.de)Abb.: Geschätzte Krankenhauseinweisungen für den Fall einer Influenza-Pandemie sowiebenötigte Krankenhauskapazitäten bei einer Erkrankungsrate von 30% auf der Basiseiner Bevölkerung von 100.000 mit der deutschen Altersgruppenverteilung.Literatur:Meltzer MI, Cox NJ, Fukuda K. The economic impact of pandemic influenza in the UnitedStates: priorities for intervention. Emerging Infectious Diseases 1999;5(5):659-71)B7G9 Page 9 9B2 Checkliste für die regionale Planung zur Struktur und Organi-sation der ambulanten medizinischen Versorgung im Pande-miefall(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Medizinische Vorbereitung, Schutzmaßnahmen undFolgenabschätzung`, Stand 11/2006)VorbemerkungBei der Bewältigung einer Influenza-Pandemie kommt der ambulanten medizinischen Ver-sorgungsstruktur eine Schlüsselrolle zu. In einer effizient organisierten und funktionierendenPrimärversorgung wird eine wichtige Chance gesehen, den von Überforderung bedrohtenstationären Versorgungssektor wirksam zu entlasten. Die Planungen zur Struktur und Orga-nisation der ambulanten medizinischen Versorgung im Pandemiefall müssen auf die (jeweilsunterschiedlichen) regionalen Strukturen und Gegebenheiten aufsetzen.Planungsziele" Bewältigung einer hohen Zahl von zusätzlichen Konsultationen durch Patienten mit Aku-ter Respiratorischer Erkrankung (ARE)" Minimierung von Kontaktinfektionen zwischen den Patienten" Minimierung von Kontaktinfektionen zwischen Patienten und medizinischem PersonalPlanungsfeldera) Ambulante VersorgungsstrukturPrüf-Optionen:"Auf- bzw. Ausbau von telefonischer Beratungskapazität:"dezentral :Praxis-Hotline"zentral:medizinisches Call-Center (bei ÄK, KV oder Krankenkassen)"Potential des Kassenärztlichen Notdienstes:"Bildung einer mobilen ärztlichen ARE-Betreuungsgruppe mit erhöhter Kapazitätfür Hausbesuche"Umwidmung vorhandener Notfallpraxen, -ambulanzen zu Schwerpunkt-Behandlungszentren für ARE-Patienten"Praxis-Schichtbetrieb-Modelle:Einrichtung täglicher Sonder-Sprechstunden ausschließlich für ARE-Patienten (mitkonsekutiver Reduktion der Sprechzeiten für Nicht-ARE-Patienten)"ARE-Schwerpunktpraxen:Benennung von Praxen/Ambulanzen zur ausschließlichen Behandlung von ARE-Patienten, Ablauforganisation, Vertretungsregelungen/Dienstpläne für das Personal,durchgehend höhere Schutzstufe (Schutzausrüstung, -kleidung) Page 10 10"Organisation der medizinischen Versorgung von Bewohnern von Alten- und Pflege-heimen:Erhöhung der Versorgungskapazitäten durch Identifizierung von Ärzten oder Ärzte-teams, die ,hauptamtlich' (ausschließlich oder rotierend nach Dienstplan) in diesemVersorgungssegment tätig sind."Personalkapazität:Möglichkeiten der Rekrutierung von Personen/Personengruppen (im Ruhestand/inder Ausbildung befindliche Personen, semiprofessionelle Helfer, Laienhelfer u.a.) zurUnterstützung der Primärversorgung bei hohem Patientenanfall und/oder hohemKrankenstand beim medizinischen Personal.b) Praxis-OrganisationPrüf-Optionen:"Organisation der räumlichen oder zeitlichen Trennung von Patienten mit ARE undsolchen ohne ARE innerhalb der Praxen"Bevorratung von Schutzausrüstung/Schutzkleidung entsprechend bestehender Emp-fehlungen (z. B. Beschluss 609 des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe -ABAS)"Organisation der Verteilung bzw. des Bezugs antiviraler Arzneimittel im Fall von Er-krankungen beim medizinischen Personal"Identifizierung von Personen, die im Praxisbetrieb bei der Patientenversorgung unter-stützend/vertretend eingesetzt werden können"Identifizierung von Ansprechpersonen im örtlichen Katastrophenstab für die Praxen,über die jederzeit aktuelle Informationen zur Lage erlangt werden können"Schulung und Unterweisung des medizinischen Personals in allen Praxen (nach ein-heitlichen Standards) zu den Themen:" Schutzausrüstung/Schutzkleidung" Allgemeine Hygiene" Händehygiene" Raum-, Flächendesinfektion" Antivirale Arzneimittel und Impfstoffe: Verfügbarkeit, Nutzen-Risiken" Priorität beim bzw. Anspruch auf Medikamenteneinsatz im Erkrankungsfall(sonstige Anreize: z.B. Gefahrenzulagen, Prämien)" Verhalten bei Erkrankung" Situation nach durchgemachter Erkrankung"Organisation von Informationsfluss und Vernetzung der Praxen untereinander undden regionalen Krankenhäusern Page 11 11B3:Beispiele für Algorithmen für patientenorientierte ärztlicheEntscheidungen im Pandemiefall(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Medizinische Vorbereitung, Schutzmaßnahmen undFolgenabschätzung`, Stand 11/2006)Vorbemerkung:Im Pandemiefall ist damit zu rechnen, dass im Rahmen der ambulanten Versorgung für dieDiagnosestellung, für die ärztliche Beurteilung der Schwere und Bedrohlichkeit des aktuellenKrankheitsbildes und die daraus resultierende therapeutische Weichenstellung pro Patientnur ein sehr begrenztes Zeitbudget zur Verfügung stehen wird. Am Ende der Konsultationwird eine Entscheidung darüber anstehen, ob ein Patient im Rahmen von Selbst-, bzw. Fa-milienpflege in seiner Häuslichkeit ausreichend versorgt ist, ob eine weitere ambulante ärztli-che Beobachtung/Behandlung erforderlich, oder ob eine stationäre Behandlung unumgäng-lich ist. Diese primär am Patientenwohl orientierten ärztlichen Entscheidungen können in-dessen auch die jeweilige Lage und den Auslastungsgrad des Gesundheitswesens nichtvöllig außer Acht lassen. In kritischen Arbeitssituationen kann eine Orientierung an standar-disierten Entscheidungs-Algorithmen eine große Hilfe sein. Nachfolgend sind als Beispieleein Fließschema des hessischen Sozialministeriums und ein modifizierter Algorithmus ausdem kanadischen Pandemieplan dargestellt Page 12 12Beispiel 1 – Fließschema ´Krankenversorgung` des hessischen Sozial-ministeriums* Versorgungseinrichtungen der Stufe II/III (s. hessischen Pandemieplan)NormaleWeiterbehandlungNach Hause mit Anleitungzur SelbstbehandlungUnter Beobachtung:" zu Hause" anderedurch"Telefon" Hausbesuch etc.Krankenhausnotauf-nahme für InfluenzaNachgeordneteVersorgungseinrichtungs. PP HessenNeinBefunde erfordernstationäre EinweisungStabil, aber Begleitrisiken/KomorbiditätStationäreAufnahmeNicht lebensbedrohlicheErkrankungPneumonie, ohneBegleitrisiken/Komorbidität*JaSymptome vereinbar mit Influenza/ärztliche BeurteilungArztpraxenAmbulanzenKrankenhausAmbulanterBereichHinweis: die individuelle Patienten-Situation macht ggf.ein Abweichen von dem Schema notwendig!Vital bedrohlicheErkrankung*Akute VerwirrtheitMetabolische EntgleisungAteminsuffizienzHerzbeteiligungAmbulanterBereichKrankenhausStabil, keine Begleitrisiken/Komorbidität* Page 13 13Beispiel 2 – Algorithmus für ein mögliches Vorgehen bei Erwachsenen(ab 18 Jahren)modifiziert nach dem kanadischen Pandemieplan (http://www.phac-aspc.gc.ca/cpip-pclcpi/pdf-cpip-03/canadian-pandemic-influenza-plan.pdf)AmbulanzenSonstige EinrichtungenInfluenza-typische Sym-ptomatik (Influenza likeillness, ILI)Räumliche Trennung,weitere DiagnostikPrimäre klinischeBeurteilungNach Hause mit Anleitungzur SelbstbehandlungUnter Beobachtung:" zu Hause"in geeigneten ‚settings’(Familie, Nachbarschaft..)" ggf. Einrichtungen mitBetreuungsmöglichkeit fürsubakut Erkrankte, z.B.Reha-Kliniken" durch ambulante Pflege-diensteWiederholte Beurteilung"Telefonisch"HausbesuchNotfall-Einheit(z. B. Krankenhausambulanz)Sekundäre klinischeBeurteilungGgf. Einrichtungen mitBetreuungsmöglichkeitfür subakut Erkrankte,z.B. Reha-KlinikenStationäreAufnahmeZur Kranken-haus(-nahen)BeobachtungNeinJaStabil, keine Begleitrisi-ken/KomorbiditätStabil, aberBegleitrisiken/KomorbiditätIn48hBefunde erfordernsekundäre klinischeBeurteilungPneumonie plus Begleitri-siken/Komorbid.Akute VerwirrtheitMetabolische EntgleisungAteminsuffizienzAkut zunehmend gestörteHerztätigkeitErgebnis unklar,zweifelhaftPneumonie, ohne Begleitrisi-ken/KomorbiditätVerlust der Selbständigkeit,hilflosP a t i e n tArztpraxen Page 14 14B4: Leitgedanken hinsichtlich Entlastungsmöglichkeiten für diemedizinische Versorgungsstruktur(Selbsthilfe, Institutionen, Öffentlicher Raum)(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Medizinische Vorbereitung, Schutzmaßnahmen undFolgenabschätzung`, Stand 9/2006)Die Influenza-Pandemien des vergangenen Jahrhunderts waren zwar von hoher Morbiditätund Mortalität geprägt, gleichwohl war die Krankheitslast individuell durchaus unterschied-lich. Krankheitsverläufe, die weitgehend frei von Komplikationen sind, bedürfen insbesonderebei Menschen ohne Begleiterkrankungen/Begleitrisiken unter Umständen keiner oder nurpunktueller Hilfe durch das professionelle medizinische Versorgungssystem. Dies gilt umsomehr, je besser die Bürgerinnen und Bürger im Krankheitsfall zur Selbst-, Familien- undNachbarschaftshilfe befähigt, ermutigt und unterwiesen sind. Die gesundheitliche Aufklärungsollte in diesem Zusammenhang das Ziel verfolgen, dass sich die Menschen nicht als bloßeOpfer eines beängstigenden Schadensereignisses sondern als potentielle Akteure und Ver-bündete bei der Bewältigung einer Pandemie begreifen. Hierfür könnten u.a. geeignete Me-dienkampagnen (Fernseh-Spots etc.) zielführend sein.Informationsmaterialien mit verständlichen Erläuterungen von Symptomen und deren geziel-ter Abfrage können medizinische Laien befähigen, im Erkrankungsfall die Schwere desKrankheitsverlaufes selbst einzuschätzen, die Entwicklung etwaiger Komplikationen früh zuerkennen und darauf gezielt zu reagieren. Bei entsprechend vorinformierten Bürgerinnen undBürgern könnten dann auch ggf. regionale Telefon-Hotlines bzw. Call-Center leichter als pri-märe Kontaktstellen für Ratsuchende dienen und eine wichtige Rolle bei Leitung und Len-kung von Patienten und somit bei der Entlastung der eigentlichen Versorgungsstruktur spie-len.Bei der Planung der Vorbereitung auf eine Influenza-Pandemie in den regionalen Gebiets-körperschaften darf die Situation der Menschen in Alten- und Pflegeheimen und anderenGemeinschaftsunterkünften, z.B. Wohnheimen, Gefängnissen etc., nicht außer Acht gelas-sen werden. Die Vorbereitung auf eine Pandemie seitens der genannten Institutionen solltemindestens die Identifizierung von Möglichkeiten zur räumlichen Trennung von Patienten mitInfluenza-typischer Symptomatik von allen anderen Personen, die Schulung und Unterwei-sung des Personals sowie insbesondere in Pflegeheimen die Überprüfung und ggf. Auswei-tung der Kapazitäten zur Sauerstoff-Insufflation, zur antipyretischen und analgetischen The-rapie sowie zur Flüssigkeits- und Volumenersatztherapie umfassen.Grundsätzlich dürften auch bei einer pandemischen Influenza Maßnahmen zur Behinderungder Viruszirkulation in der Bevölkerung als hilfreich einzuschätzen sein, die Morbidität zubegrenzen und auf diese Weise einer Überlastung des Gesundheitswesens entgegenzuwir-ken. Bei einer Krankheit mit den Übertragungswegen und der Kontagiosität der Influenzaerscheinen in Abwesenheit bzw. Nicht-Verfügbarkeit prophylaktisch wirksamer Arzneimitteldie verbleibenden Optionen dazu allerdings begrenzt. Gleichwohl sind im Pandemiefallsituationsabhängig jeweils angemessene Maßnahmen zur Expositionsprophylaxe und anti-epidemische Maßnahmen wie Schließung von Schulen, Kindergärten, Absage von Massen-veranstaltungen etc. zu erwägen. Page 15 15B5: Patiententransport(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Strategien stationärer Krankenversorgung`,Stand 9/2006)Transport des Patienten innerhalb des KrankenhausesIst ein Transport im Krankenhaus unvermeidbar, sollte der Zielbereich vorab informiert wer-den. Der Transport soll als Einzeltransport erfolgen, dabei trägt der Patient, sofern dasKrankheitsbild dies erlaubt, einen Mund-Nasen-Schutz. Das Transportpersonal und das Per-sonal der Funktionsabteilung tragen einen Schutzkittel, Mund-Nasen-Schutz bzw. Atem-schutzmasken (zu den Anforderungen s. die entsprechenden Angaben des ABAS im Bun-desarbeitsblatt, Beschluss 609) und Einmalhandschuhe und ggf. eine geeignete Schutzbrille.Der Kontakt zu anderen Patienten und Besuchern ist zu vermeiden. Unmittelbar nach denMaßnahmen in der Zieleinrichtung sind die Kontraktflächen und das Transportmittel vor er-neuter Nutzung wie oben beschrieben zu desinfizieren (s. Punkt B6 ´Desinfektion und Reini-gung`).Händedesinfektion ist erforderlich nach direktem Patientenkontakt, Kontakt mit erregerhal-tigem Material oder kontaminierten Objekten sowie nach Ablegen der Handschuhe mit einemDesinfektionsmittel mit nachgewiesener Wirksamkeit für das Wirkungsspektrum ´begrenztviruzid`.Krankentransport eines Erkrankungsverdächtigen/ Erkrankten außerhalbdes Krankenhauses" Vor Beginn des Transportes wird das aufnehmende Krankenhaus über die Einweisungdes Patienten und über seine Verdachtsdiagnose/Erkrankung informiert." Die Isolierung des aufzunehmenden Patienten kann dort vorbereitet und der Schutz an-derer Patienten eingeleitet werden." Das Tragen von Einmalhandschuhen, Schutzkittel und Mund-Nasen-Schutz bzw. Atem-schutzmasken (s. oben) wird empfohlen." Falls es der Gesundheitszustand des Patienten zulässt, sollte er mit einem Mund-Nasen-Schutz versorgt werden." Unmittelbar nach Transport ist eine Wischdesinfektion sämtlicher zugänglicher Patien-tenkontaktflächen mit einem Desinfektionsmittel mit nachgewiesener Wirksamkeit für dasWirkungsspektrum ´begrenzt viruzid` durchzuführen (s. Punkt B4 ´Desinfektion und Rei-nigung`)." Nach Ablegen der Schutzkleidung ist eine Händedesinfektion (s. oben) durchzuführen.Literatur:1. Empfehlungen des Robert Koch- Institutes zu Hygienemaßnahmen bei Patienten mitVerdacht auf bzw. nachgewiesener Influenza (Stand: 25. 08. 2006):http://www.rki.de/cln_011/nn_226786/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Erreger__ausgewaehlt/Influenza/Influ__pdf,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Influ_pdf Page 16 16B6: Schutz- und Hygienemaßnahmen auf der stationären Ebene(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Strategien stationärer Krankenversorgung`,Stand 9/2006)Personalschutzmaßnahmen" Das für die Versorgung von Patienten mit V.a. oder bestätigter Influenza eingesetztePersonal sollte hinsichtlich der Übertragungswege und zu beachtenden Schutzmaß-nahmen geschult und gegen Influenza geimpft sein (Der Kreis der Kontaktpersonensollte definiert und begrenzt sein)." Auf die Bedeutung der Impfung des Pflegepersonals auch hinsichtlich der Übertra-gung auf andere Patienten wird ausdrücklich hingewiesen." Schutzausrüstung: Schutzkittel, Einweghandschuhe, ein mindestens mehrlagiger,dicht anliegender Mund-Nasen-Schutz (zu den Anforderungen s. die entsprechendenAngaben des ABAS, Beschluss 609:http://www.baua.de/nn_12352/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/ABAS/aus-dem-ABAS/pdf/Beschluss609-Dezember2006.pdf )bzw. eine geeignete Schutzbrille und geeigneter Atemschutz (FFP 3, s. auch Be-schluss 609 des ABAS) bei ausgeprägter Exposition (z.B. Bronchoskopie).Vorgehen:" Die Nutzung eines Zimmers mit Schleusenfunktion ist grundsätzlich zu bevorzugen(s. oben)." Mund-Nasen-Schutz/geeigneter Atemschutz (s. oben Beschluss 609 des ABAS)vor Betreten des Zimmers anlegen, Schutzkittel in der Schleuse bzw. im Zimmer desPatienten anlegen und dort vor Verlassen des Zimmers belassen." Einweghandschuhe nach Betreten des Zimmers anlegen und vor Verlassen desZimmers in einem geschlossenen Behältnis entsorgen (s. unten Abfallentsorgung)." Händedesinfektion ist erforderlich nach direktem Patientenkontakt, Kontakt mit erre-gerhaltigem Material oder kontaminierten Objekten sowie nach Ablegen der Hand-schuhe vor Verlassen der Schleuse mit einem Desinfektionsmittel mit nachgewiese-ner Wirksamkeit für das Wirkungsspektrum ´begrenzt viruzid`(http://www.rki.de/cln_011/nn_226784/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Desinfektionsmittel/Viruzid,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Viruzid)." Je nach epidemischer Situation ggf. Etablierung von Strukturen zur Erkennung derAusbreitung in einer Einrichtung (z.B. aktive Surveillance)Desinfektion und Reinigung" Tägliche Wischdesinfektion der patientennahen (Handkontakt-) Flächen (z.B. Nacht-tisch, Nassbereich, Türgriffe) mit einem Desinfektionsmittel mit nachgewiesenerWirksamkeit für das Wirkungsspektrum ´begrenzt viruzid`. Bei Bedarf sind die Desin-fektionsmaßnahmen auf weitere kontaminationsgefährdete Flächen auszudehnen.(siehe auch: http://www.rki.de/cln_011/nn_226780/DE/Content/Infekt/ Krankenhaus- Page 17 17hygiene/Kommission/Downloads/Flaeche__Rili,templateId=raw,property= publicati-onFile.pdf/Flaeche_Rili)" Alle Geräte/ Medizinprodukte mit direktem Kontakt zum Patienten (z.B. EKG-Elektroden, Stethoskope usw.) sind patientenbezogen zu verwenden und müssennach Gebrauch bzw. vor Anwendung bei einem anderen Patienten desinfiziert wer-den. Bei Transport in einem geschlossenen Behälter ist eine zentrale Aufbereitungmöglich. Thermische Desinfektionsverfahren sollten wann immer möglich bevorzugtangewendet werden. Ist dies nicht möglich, sollen für die Aufbereitung der Medizin-produkte wie üblich Desinfektionsmittel des Wirkungsbereiches AB gemäß der Defini-tion der Liste der vom RKI anerkannten Desinfektionsmittel und –verfahren verwendetwerden.Im Übrigen gelten die Empfehlungen zur Aufbereitung von Medizinprodukten(http://www.rki.de/cln_011/nn_226780/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Medpro__Rili,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Medpro_Rili )." Geschirr kann in einem geschlossenen Behältnis zur Spülmaschine transportiert unddarin wie üblich bei Temperaturen >60°C gereinigt werden." Wäsche/Textilien können dem Routine-Waschverfahren für Krankenhauswäschezugeführt werden. Als Taschentücher und andere Tücher, die Respirationssekreteaufnehmen, sollen Einwegtücher Verwendung finden, welche anschließend hygie-nisch entsorgt werden." Für Matratzen werden wischdesinfizierbare Überzüge empfohlen (Desinfektion sieheoben)." Schlussdesinfektion: Die Schlussdesinfektion erfolgt für alle Flächen im Patienten-zimmer entsprechend den Angaben für die tägliche Desinfektion (s. auch ´Anforde-rungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen`).AbfallentsorgungDie Entsorgung von Abfällen, die mit Sekreten oder Exkreten kontaminiert sind, er-folgtnachAbfallschlüsselAS180104gemäßLAGA-Richtlinie(http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/LAGA-Rili ).Literatur1. Richtlinie für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, Anlage 5.1 ´Anforderungender Hygiene an die Infektionsprävention bei übertragbaren Krankheiten`, Hrsg. RobertKoch-Institut, Urban & Fischer Verlag2. RKI Ratgeber Influenza /Merkblätter für Ärzte3. Empfehlungen des Robert Koch- Institutes zu Hygienemaßnahmen bei Patienten mitVerdachtaufbzw.nachgewiesenerInfluenza(Stand:25.08.2006):http://www.rki.de/cln_011/nn_226786/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Erreger__ausgewaehlt/Influenza/Influ__pdf,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Influ_pdf4. Influenza control in acute care hospitals. Evans ME, Hall KL, Berry SE, Am J Infect Con-trol, 1997 Aug; 25(4):357-62 Page 18 18B7: Checkliste zur Vorbereitung von Krankenhäusern für eine In-fluenza-Pandemie(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Strategien stationärer Krankenversorgung`,Stand 11/2006)Die vorliegende Liste beinhaltet Punkte, die Krankenhäuser in Kooperation mit dem zustän-digen Landkreis oder Land für ihre Vorbereitung zum Management einer Ausnahmesituation,wiesiedurcheinePandemieentstehenkann,bedenkensollten(adaptiert aus dem WHO-Masterplan, s.http://www.who.int/csr/resources/publications/influenza/WHO_CDS_CSR_GIP_2005_4/en/index.html ).Räumliche und Bettenkapazität-Wie viele Betten stehen derzeit in Ihrem Krankenhaus zur Verfügung (Normalstation ver-sus Intensivstation)?-Wie viele Betten könnten in Ihrem Krankenhaus für Pandemiepatienten zur Verfügunggestellt werden?-Wie stark könnte die Bettenanzahl pro Zimmer angehoben werden?-Wie groß ist der Anteil der elektiven Operationen bzw. Aufnahmen, die um z.B. 8 Wo-chen verschoben werden können?-Welche Kapazität besteht zur Isolierung von Patienten in der Aufnahmeambulanz und aufden Stationen? (Lüftungssysteme und -richtungen sind zu beachten).-Könnte für Patienten mit V.a. Influenza ein getrennter Eingang im Krankenhaus benutztwerden?-Wie groß sind die Lagerungskapazitäten für Beatmungsgeräte und –equipment, medizi-nische Hilfsmittel (Nadeln, ZVK-Utensilien etc.), Bettwäsche, Handschuhe, Atemmasken,Schürzen etc.Durch folgende Maßnahmen lassen sich die Bettenzahlen steigern:-Aussetzen von elektiven Aufnahmen in das Krankenhaus-Patienten, die keine intensive medizinische Betreuung benötigen, werden entlassen(Pflege durch Angehörige zu Hause)Die Kapazitäten der Intensivbetten lassen sich steigern durch:-Aussetzen elektiver Aufnahmen und operativer Eingriffe-Umfunktionierung von OP-Einheiten zu IntensivüberwachungseinheitenAusstattunga) Lüftungen und KlimaanlagenIm Vorfeld sollte geprüft werden, welche Räume in den Kliniken durch Lüftungs- und Klima-anlagen in Verbindung stehen, da diese Anlagen auch eine nosokomiale Ausbreitung vonInfluenza ermöglichen können. Besteht die Möglichkeit, bestimmte Abschnitte innerhalb derKliniken in den Lüftungssystemen voneinander zu trennen?b) Sauerstoff-VersorgungEs muss geprüft werden, wie viele Betten in den Kliniken mit einem Sauerstoffanschluss ver-sehen sind, ob ausreichend Anschlussutensilien (Atemmasken, zuführende Schlauchsyste- Page 19 19me etc.) vorhanden sind und wie viele Liter Sauerstoff im System zur Verfügung stehen. Gibtes zusätzliche Sauerstoffflaschen?c) Beatmungsgeräte-Wie viele Beatmungsgeräte sind in Ihrer Klinik vorhanden?-Wie groß ist der Reservebestand?-Steht Ihre Klinik mit Herstellern in Kontakt, so dass die Anzahl der Beatmungsgeräterasch erhöht werden könnte?-Für wie viele Beatmungspatienten sind entsprechende Gerätschaften (Befeuchter,Schlauchsysteme, Messgeräte, Tubus etc.) vorhanden?-Wie viele ausgebildete Schwestern, Pfleger und Ärzte gibt es in Ihrer Klinik, die eine Be-atmung durchführen können?-Lassen sich die Kapazitäten für Beatmungsplätze und Fachpersonal dadurch steigern,dass Geräte, Ausrüstung und Personal aus den chirurgischen in die inneren Abteilungenverlagert werden?d) Sonstige medizinische Gerätschaften und HilfsmittelWie groß sind die Bestände an medizinischen Hilfsmitteln, z.B. für:-Nadeln, Zugänge, ZVK-Utensilien etc.?-Bettwäsche, Handschuhe, Atemmasken, Schürzen und anderer Einmalmaterialien?-Flächendesinfektionsmittel?-Händedesinfektionsmittel?Medikamente-Berechnung der benötigten Menge an Antibiotika, Infusionen und Routinemedikamenten-Organisation der BevorratungPersonalMögliche Maßnahmen, um die Anzahl des verfügbaren Personals zu steigern:a) Allgemein: Urlaubssperreb) Ärztliches Personal:-Umschichtungen innerhalb der Klinik: Personal aus Bereichen wie Chirurgie, HNO, Neu-rologie etc. werden in den internistischen und pädiatrischen Abteilungen eingesetzt-Rekrutierung von nicht-beschäftigten Ärzten und Ärztinnen-Rekrutierung von Ärzten und Ärztinnen im Ruhestand.-Rekrutierung von Medizinstudenten/innen aus dem Praktischen Jahr oder den letztenStudienjahrenc) Pflegepersonal-Umschichtungen innerhalb der Klinik: Personal aus Bereichen wie Chirurgie, HNO, Neu-rologie etc. werden in den Medizinischen und Pädiatrischen Abteilungen eingesetzt-Rekrutierung von nicht-beschäftigten Pflegern und Schwestern Page 20 20-Rekrutierung von Pflegern und Schwestern aus dem Ruhestand-Rekrutierung von geschulten Krankenpflegeschüler/innen-Evtl. Rekrutierung von Pflegepersonal aus Alten- / Pflegeheimen oder aus dem ambulan-ten Pflegebereich-Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, MTAd) Freiwillige Helfer-aus sämtlichen Berufsfeldern für nicht-medizinische Tätigkeiten (Essenausgabe, Trans-portdienst etc.).Operationale Sicherstellung des Krankenhausbetriebsa) AllgemeinIn folgenden Bereichen der Klinik muss die Funktion sichergestellt sein:-Energie-Abwasser und Wasserversorgung-Versorgung mit Sauerstoff und anderen Gasen-Elektrizität-Hausmeister-Versorgung-Besetzung der Pforte-Besetzung der Klinikküche-Reinigungskräfte-Verwaltung (Patientenanmeldung/ Organisation bei Todesfällen)-Transportdienst-Sterilisationsabteilung-Apotheke (s.o.)-Pathologie-Labor: Influenza-Schnellteste, Arbeitsleistung-Organisation von Einkauf und Lagerung-Abfallentsorgung (cave: infektiöses Material)-Organisation des seelsorgerischen Dienstes-Totenhalleb) Influenzaspezifische Vorbereitung-Entwicklung und Übung einer Triage und Bestimmung von Patientenbewegungen zwi-schen verschiedenen Bereichen auf unterschiedlichen Ebenen-Entwicklung von Mechanismen zur Koordination des Patiententransportes und zur Re-gistrierung der BettenbelegungInformation, Aufklärung, vertragliche Vereinbarungen-Allgemeine Fortbildung der Mitarbeiter des Krankenhauses über Influenza und Pande-mie; Epidemiologie, Schutzmaßnahmen, Therapiemöglichkeiten, Impfung-Fortbildung über Hygienemaßnahmen und Infektionskontrolle für alle Mitarbeiter mit Pati-entenkontakt (s.o.)-Aufklärung dem entsprechenden Ausbildungsstand und den Verantwortlichkeiten anpas-sen-Erläuterung der Prophylaxe mit antiviralen Arzneimitteln-´Pandemiepassus` in Verträgen neu eingestellter Mitarbeiter Page 21 21B8: Flussdiagramm als Hilfe für die Planung des stationären Ma-nagements von Influenza-Verdachtsfällen bei gehäuftem Auf-treten zu Beginn einer Pandemie (Phasen 5-6)(Verfasst vom Fachgebiet 14 am RKI in Abstimmung mit der Unterarbeitsgruppe ´Strategienstationärer Krankenversorgung`, Stand 11/2006)Quelle:http://www.rki.de/cln_006/nn_226786/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Erreger__ausgewaehlt/Influenza/Flussdiagr__pdf,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Flussdiagr_pdf Page 22 22C: Einsatz antiviraler Arzneimittel in der InfluenzapandemieC1: Empfehlungen zur Therapie mit antiviralen Substanzen beiAusbreitung eines neuen Influenzavirus(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Antivirale Arzneimittel`, Stand 11/2006)Das Auftreten von Infektionen mit einem ´neuen` Influenzavirus, d.h. einem Virusstamm, mitdem bisher keine Infektionen beim Menschen aufgetreten sind, kann aufgrund der fehlendenImmunität gegen einen solchen Erreger zu einer hohen Zahl von Infektionen und Komplikati-onen führen. Bis zur Verfügbarkeit eines Impfstoffes gegen einen solchen Stamm ist die an-tivirale Therapie ein wichtiges Instrument, um Morbidität und Mortalität einer solchen Epide-mie zu beeinflussen.Zum Einsatz bei Influenza A-Infektionen stehen generell Rimantadin, Amantadin und dieNeuraminidaseinhibitoren Oseltamivir und Zanamivir zur Verfügung, bei Influenza B-Infektionen sind nur die Neuraminidaseinhibitoren wirksam. Die Auswahl an antiviralen Sub-stanzen wird also durch die Eigenschaften des spezifischen neuen Virusstammes bestimmt.So sind nach den bisherigen Untersuchungen H5N1-Virusstämme (die derzeitig zirkulieren-den Stämme mit hoher Pathogenität bei Vögeln) resistent gegen Amantadin/Rimantadin,deshalb könnten diese Substanzen bei einer Veränderung dieses Virus und nachfolgenderAusbreitung bei Menschen nicht eingesetzt werden. Dies gilt sowohl für die Therapie alsauch für die Prophylaxe. Es kann jedoch nicht vorhergesagt werden, ob das neue Pande-mievirus aus den aktuell zirkulierenden Virusstämmen entsteht. Weiterhin besteht die Mög-lichkeit, dass durch die Veränderungen auch die Empfindlichkeit gegen M2-Inhibitoren wie-der hergestellt wird. Deshalb muss der vorliegende Vorschlag auf die jeweils aktuelle Situati-on rasch angepasst und spezifiziert werden.Sowohl aufgrund der Wirksamkeit wie auch der Verträglichkeit sind Neuraminidase-inhibitoren in der Therapie und Prophylaxe Rimantadin und Amantadin wann immer möglichvorzuziehen. Eine Resistenzentwicklung unter der Therapie mit Rimantadin/Amantadin istrelativ häufig (bis ca. 30% innerhalb von einer Woche) und führt zur raschen Unwirksamkeit.Eine Resistenzentwicklung unter Therapie mit Neuraminidaseinhibitoren ist bisher nur in Ein-zelfällen beobachtet worden. Aufgrund der bisher begrenzten Verfügbarkeit der Substanzenwie auch um einer Resistenzentwicklung vorzubeugen, sollten Neuraminidaseinhibitorengezielt eingesetzt werden. Die Dosierung und Therapiedauer muss möglicherweise auchnach den weiteren klinischen Erfahrungen im Einsatz angepasst werden (Tabelle 1).TherapieIndikationDer Einsatz von antiviralen Substanzen kann möglicherweise Morbidität und Mortalität durcheinen Ausbruch eines neuen Influenzavirus senken. Ein Einsatz von Neuraminidaseinhibito-ren sollte gezielt erfolgen. Hierfür sollte die klinische Diagnose einer Influenza gegeben seinund ein möglicher schwerer Verlauf, insbesondere das individuelle Risiko von Komplikatio-nen, berücksichtigt werden.DiagnoseDas klinische Bild einer Influenza ist definiert als mindestens zwei der vier folgenden Krite-rien:- akuter Krankheitsbeginn,- Husten,- Fieber,- Muskel-, Glieder-, Rücken- ODER Kopfschmerzen. Page 23 23Bei sporadischen Erkrankungen reicht dieses Bild der Influenza-like illness (ILI) nicht aus,um die Diagnose einer Influenza mit ausreichender Sicherheit zu stellen, da die Klinik ande-rer respiratorischer Erkrankungen ähnlich verläuft. Bei schweren Verläufen und Komplikatio-nen sollte immer eine labordiagnostische Abklärung erfolgen. Während der Spitzenwocheneiner Influenzawelle und bei Epidemien hat die Influenza-typische Symptomatik einen soguten Vorhersagewert, dass die Erkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit allein kli-nisch diagnostiziert werden kann. Eine Antigentestung ist bei entsprechender Häufung vonFällen nicht zusätzlich sinnvoll, in dieser Situation erbringt ein Antigenschnelltest wenig zu-sätzliche diagnostische Information, auch sind Sensitivität und Spezifität für ein neues Viruszunächst unbekannt.RisikokonstellationenEine einfache Übertragung der Risikokonstellationen aus der Situation der sonstigen saiso-nalen Influenzaepidemien ist nicht möglich. Erst eine klinische Surveillance der ersten Fälle,die dann laufend aktualisiert werden muss, kann zeigen, in welchen Patientenkollektiven dieRate und Gefahr von Komplikationen am größten ist. Aus den saisonalen Influenzaepide-mien können aber zumindest Patientengruppen mit einem erhöhten Risiko für eine stationäreAufnahme und schwere Komplikationen identifiziert werden, bei denen ein Einsatz antiviralerSubstanzen aufgrund der hohen Gefahr von Komplikationen besonders erwogen werdensollte (Thompson et al., 2003; Izurieta et al., 2000; Neuzil et al. 2000):Kinder und Erwachsene mit den folgenden Begleiterkrankungen bzw. Charakteristika" chronische Stoffwechselerkrankungen, z.B. Diabetes mellitus" chronische Erkrankungen der Atemorgane (z.B. obstruktive Lungenerkrankung, chro-nische Bronchitis, Asthma oder Lungenemphysem)" koronare oder andere chronische Herzerkrankung" Erkrankungen mit einer erworbenen oder angeborenen Schwächung des Immunsys-tems (z.B. HIV-Infektion, Krebserkrankung in den letzten 12 Monaten, Lymphomeund Leukämien, ausgeschlossen nur nicht durch Melanome bedingte Hautkrebser-krankungen)" chronische Leber- oder NiereninsuffizienzDabei ist die höchste Komplikationsrate in der Gruppe von über 60jährigen Patienten miteinem oder mehreren der obigen Risikofaktoren zu finden, die zweithöchste Komplikationsra-te bei Kindern unter 4 Jahren. Eine Zulassung für Neuraminidaseinhibitoren bei Kindern un-ter 1 Jahr liegt bisher nicht vor.Zeitpunkt des Therapiebeginns und TherapiedauerDie Therapie einer Influenzaerkrankung ist bei entsprechender klinischer Symptomatik undVorstellung innerhalb von 48h nach Beginn der Symptome indiziert. Eine Therapie ist umsowirksamer, je früher die Therapie einsetzt, obwohl theoretisch eine Rationale für den Einsatzantiviraler Substanzen besteht, solange eine Virusreplikation vorliegt. In klinischen Studienzeigte sich eine klare Wirksamkeit von Neuraminidaseinhibitoren bis zu 48h nach Beginn derSymptome, die Wirksamkeit bei späterem Einsatz ist nicht sicher.Klinische Studien oder Erfahrungen zur optimalen Dosierung und Dauer der Therapie beiInfektionen durch aviäre Influenza oder Pandemieviren liegen nicht vor, hier sollte die Stan-darddosis und –dauer (2x75mg Oseltamivir p.o. oder 2x10mg Zanamivir inhalativ/d über 5Tage) gewählt werden. Dabei ist Oseltamivir auch für Kinder ab einem Jahr zugelassen, Za-namivir ab fünf Jahren (Dosierung s. Tab 1).Da die Behandlung mit Neuraminidaseinhibitoren bei saisonaler Influenza die Vermehrungdes Virus hemmt und die Dauer der klinischen Symptomatik verkürzt, kann auch die Dauerund Dosis der Virusausscheidung entsprechend reduziert werden. Page 24 24Tabelle 1: Antivirale Substanzen zum Einsatz in der Therapie der InfluenzaAlter1-1213-6465 und älterTherapieAmantadin* **Kinder ab 5 Jahren 1 x tgl. 100 mgKinder ab 10 Jahren oder ab 45 kg KG2 x tgl. 100 mg100 mg zweimalpro Tag100 mg einmal proTag (wegen derhäufig einge-schränkten Nieren-funktion)OseltamivirKinder ab 1 Jahr:≤ 15 kg30 mg 2 x tgl.> 15 kg bis 23 kg45 mg 2 x tgl.> 23 kg bis 40 kg60 mg 2 x tgl.> 40 kg75 mg 2 x tgl.75mg zweimal proTag75mg zweimal proTagZanamivirKinder ab 5 Jahren:2 x tgl. 2 Inhalationen (2 x 10 mg) in-nerhalb von 36 Stunden nach Sym-ptombeginn***10 mg (2 Inhalati-onen) zweimal proTag10 mg (2 Inhalati-onen) zweimal proTag* Amantadin zeigt nur Wirksamkeit gegen Influenza A. Amantadin ist in Therapie und Prophylaxe we-niger wirksam als Neuraminidaseinhibitoren und ist nebenwirkungsträchtiger, deshalb sind Neuramini-daseinhibitoren wann immer möglich vorzuziehen.** Bei Amantadin ist bei eingeschränkter Nierenfunktion eine Dosisanpassung erforderlich (s. unten-stehende Tabelle)*** Die Dosierungsempfehlung entspricht der englischen FachinformationQuellen:EMEA/H/C/402 European Public Assessment Report Tamiflu vom 12.04.2006-09-01Fachinformation Amantadin-Ratiopharm®, Stand Juni 2003Fachinformation Amantadin-Sandoz®, Stand Oktober 2003Fachinformation Tamiflu®, Stand Januar 2006Fachinformation Relenza®, Stand Oktober 2005Die Dosierung von Amantadin ist bei eingeschränkter Nierenfunktion grundsätzlich an dieverringerte renale Clearance (gemessen und berechnet als glomeruläre Filtrationsrate=GFR) anzupassen.Tabelle 2: Dosierung von Amantadin bei eingeschränkter NierenfunktionGFR(ml/min)Dosierung (in mg Amantadin-hydrochlorid oder -hemisulfat)Dosierungsintervall80-60100mgalle 12 Stunden60-50200mg und 100 mgoder150 mgJeden 2. Tag abwechselnd1-mal tgl.50-30100 mg1-mal tgl.30-20200 mg2-mal wöchentlich20-10100 mg3-mal wöchentlich< 10 undHämodialyse200 mg und 100 mgwöchentlich oderjede 2.WocheQuelle:Fachinformation Amantadin-Sandoz®, Stand Oktober 2003Fachinformation Amantadin-Sandoz®, Stand Oktober 2003KontraindikationenOseltamivir: Überempfindlichkeit gegen Oseltamivir oder einen der sonstigen Bestandteile Page 25 25Bei Kapseln: Hilfsstoffe:Vorverkleisterte Stärke (gewonnen aus Maisstärke), Talk, Povidon, Croscarmellose-Natriumund Natriumstearylfumarat. Die Kapselhülle enthält Gelatine, Eisenoxidhydrat (E 172), Ei-sen(III)-oxid (E 172), Eisen(II,III)-oxid (E 172) und Titandioxid (E 171). Die Drucktinte enthältSchellack, Titandioxid (E 171) und FD und C Blau 2 (Indigocarmin, E 132).Suspension (Fertigarzneimittel): Hilfsstoffe: Sorbitol (E 420), Natriumdihydrogencitrat (E 331(a)), Xanthan-Gummi (E 415), Natriumbenzoat (E 211), Saccharin-Natrium (E 954), Titandi-oxid (E 171) und Tutti-Frutti-Aroma (enthält Maltodextrine (Mais), Propylenglycol, ArabischesGummi (E 414) und naturidentische Aromastoffe) (hauptsächlich bestehend aus Bananen-,Ananas- und Pfirsich-Aroma).Zanamivir:Überempfindlichkeit gegen irgendeinen Bestandteil der Zubereitung: sonstigeBestandteile: Lactose-Monohydrat (enthält Milchprotein).Amantadin: Überempfindlichkeit gegenüber Amantadinverbindungen oder einem Bestand-teil der Darreichungsform, schwere, nicht kompensierte Herzinsuffizienz, Kardiomyopathienund Myokarditiden, AV-Block Grad II und III, vorbekannt Bradykardie unter 55 Schläge/min,bekanntes langes QT-Intervall (QTc nach Bazett > 420 ms) oder erkennbare U-Wellen, oderangeborenes QT-Syndrom in der Familienanamnese, Vorgeschichte von schwerwiegendenventrikulären Arrhythmien einschl. Torsade de pointes, Hypokaliämie oder Hypomagnesiä-mie, gleichzeitige Therapie mit Budipin oder anderen QT-verlängernden Arzneimitteln.Zahlreiche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, z. B. mit Medikamenten, welchedie QT-Zeit verlängern können, sind zu beachten (z. B. auch bei bestimmten Makrolidantibio-tika und Gyrasehemmern).Schwangerschaft und StillzeitOseltamivir: Bei Schwangeren ist eine Nutzen-Risikoabwägung notwendig, da keine ausrei-chenden Daten vorliegen. Im Tierversuch wurde bei Ratten keine Teratogenität festgestellt.Bei laktierenden Ratten wird Oseltamivir und der aktive Metabolit in der Milch ausgeschieden(Fachinformation).Zanamivir: Bei Ratten und Kaninchen wurde gezeigt, dass Zanamivir plazentagängig ist.Hohe Dosen von Zanamivir waren nicht mit Fehlbildungen bei Ratten oder Kaninchen ver-bunden. Bei Schwangeren ist eine Nutzen-Risikoabwägung notwendig, da keine ausreichen-den Daten vorliegen. Bei laktierenden Ratten wird Zanamivir in die Milch ausgeschieden.Beim Menschen liegen keine Informationen über eine Ausscheidung in die Muttermilch vor.Die Anwendung von Zanamivir während der Stillzeit wird nicht empfohlen (Fachinformation).Amantadin: Laut Fachinformation in hohen Dosen bei Tierstudien embryotoxisch und tera-togen. In Fallberichten beim Menschen wurde sowohl von gesunden Kindern als auch vonSchwangerschaftskomplikationen und Fehlbildungen berichtet. Die Fertilität war ebenfallsbeeinträchtigt. Amantadin geht in die Muttermilch über.Die Anwendung in der Schwangerschaft darf nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägungerfolgen, wenn dies dringend erforderlich ist.Immunsupprimierte Personen und Personen mit AutoimmunerkrankungenFür Oseltamivir ist die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bei diesem Patientenkreis nochnicht gesichert. Page 26 26Aufgrund der begrenzten Anzahl von immunsupprimierten Patienten, die mit Zanamivir be-handelt worden sind, konnte die Wirksamkeit und Sicherheit von Zanamivir bei diesen Grup-pen bisher nicht nachgewiesen werden.Für Amantadin bestehen keine Gegenanzeigen.HandelspräparateOseltamivir:Tamiflu¡Kps. enthalten 98,5 mg Oseltamivirphosphat entsprechend 75 mg OseltamivirTamiflu 12mg/ml Pulver zur Herstellung einer Suspension (12 mg Oseltamivir/ml)Zanamivir:RelenzaTM5 mg / Dosis, einzeldosiertes Pulver zur InhalationAmantadin:Infecto Flu¡Sirup enthält 50mg Amantadin-HCL in 5 mlFolgende Präparate enthalten 100 mg Amantadin-HCl pro Tablette:Adekin¡100mg FilmtablettenAmanta¡100 ABZ FilmtablettenAmantadin 100 von CT¡FilmtablettenAmantadin Holsten¡FilmtablettenAmantadin Ratiopharm¡100 FilmtablettenAmantadin Stada¡100 FilmtablettenAmantagamma¡100 FilmtablettenAmixx¡TablettenFolgende Präparate enthalten 100mg Amantadinhemisulfat: Amantadin AL¡100 Filmtablet-tenAmantadin beta¡100 FilmtablettenAmantadin Hexal¡100mg FilmtablettenAmantadin-Neuraxpharm¡100 FilmtablettenAmantadin-Sulfat Sandoz¡100 Filmtabletten Page 27 27C2: Empfehlungen zur Postexpositionsprophylaxe mit antiviralenArzneimitteln in der Frühphase einer Pandemie (Phase 5-6)(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Antivirale Arzneimittel`, Stand 11/2006)Die Durchführung von Maßnahmen zur Postexpositionsprophylaxe mit antiviralen Arzneimit-teln in einer Pandemie sollte auf der Grundlage entsprechender Empfehlungen des RKI er-folgen.Aufgrund der hohen Infektiosität kann eine medikamentöse Prophylaxe nach engem Kontaktmit an Influenza erkrankten Personen indiziert sein.Für die medikamentöse Prophylaxe sind grundsätzlich sowohl die NeuraminidasehemmerOseltamivir und Zanamivir als auch die M2-Membranproteinhemmer Amantadin und Riman-tadin geeignet. Rimantadin ist jedoch in Deutschland nicht zugelassen. Studien zur Prophy-laxe mit Zanamivir in der Dosierung von einmal 10mg/d inhalativ wurden erfolgreich durchge-führt. Einer Indikationserweiterung von Zanamivir für die Prophylaxe für Kinder ab 5 Jahrenund Erwachsene wurde im August 2006 zugestimmt. Die Umsetzung in nationales Recht istfür 2007 zu erwarten. Wegen des ungünstigeren Nebenwirkungsspektrums ist Amantadin alsMittel der 2. Wahl zu betrachten. Nähere Ausführungen zur prophylaktischen Wirksamkeitund dem Nebenwirkungsspektrum der Arzneimittel sind Teil II des Nationalen Pandemie-plans zu entnehmen.In Abhängigkeit von Erkenntnissen zu Resistenzen bzw. zum Resistenzbildungspotential desPandemie-Virus muss die vorliegende Empfehlung ggf. modifiziert werden.Unabhängig von einer medikamentösen Prophylaxe sind immer auch primäre Schutzmaß-nahmen (Hygieneregeln, Mund-Nase-Schutz) zu berücksichtigen (WHO, 2006). Im Bereichder Akutversorgung sind die Empfehlungen des RKI zu Hygienemaßnahmen (RKI, 2006) zubeachten. Zum Schutz der Beschäftigten, die durch ihre Tätigkeit im medizinischen Bereichder Primärversorgung sowie im Rettungs- oder Krankentransportdienst in erhöhtem Maßeinfektionsgefährdet sind, gelten darüber hinaus die einschlägigen Regeln und Beschlüssedes Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/Biologische-Arbeitsstoffe.html__nnn=true).a) AusgangssituationIn der Warn- oder Frühphase einer Pandemie (Phasen 3 bis 6 nach WHO) kann durch Post-expositionsprophylaxe bei Kontaktpersonen die Weiterverbreitung möglicherweise verhindertbzw. die Ansteckungsgefahr verringert werden und somit eine weitere Ausbreitung verlang-samt werden (Longini et al., 2005; Ferguson et al., 2005).b) AnsprechpartnerDie Empfehlung einer Postexpositionsprophylaxe zählt zu den Schutzmaßnahmen, auf derGrundlage von § 28 Infektionsschutzgesetz, die durch die zuständige Behörde getroffenwerden. Notwendige Ermittlungen z. B. zu Kontaktpersonen und Empfehlungen zu Schutz-maßnahmen werden auf der Grundlage von § 25 Infektionsschutzgesetz durch das Gesund-heitsamt durchgeführt.c) ZielZiel ist die Verhinderung der Weiterverbreitung bzw. Verzögerung der Ausbreitung einer be-ginnenden Pandemie. Darüber hinaus dient die Postexpositionsprophylaxe dem Schutz derBeschäftigten, die aufgrund ihrer Tätigkeit besonders infektionsgefährdet sind. Page 28 28d) ZielgruppeHierzu gehören enge Kontaktpersonen von Index-Fällen wie z. B. Familienangehörige odermedizinisches Personal in Arztpraxen und Krankenhäusern. Eine Definition zu berücksichti-gender Kontaktpersonen wird in Abhängigkeit von der epidemiologischen Lage erstellt wer-den (für gefährdete Personen durch aviäre Influenza liegt eine entsprechende Empfehlungdes RKI vor (RKI, 2006).Oseltamivir: Kinder ab einem Jahr und ErwachseneZanamivir: Kinder ab fünf Jahren und ErwachseneAmantadin: Kinder ab fünf Jahren und Erwachsenee) Dosierung bei der PostexpositionsprophylaxeOseltamivirDie Behandlung sollte so früh wie möglich innerhalb von 48 Stunden nach Kontakt mit derinfizierten Person beginnen.PersonengruppeDosis in mg OseltamivirZeitraumKinder von 1 – 12 Jahren< 15 kg> 15 kg bis 23 kg> 23 kg bis 40 kg> 40 kg30 mg 1 x tgl45 mg 1 x tgl60 mg 1 x tgl75 mg 1 x tgl10 TageJugendliche ab 13 Jahrenund Erwachsene1 x tgl. 1 Kps.Tamiflu®10 TageQuelle: EMEA/H/C/402 European Public Assessment Report Tamiflu vom 12.04.2006Bei Personen mit schwerer Niereninsuffizienz ist eine Dosisanpassung wie folgt erforderlich:Kreatinin-ClearanceEmpfohlene Dosis für die Prophylaxe mit Oseltamivirbei Niereninsuffizienz> 30 ml/min75 mg 1 x tgl.> 10 bis ≤ 30 ml/min75 mg jeden zweiten Tag oder 30 mg Suspension einmaltäglich≤ 10 ml/minNicht empfohlenDialysepatientenNicht empfohlenQuelle: Fachinformation Tamiflu®, Stand Januar 2006Bei Patienten mit Leberinsuffizienz ist keine Dosisanpassung erforderlich!Zanamivir1-mal täglich 2 Inhalationen (entspricht 1-mal täglich 2 x 5 mg Zanamivir) über 10 Tage.AmantadinBeginn so bald wie möglich nach der Exposition, Einnahme über 10 Tage. Die Einnahme derTabletten erfolgt mit einem Glas Wasser vorzugsweise morgens und nachmittags, spätes-tens um 16.00 Uhr. Laut Fachinformation ist vor Therapiebeginn und zu den Zeitpunkten 1und 3 Wochen danach ein EKG zu schreiben und die frequenzkorrigierte QT-Zeit nach Ba-zett manuell zu bestimmen.PersonengruppeDosierung (in mg Amantadin-hydrochlorid oder –hemisulfat)ZeitraumKinder ab 5 Jahren1 x tgl. 100mg (1 Tbl.)10 TageKinder ab 10 Jahren2 x tgl. 100mg10 Tage Page 29 29oder ab 45 kg Körper-gewichtErwachsene bis 64Jahre2 x tgl. 100mg oder 1 x tgl. 200mg10 TageErwachsene ab 65Jahren1 x tgl. 100mg (meist einge-schränkte Nierenleistung)10 TageQuelle:Fachinformation Amantadin-Ratiopharm®, Stand Juni 2003Fachinformation Amantadin-Sandoz®, Stand Oktober 2003Die Dosierung bei Nierenfunktionsstörung ist grundsätzlich an die verringerte renale Clea-rance (gemessen und berechnet als glomeruläre Filtrationsrate =GFR) anzupassen:GFR(ml/min)Dosierung (in mg Amantadin-hydrochlorid oder -hemisulfat)Dosierungsintervall80-60100mgalle 12 Stunden60-50200mg und 100 mgoder150 mgJeden 2. Tag abwechselnd1-mal tgl.50-30100 mg1-mal tgl.30-20200 mg2-mal wöchentlich20-10100 mg3-mal wöchentlich< 10 undHämodialyse200 mg und 100 mgwöchentlich oderjede 2.WocheQuelle:Fachinformation Amantadin-Sandoz®, Stand Oktober 2003Fachinformation Amantadin-Sandoz®, Stand Oktober 2003f) Bevorratung und AbgabeMaßnahmen zur Postexpositionsprophylaxe betreffen in der Regel eine überschaubare Per-sonenzahl. Die zur Durchführung entsprechender Maßnahmen benötigten antiviralen Arz-neimittel können ggf. über den Markt beschafft werden. In jedem Fall ist eine ärztliche Ver-ordnung erforderlich. Page 30 30C3: Empfehlungen zur Langzeitprophylaxe mit antiviralen Arznei-mitteln(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Antivirale Arzneimittel`, Stand 11/2006)a) AusgangssituationZu Beginn einer Pandemie steht kein Impfstoff zur Verfügung, der vor dem neuen Virusschützt. Aufgrund der erhöhten Exposition ist insbesondere bei Beschäftigten im medizini-schen Bereich mit einer erhöhten Erkrankungsrate und damit mit einem erhöhten krankheits-bedingten Ausfall zu rechnen. Gleichzeitig kann das Personal, weil es nicht durch eine Imp-fung geschützt ist, die Infektion unter den Patienten weiterverbreiten. Je nach Epidemiologieder Pandemie (altersspezifische Morbidität) ist auch in anderen Wirtschaftsbereichen miterhöhten Personalausfällen zu rechnen.Gegen einen breiten Einsatz antiviraler Arzneimittel zur Langzeitprophylaxe in einer Pande-mie spricht die Gefahr der Resistenzbildung. Die potentiell risikobehaftete Dauermedikationspricht, insbesondere vor dem Hintergrund, dass Erfahrungen nur für einen Anwendungszeit-raum von sechs Wochen vorliegen, ebenso für einen restriktiven Umgang bei der Langzeit-prophylaxe wie die begrenzte Verfügbarkeit von Oseltamivir.Die Durchführung von Maßnahmen zur Langzeitprophylaxe mit antiviralen Arzneimitteln ineiner Pandemie sollte auf der Grundlage entsprechender Empfehlungen des RKI erfolgen.Eine Langzeitprophylaxe sollte nur unter sehr strenger Prüfung der Unentbehrlichkeit zurSchadensbegrenzung und in kritischen Bereichen zur Versorgung der Bevölkerung auch fürPersonen außerhalb der Gesundheitsversorgung erwogen werden. Sie hat in jedem Fall un-ter ärztlicher Verantwortung zu erfolgen.Für die medikamentöse Prophylaxe sind grundsätzlich sowohl die NeuraminidasehemmerOseltamivir und Zanamivir als auch die M2-Membranproteinhemmer Amantadin und Riman-tadin geeignet. Rimantadin ist jedoch in Deutschland nicht zugelassen. Studien zur Prophy-laxe mit Zanamivir in der Dosierung von einmal 10mg/d inhalativ wurden erfolgreich durchge-führt. Einer Indikationserweiterung von Zanamivir für die Prophylaxe für Kinder ab 5 Jahrenund Erwachsene wurde im August 2006 zugestimmt. Die Umsetzung in nationales Recht istfür 2007 zu erwarten. Wegen des ungünstigeren Nebenwirkungsspektrums ist Amantadin alsMittel der 2. Wahl zu betrachten. Nähere Ausführungen zur prophylaktischen Wirksamkeitund dem Nebenwirkungsspektrum der Arzneimittel sind Teil III des Nationalen Pandemie-plans zu entnehmen.Eine Langzeitprophylaxe kann bei ständig exponierten Personen (z.B. Pflege- und ärztlichesPersonal in Notaufnahmen) für die Dauer von sechs (Oseltamivir) bzw. vier Wochen (Zana-mivir) sowie mit Amantadin über drei Monate sicher und wirksam durchgeführt werden. Da-ten über Sicherheit und Wirksamkeit über eine diese Zeiträume überschreitende Therapieliegen nicht vor.In Abhängigkeit von Erkenntnissen zu Resistenzen bzw. zum Resistenzbildungspotential desPandemie-Virus muss die vorliegende Empfehlung ggf. modifiziert werden.Unabhängig von einer medikamentösen Prophylaxe sind immer auch primäre Schutzmaß-nahmen (Hygieneregeln, Mund-Nase-Schutz) zu berücksichtigen (WHO, 2006). Im Bereichder Akutversorgung sind die Empfehlungen des RKI zu Hygienemaßnahmen (RKI, 2006) zubeachten. Zum Schutz der Beschäftigten, die durch ihre Tätigkeit im medizinischen Bereichder Primärversorgung sowie im Rettungs- oder Krankentransportdienst in erhöhtem Maßeinfektionsgefährdet sind, gelten darüber hinaus die einschlägigen Regeln und Beschlüsse Page 31 31des Ausschusses für Biologische Arbeitsstoffe (http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/Biologische-Arbeitsstoffe.html__nnn=true).b) Dosierung für die LangzeitprophylaxeOseltamivir:PersonengruppeDosisZeitraumErwachsene1 x tgl. 1 Kps. O-seltamivir 75mgBis zu 6 Wochen (je nach epidemiolo-gischer Lage kann eine längere Pro-phylaxe erwogen werden)Quelle: Fachinformation Tamiflu®, Stand Januar 2006Dosierung bei Niereninsuffizienz s. 1.4; bei Patienten mit Leberinsuffizienz ist keine Dosis-anpassung erforderlich!Zanamivir:Die empfohlene Dosis von Relenza zur Langzeitprophylaxe der Influenza beträgt 1-mal täg-lich 2 Inhalationen (entspricht 1-mal täglich 2 x 5 mg Zanamivir) über 28 Tage.Amantadin: Einnahme über einen Zeitraum von 3 Monaten ist möglich.Die Einnahme der Tabletten erfolgt mit einem Glas Wasser vorzugsweise morgens undnachmittags, spätestens um 16.00 Uhr. Lt. Fachinformation ist vor Therapiebeginn und zuden Zeitpunkten 1 und 3 Wochen danach ein EKG zu schreiben und die frequenzkorrigierteQT-Zeit nach Bazett manuell zu bestimmen.PersonengruppeDosierung (in mg Amantadin-hydrochlorid oder –hemisulfat)Erwachsene bis 64 Jahre2 x tgl. 100mg oder 1 x tgl. 200mgErwachsene ab 65 Jahren1 x tgl. 100mg (meist eingeschränkte Nierenleistung)Quelle:Fachinformation Amantadin-Ratiopharm®, Stand Juni 2003Fachinformation Amantadin-Sandoz®, Stand Oktober 2003Die Dosierung bei Nierenfunktionsstörung ist grundsätzlich an die verringerte renale Clea-rance (gemessen und berechnet als glomeruläre Filtrationsrate =GFR) anzupassen:GFR(ml/min)Dosierung(mg Amantadinhydrochloridoder -hemisulfat)Dosierungsintervall80-60100mgalle 12 Stunden60-50200mg und 100 mgoder150 mgJeden 2. Tag abwechselnd1-mal tgl.50-30100 mg1-mal tgl.30-20200 mg2-mal wöchentlich20-10100 mg3-mal wöchentlich< 10 undHämodialyse200 mg und 100 mgwöchentlich oderjede 2.WocheQuelle:Fachinformation Amantadin-Ratiopharm®, Stand Juni 2003Fachinformation Amantadin-Sandoz®, Stand Oktober 2003c) Kontraindikationen: s. unter C1d) Schwangerschaft und Stillzeit Page 32 32Schwangere Frauen und stillende Mütter sollten im Pandemiefall entweder beurlaubt oder inBereichen ohne Publikums- bzw. Patientenverkehr beschäftigt werden.e) Bevorratung und AbgabeVon staatlicher Seite ist nach derzeitigem Sachstand keine Bevorratung an antiviralen Arz-neimitteln zum Zwecke der Langzeitprophylaxe vorgesehen. Eine entsprechende Bevorra-tung kann aber auch durch den Arbeitgeber erfolgen. Die Bevorratung antiviraler Arzneimitteldurch Betriebe ist in öffentlichen Apotheken und in bestimmten Fällen auch mittels zentralerBeschaffungsstellen nach § 47 Abs. 1 Nr. 5 AMG möglich. Zentrale Beschaffungsstellenmüssen von der zuständigen Behörde anerkannt sein, dem in § 47 Abs. 2 Satz 1 genanntenZweck dienen und die in § 47 Abs. 2 Satz 2 genannten Anforderungen erfüllen.In Krankenhäusern kann das Arzneimittel über die Krankenhausapotheke oder die kranken-hausversorgende öffentliche Apotheke bestellt, gelagert, evtl. hergestellt und verteilt werden.Zur Gewährleistung einer sachgemäßen Anwendung und Erhöhung der Compliance sollteerwogen werden, dem Betriebsarzt – zusätzlich zu seinen Aufgaben nach dem ASiG – dieAbgabe von Tagesdosen zu übertragen.f) Handelspräparate: s. unter C1Literatur1. BAuA. Beschluss 609 (Dezember 2006): Arbeitsschutz beim Auftreten von Influenzaunter besonderer Berücksichtigung des Atemschutzeshttp://www.baua.de/nn_12352/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/ABAS/aus-dem-ABAS/pdf/Beschluss609-Dezember2006.pdf2. Thompson WW, Shay DK, Weintraub E, Brammer L, Cox N, Anderson LJ, Fukuda K.Mortality associated with influenza and respiratory syncytial virus in the United States.JAMA. 2003 Jan 8;289(2):179-863. Izurieta HS, Thompson WW, Kramarz P, Shay DK, Davis RL, DeStefano F, Black S,Shinefield H, Fukuda K. Influenza and the rates of hospitalization for respiratory dis-ease among infants and young children. N Engl J Med. 2000 Jan 27;342(4):232-9.4. Neuzil KM, Mellen BG, Wright PF, Mitchel EF Jr, Griffin MR. The effect of influenzaon hospitalizations, outpatient visits, and courses of antibiotics in children.N Engl JMed. 2000 Jan 27;342(4):225-315. Ferguson NM, Cummings DAT, Cauchemez S, Fraser C, Riley S, Meeyai A, Iam-sirihtaworn S, Burke DS. Strategies for containing an emerging influenza pandemic inSoutheast Asia. Nature 2005; 437:209-2146. Longini IM, Nizam A, Xu, S, Ungchusak K, Hanshaoworakul W, Cummings, DAT, Hal-loran ME. Containing pandemic influenza at the source. Science 2005; 309:1083-10877. Gani R, Hughes H, Fleming D, Griffin T, Medlock J, Leach S. Potential impact of anti-viral drug use during influenza pandemic. Emerg Infect Dis. 2005;11(9):1355-62.8. RKI 2006 (März 2006): Empfehlungen des Robert Koch-Instituts zur Prävention beiPersonen mit erhöhtem Expositionsrisiko durch (hochpathogene) aviäre InfluenzaA/H5http://www.rki.de/nn_387378/DE/Content/InfAZ/A/AviaereInfluenza/Empfehlungen__1.html Page 33 339. RKI 2006 (März 2006): Empfehlungen des Robert Koch-Instituts für die Hygienemaß-nahmen bei Patienten mit Verdacht auf Influenzahttp://www.rki.de/nn_387378/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Erreger__ausgewaehlt/Influenza/Influ__pdf.html10. WHO writing group. Nonpharmaceutical interventions for pandemic influenza, na-tional and community measures. Emerg Infec Dis 2006; 12:88-94 Page 34 34D: KommunikationD1: Pandemiespezifische Presse- und Öffentlichkeitsarbeit(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Risikokommunikation`, Stand 11/2006)Organisatorischer Bedarf" Informationsmaterialien soweit als möglich vorbereiten (ggf. auch in relevanten Fremd-sprachen): Merkblatt/Ratgeber, FAQs, weiterführende Informationen" Die Möglichkeiten zur Verbreitung solcher Informationen sollten geklärt sein, z. B. Ausla-ge in Gebäuden mit hohem Publikumsverkehr." Die im Notfall schnellstmögliche Einrichtung von Bürgertelefondiensten mit hoher Kapazi-tät – bundesweit, regional und unbedingt auch lokal - muss vertraglich und organisato-risch vorbereitet sein, einschließlich der Einsatz- bzw. Dienstpläne." Vorbereitung eines Anrufbeantworters: mit Hinweisen beispielsweise auf Informationenim Internet, für aktuelle Ergebnisse/Entwicklungen und für allgemeine Kurzinformationen." Aufbau bzw. Aktualisierung eines E-Mail- oder Fax-Presseverteilers zur schnellen Wei-terverbreitung von Informationen. Bei Faxverteilern Reihenfolge nach Priorität festsetzen" Für eine schnelle und gezielte Information sollte eine Liste mit den Telefon-, Handy- undFaxnummern der wichtigsten Medien-Ansprechpartner verfügbar sein." Eine Liste interner Experten für die wesentlichen hauseigenen Kompetenzfelder solltevorliegen. Im Krisenfall sollte es für die verschiedenen Fachgebiete feste, erreichbareAnsprechpartner geben, ebenso für die Pressestelle und auch für externe Kooperations-partner." Die technische Anleitung für Konferenzschaltungen (Telefon & Video) sollte sichergestelltsein (regelmäßig)." Die Möglichkeit zum Verhängen von Urlaubssperren und zu Überstundenanordnungensollte geklärt sein." Mit anderen Anbietern von Internetangeboten sollte abgeklärt werden, inwieweit Informa-tionen dorthin gespiegelt werden können.Personeller Bedarf" Die Erreichbarkeit der Pressestelle sollte gewährleistet sein." Sicherstellung der Internetbetreuung: Inhaltlich und technisch" Sicherstellung der allgemeinen technischen Betreuung (PC, Telefon, Fax)" Geschultes und kurzfristig rekrutierbares Personal zur Besetzung der Bürgertelefone.Regelmäßige (auch psychologische) Schulungen sind notwendig." Bei Anfragewellen müssen in den beteiligten Stellen kurzfristig Mitarbeiter von anderenAufgaben abgezogen werden könnenMaterieller Bedarf" Serverausstattung: der Internet-Server muss auf die zu erwartenden Anfragespitzen aus-gelegt sein." Anrufbeantworter plus Ersatzgerät" Vorrat an Telefonnummern, Apparaten und Leitungskapazität für kurzfristige Hotline(s)bzw. Ersatz für Nummern, die durch externe Nutzung überlastet sind." Handys, ggf. Funk bei Überlastung der extern bekannten Nummern" Ersatzgeräte für Fax und Kopierer" Ausstattung für Call-Center" Konferenzschaltungskapazität (Telefon und Video)" Kosten für Überstunden und externe Unterstützung etc. Page 35 35Checkliste Presse- und Öffentlichkeitsarbeit(Verfasst von der Unterarbeitsgruppe ´Risikokommunikation`, Stand 11/2006)Sind Sie auf eine Influenzapandemie vorbereitet?ja nein Fragenwas ist zu tun? wer tut es?Hat Ihre Einrichtung eigene Informationsmaterialien, oder kennen Sie Bezugsquellen?Sind die Möglichkeiten zur Verbreitung solcher Informationen geklärt, z. B. Auslage in Gebäuden mit ho-hem Publikumsverkehr?Könnten Sie schnellstmöglich ein Bürgertelefon einrichten?Verfügen Sie über einen Anrufbeantworter (mit Ersatzgerät) für Hinweise auf Informationen im Internet, füraktuelle Ergebnisse/Entwicklungen und für allgemeine Kurzinformationen?Verfügen Sie über einen E-Mail- oder Fax-Presseverteiler zur schnellen Weiterverbreitung von Informatio-nen?Ist die Reihenfolge beim Faxverteiler nach Priorität festgesetzt?Verfügen Sie über Ersatzgeräte für Fax und Kopierer?Steht Ihnen technische (v.a. IT-) Unterstützung außerhalb der üblichen Arbeitszeiten zur Verfügung?Ist eine Liste mit den Telefon-, Handy- und Faxnummern der wichtigsten Medien-Ansprechpartner für ra-sche, individuelle Informationen verfügbar?Sind die internen Experten für die wesentlichen hauseigenen Kompetenzfelder bekannt (ggf. Liste)?Sind Konferenzschaltungen (Telefon & Video) möglich?Wissen Sie, wie die Konferenzschaltung funktioniert?Sind kurzfristige Urlaubssperren und Überstundenanordnungen möglich?Sind Ihre Internetseiten starken Anfragesteigungen gewachsen?Ist die Erreichbarkeit der Pressestelle über die übliche Arbeitszeit hinaus gewährleistet?Ist die Internetbetreuung inhaltlich und technisch über die übliche Arbeitszeit hinaus gewährleistet?Könnten bei Anfragewellen kurzfristig Mitarbeiter von anderen Aufgaben abgezogen werden?Gibt es einen Vorrat an Telefonnummern, Apparaten und Leitungskapazität für kurzfristige Hotline(s) bzw.Ersatz für Nummern, die durch externe Nutzung überlastet sind?Verfügen Sie und Ihre wichtigsten Ansprechpartner über Handys oder Festnetzapparate, deren Nummernden Journalisten nicht bekannt sind? Page 36 36D2: Organisatorischer, personeller und materieller Bedarf zumAufbau eines pandemiespezifischen Informationssystems fürdie Fachöffentlichkeit durch Einrichtungen des öffentlichenGesundheitsdienstes(Verfasser: RKI, Stand 11/2006)Organisatorischer Bedarf" Expertise für die o.g. Bereiche sicherstellen (Institute, Fachgesellschaften u.a.)" Erstellung entsprechender Verteiler" Prüfung der Verwendbarkeit bestehender zugangsbeschränkter Informationsnetzwerke" Bundesweite zentrale Fach-Hotline (beim Robert Koch-Institut)" Erreichbarkeit für Fach-Auskünfte sicherstellen." Die technische Anleitung für Konferenzschaltungen (Telefon & Video) sollte sichergestelltsein (regelmäßig)Personeller Bedarf" Geschultes Fachpersonal zur Besetzung der Fach-Hotline, regelmäßige (auch psycholo-gische) Schulungen sind notwendig" Internet-Betreuung über die üblichen Arbeitszeiten hinaus." Die Möglichkeit für Urlaubssperren und Überstundenanordnungen sollte geklärt sein." Sicherstellung der allgemeinen technischen Betreuung (PC, Telefon, Fax)Materieller Bedarf" Anrufbeantworter plus Ersatzgerät" Ersatzgeräte für Fax und Kopierer" Vorrat an Telefonnummern, Apparaten und Leitungskapazität für kurzfristige Fach-Auskünfte" Handys, ggf. Funk, bei Überlastung der extern bekannten Nummern, oder Vereinbarun-gen mit Kurierdiensten" Konferenzschaltungskapazität (Telefon & Video)" Kosten für Überstunden und externe Unterstützung etc.Literatur1. RKI-Homepage:Influenza, Pandemieplanung, Vogelgrippe ‰ für die Öffentlichkeitsarbeithttp://www.rki.de/cln_006/nn_879788/DE/Content/InfAZ/I/Influenza/IPV/FuerOeffentlichkeitsarbeit__Node.html__nnn=true2. WHO Handbook for Journalists: Influenza Pandemichttp://www.who.int/csr/don/Handbook_influenza_pandemic_dec05.pdf#search=%22who%20handbook%20for%20journalists%20pandemic%22 Page 37 37Mitglieder der beteiligten Unterarbeitsgruppen der Expertengruppe Influenzapan-demieplanung am RKI (alphabetisch; Stand 11/2006)UAG Antivirale Arzneimittel (Koordination: Frau Dr. Piechotowski)Herr Dr. Bendas, Vertreter der AATB (AG Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- undBetäubungsmittelwesen der AG der Obersten LandesgesundheitsbehördenHerr Prof. Dr. Berner, Deutsche Gesellschaft für pädiatrische InfektiologieHerr Prof. Berthold, Arzneimittelkommission der deutschen ÄrzteschaftFrau Dr. Eckert-Lill, Bundesvereinigung Deutscher ApothekerverbändeFrau Giraud, Pforzheim, Bundesverband Deutscher KrankenhausapothekerFrau Lehnert, Bundesinstitut für Arzneimittel und MedizinprodukteFrau Dr. Piechotowski, Regierungspräsidium Stuttgart, LandesgesundheitsamtFrau Dr. Reiter, RKIHerr Prof. Dr. Salzberger, Deutsche Gesellschaft für Innere MedizinHerr Dr. Schade, DaimlerChrysler AG, Verband Deutscher Betriebs- und WerksärzteHerr Dr. Stock, Bundesinstitut für Arzneimittel und MedizinprodukteUAG Strategien stationärer Krankenversorgung (Koordination: Prof. Dr. Ruf)Herr Dr. K.H. Koch, Behandlungszentrum Brandenburg-BeeskowHerr Prof. Dr. Mielke, RKIHerr Prof. Dr. Ruf, Klinikum St. Georg LeipzigUAG Medizinische Vorbereitung, Schutzmaßnahmen und Folgenabschätzung(Koordination: Dr. Fell)Frau Dr. Caroline Dreweck, Landeshauptstadt München, Referat GesundheitHerr Dr. Fell, Institut für Hygiene und Umwelt, HamburgFrau Dr. Flieger, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und KatastrophenhilfeHerr Dr. Koch, Kreisgesundheitsamt Südwestpfalz, PirmasensHerr Dr. Harald Michels, Kreisgesundheitsamt TrierHerr Dr. Rheinberger, Kassenärztlichen BundesvereinigungFrau Dr. Schoeller, BundesärztekammerHerr Dr. Schönauer, Landeshauptstadt Stuttgart, Projektleitung PandemieHerr Dr. Rheinberger, Kassenärztlichen BundesvereinigungFrau Dr. Wirtz, Hessisches SozialministeriumUAG Risikokommunikation (Koordination: Dr. Riedmann, IBBS)Herr Dr. Biederbick, RKI, IBBSHerr Dr. Bartels, RKI, IBBSHerr G. Dettweiler, RKI, PressestelleFrau U. Fuchs, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und KatastrophenhilfeFrau S. Glasmacher, RKI, PressestelleFrau C. Lübbert, Gesundheitamt KölnFrau Dr. Merkel, Bundeszentrale für gesundheitliche AufklärungHerr Dr. Riedmann, RKI; IBBS,Frau Dr. Reiter, RKIFrau Dr. Stöcker, Paul-Ehrlich-InstitutFrau Dr. Suckau, Senatsverw. für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz, BerlinHerr PD Dr. Wildner, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit